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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hätte, dass irgendjemand während des Kampfes ernsthaft zu Schaden gekommen war.
    Er hätte aufgeregt sein und seine Besorgnis hätte mit jedem Schritt zunehmen müssen, den er nicht auf seine Gefährten traf. Aber das Gegenteil war der Fall. Es schien so, als hätte sein gestriger Zusammenbruch erst das Tor zu ihm selbst aufgestoßen. Und als wäre damit auch eine Ruhe in ihn eingekehrt, die er zuvor so noch nie gespürt hatte.
    »Dragosz«, murmelte er. Diesmal war kein Hass in seiner Stimme, nicht einmal Verachtung. Er sprach den Namen eher nachdenklich aus und verknüpfte mit ihm Erinnerungen, die lange – vielleicht allzu lange – in ihm verschüttet gewesen waren.
    Es hatte eine Zeit gegeben, da hatten sich Dragosz und er sehr nahe gestanden. Lexz tauchte unter den tief hängenden Zweigen einer Weide durch, und während er das tat, erinnerte er sich daran, wie er einst zusammen mit Dragosz unter den Zweigen einer anderen Weide gesessen hatte.
    »Die Himmelsscheibe«, hatte er Dragosz immer wieder gefragt. »Wie sieht sie aus?«
    Dragosz hatte erst geseufzt und ihm dann Dinge anvertraut, die er nach seinen eigenen Worten bislang niemand anderem erzählt hatte. Lexz hatte aber weder damals noch heute begriffen, ob Dragosz die Himmelsscheibe jemals selbst zu Gesicht bekommen hatte, oder ob er sie etwa nur aus den Erzählungen der geheimnisvollen Lea kannte.
    Während sich Lexz weiter am Bach entlang der Kampfspuren vorarbeitete, tauchte das Bild der Himmelsscheibe vor seinen Augen auf, so wie er sie sich immer vorgestellt hatte: eine große runde Scheibe aus Bronze, die den Himmel in all seiner unfassbaren Pracht darstellte. Und auf ihr waren die Sterne aufgetragen, funkelnd, aus wertvollem Gold gefertigt, und jeder für sich beeindruckend. Zusammen aber mit all den Kleinigkeiten, die jede Sternenposition ganz genau angaben, war die Scheibe ein Meisterwerk. Lexz sah sie so klar vor sich, dass er schon meinte, nur die Hand ausstrecken zu müssen, um die Finger über die kleinen Erhebungen des Goldbleches gleiten lassen zu können, die ein genialer Schmied auf der Scheibe angebracht hatte.
    »Die Himmelsscheibe ist einmalig«, hatte Dragosz gesagt. »Es gibt nichts Vergleichbares auf der Welt.«
    Lexz wusste das, und er wusste auch, dass die Himmelsscheibe alles andere als nur ein Schmuckstück war. Wer auch immer sie gefertigt haben mochte: Er hatte das größte Geheimnis der Raker in sie eingearbeitet.
    Das Geheimnis ihrer Herkunft.
    »Lea hat es mir erklärt«, hatte ihm Dragosz in der lauen Sommernacht unter einer alten Trauerweide anvertraut. »Die Himmelsscheibe gibt die Position an, von der unsere Stammväter einst aufgebrochen sind, um dem ewigen Schnee und Eis zu entkommen.«
    Lexz war damals noch nicht in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen worden. Aber das hieß nicht, dass er den Widerspruch in Dragosz’ Worten nicht sofort bemerkt hatte.
    »Wie soll das denn möglich sein?«, hatte er protestiert. »Diese Lea ist doch keine Rakerin. Wenn ein Schmied ihres Volkes die Himmelsscheibe gefertigt hat: Warum soll die Scheibe dann ausgerechnet zeigen, wo wir das Land unserer Urväter finden können? Warum zeigt es nicht den Standort der Heimat ihrer eigenen Ahnen an?«
    Dragosz hatte ihn ganz ernst angesehen und dann gesagt: »Was ich dir jetzt anvertraue, darfst du niemals jemandem weitererzählen, hörst du?«
    Er hatte genickt, und Dragosz hatte gesagt: »Die Stammväter von Leas Volk und dem unseren, es waren die gleichen.«
    Arri wusste nicht, wie lange sie im Staub gelegen hatte. Aber sehr lange konnte es nicht gewesen sein, denn die dunklen Schatten einer Ohnmacht hatten sie nur gestreift, und die Männer aus dem Haus waren noch nicht da.
    Mit einem wütenden Keuchen stand sie auf und angelte nach der Stange. Diese verfluchte Katze. Sie hatte alles erwartet, eine Gruppe von Männern, die auf sie zustürzten, um sie zu erschlagen, Bogenschützen, die sie mit einem Pfeilhagel eindeckten – aber eine kleine streunende Katze? Das war lächerlich.
    Hinter ihr drangen Geräusche aus dem Haus, wie von einem Kampf, und zwei, drei hämmernde Herzschläge lang war sie versucht, herumzufahren und wieder ins Haus zurückzukehren, um Larkar beizustehen. Doch dann siegte die Vernunft – oder besser gesagt: ihre Sorge um Kyrill, den sie unbedingt vor Taru in Sicherheit bringen musste. Dann warf sie einen Blick in die Richtung, aus der sie das Tal betreten hatte.
    »Nein«, stöhnte sie auf, als sie ausgerechnet

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