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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Besinnung kam. Schließlich war er hier nicht allein. Vor zwei Tagen hatte er mit Larkar am Feuer gesessen und darüber gesprochen, welche Route sie wählen sollten, um die Gegend zu erkunden, in der Dragosz zusammen mit seiner Horde Abtrünniger eine neue Heimat gefunden haben sollte. Larkar und er waren nicht nur gleich alt, sie waren auch unzertrennlich: Larkar, der Speerträger, und Lexz, der Bogenschütze. Wie oft sie sich schon gegenseitig das Leben gerettet hatten, hätte Lexz gar nicht mehr sagen können.
    Beim letzten Mal war es Larkar gewesen, der Lexz in einem Kampf gegen mehrere Männer beigesprungen war. Er hatte einen von ihnen mit seinem Speer aufgespießt und einem anderen den Ellbogen so heftig ins Gesicht gestoßen, dass er blutüberströmt zurückgetaumelt war. Lexz hatte aus den Augenwinkeln gesehen, wie ein dritter Mann mit gezogenem Schwert von hinten angegriffen hatte, und er hatte versucht, dazwischenzugehen: aber zu spät. Der Kerl hatte Larkar das Schwert in den Leib rammen wollen, und als dieser im allerletzten Augenblick noch zurücksprang, hatte jener wenigstens einen vernichtenden Streich gegen seine Beine geführt.
    Seitdem humpelte Larkar.
    Und das war auch der Grund, warum er jetzt nicht an seiner Seite war.
    »Verdammt!« Lexz fuhr herum und starrte so weit zurück, wie er es konnte – was nicht sehr weit war, denn die Bäume standen hier dicht und ihre Äste und Zweige bildeten ein natürliches Spalier, das er zwar mühelos hatte durchbrechen können, das ihm jetzt aber die freie Sicht nahm.
    Niemand war zu sehen, natürlich nicht. Der dicke Torgon war zwar wesentlich schneller, als seine Körperfülle vermuten ließ, und Sedak und Ekarna konnten es im Laufen auf freier Strecke durchaus mit ihm aufnehmen – aber schließlich bestimmte Larkar, der humpelnde Speerträger, das Tempo der Gruppe.
    »Larkar!«, rief Lexz so laut, dass es ihn beinahe selbst erschreckt hätte, »wo bist du?«
    Irgendwo raschelte es, als ein Tier davonstürmte, als habe es Angst, er könne es mit seiner Stimme erlegen. Und von den Zweigen einiger nahe stehender Bäume stob etwas auf, das fast wie eine Schar Fledermäuse aussah. Ärgerlich ballte Lexz die Faust. Vorzulaufen war schon ein Fehler gewesen, und quer durch den Wald den Namen seines Freundes zu rufen, als könne hier kein anderer unterwegs sein als sie selbst, das war ein zweiter und wahrscheinlich sogar noch größerer Fehler gewesen.
    Was, wenn Dragosz’ Leute gehört hatten, wie er einen der üblichen Raker-Namen in das Dickicht hineinbrüllte? Dann wussten sie nicht nur, dass hier jemand außer ihnen im Wald unterwegs war, sondern gleich auch noch, dass es Raker waren – und den Rest konnten sie sich dann denken. Großartig.
    Torgon, der von seinem Vater zu so etwas wie seinem Aufpasser bestimmt worden war, würde ihm die Ohren dafür langziehen. Und das zu Recht. Dragosz und seine Leute durften auf keinen Fall wissen, dass sie ihnen auf den Fersen waren. Lexz konnte sich lebhaft vorstellen, was geschehen würde, wenn sein Vater davon erfuhr.
    Aber vielleicht hatte ihn ja niemand gehört. Dann würde ihn Torgon nur für seinen unbeherrschten Waldlauf schelten. Und Lexz würde das einmal mehr über sich ergehen lassen und sich dabei zum wiederholten Mal fragen, wie es der Dicke trotz größter Hungersnot bis auf den heutigen Tag geschafft hatte, seine Leibesfülle fast auf dem alten Stand zu halten – und ob er nicht mit einer entsprechenden Anspielung von seinem Leichtsinn ablenken konnte.
    Lexz’ Wut war noch nicht ganz verraucht, das konnte sie auch gar nicht sein, dafür saß sie viel zu tief. Aber immerhin hatte er sich weit genug beruhigt, um seine Erregung wieder einigermaßen im Griff zu haben. Eigentlich hätte er den anderen entgegenlaufen müssen, aber das hätte bedeutet, Fehler zugeben zu müssen, die ja vielleicht doch vollkommen bedeutungslos waren. Und es war gegen seine Natur. Besser, er wartete hier ab, bis die anderen zu ihm aufgeschlossen hatten, und versuchte in der Zwischenzeit herauszubekommen, ob sie überhaupt noch in der richtigen Richtung unterwegs waren: Dann konnte er immerhin behaupten, er wäre vorausgelaufen, um den kürzesten Weg aus dem Urwald heraus zu finden.
    Er legte den Kopf in den Nacken und starrte nach oben. Ganz so, wie er erwartet hatte: Der Himmel war von hier aus kaum zu sehen, und damit auch nicht die Sonne, an deren Stand sie sich im freien Gelände zuverlässig hatten orientieren können.

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