Die Historien von Jean-Marie Cabidoulin
Schnurenzug gleichsam belebt, die abscheulichsten Fratzen schneidet.
In der Nähe Victorias und auch weiter im Innern trägt die Insel prächtige Waldungen, die vor allem reich an Fichten und Cypressen sind. Der »Saint Enoch« konnte deshalb leicht mit dem nöthigen Holzvorrath versorgt werden, da das nur die Mühe des Fällens und des Transportes der Bäume kostete. Auch Wild gab es in großer Menge. Heurtaux gelang es, in Begleitung des Lieutenants Allotte, verschiedenes Damwild zu erlegen, das dem Koch für den Mittagstisch der Officiere und der Mannschaft sehr willkommen war. Daneben gab es in den Wäldern Wölfe, Füchse und die sehr scheuen und schwierig zu erlangenden Hermeline, denen wegen ihres werthvollen Felles gerade besonders eifrig nachgestellt wurde. Endlich hüpften Eichhörnchen mit stark buschigem Schweife in großer Zahl zwischen den Bäumen umher.
Sein längster Ausflug führte den Doctor Filhiol nach Nanaimo, wohin er sich zu Wasser auf einem kleinen Kutter begeben hatte, der eine regelmäßige Verbindung zwischen den beiden Städten unterhielt. Nanaimo war gegenwärtig freilich mehr ein Marktflecken, dessen Hafen vortreffliche Ankerplätze bot.
Sein Handel ist in ununterbrochener Zunahme begriffen. Die Ausfuhr besteht größtentheils in ausgezeichneter Steinkohle, die nach San Francisco, nach allen Häfen im Westen des Stillen Oceans, ja sogar nach China und den Sandwichinseln verfrachtet wird. Die Hudson Bai-Gesellschaft läßt die reichen Kohlenlager schon seit langer Zeit bearbeiten.
Gerade die Steinkohle – mehr als das Gold – bildet den großen, man könnte sagen unerschöpflichen Reichthum der Insel Vancouver. Ohne Zweifel sind auch weitere ergiebige Lagerstätten davon noch nicht entdeckt. Die von Nanaimo bieten der Ausbeutung keine Schwierigkeit und sichern dem Orte ein ferneres Gedeihen.
Die Gewinnung des Goldes in der Gegend des Caribu im britischen Columbien dagegen kommt recht theuer zu stehen, so daß man vielfach sagt, man müsse zwei Dollars aufwenden, um einen Dollar zu gewinnen.
Als der Doctor Filhiol von diesem Ausfluge zurückkam, war der Rumpf des »Saint Enoch« schon mit einem neuen Anstrich bis hinauf zur Deckleiste versehen, die sich als weißer Streifen von der Bordwand abhob. Auch an den Segeln und dem Takelwerk waren einige Ausbesserungen ausgeführt worden, ebenso wie an den Booten, die durch Schwanzschläge von Walfischen zum Theil arg zugerichtet gewesen waren.
Jetzt wurde das Schiff wieder aus dem Becken geschleppt und legte sich mitten im Hafen noch einmal vor Anker. Seine Abreise wurde auf den 19. Juli festgesetzt.
Zwei Tage vor diesem Termine lief noch ein amerikanisches Schiff in die Bai von Victoria ein und ging eine halbe Kabellänge vom »Saint Enoch« vor Anker.
Es war der »Iving«, der aus der Bai Marguerite zurückkehrte. Der Leser erinnert sich wohl der Beziehungen zwischen seinem Kapitän und dem Kapitän Bourcart, die eben so herzlich waren, wie die zwischen den beiderseitigen Officieren und Mannschaften.
Sobald der »Iving« vertäut war, ließ sich dessen Kapitän Forth nach dem »Saint Enoch« übersetzen, wo ihm, schon aus Erkenntlichkeit für seine guten, so vorzüglich bewährten Rathschläge, der beste Empfang zutheil wurde.
Bourcart, der immer gern höflich war, wollte ihn zum Mittagessen zurückbehalten. Die Essensstunde kam heran, und Forth nahm die Einladung mit der Absicht an, sie am nächsten Tage an Bord des »Iving« zu erwidern.
In der Officiersmesse, wo sich Bourcart, Heurtaux, die beiden Lieutenants, der Doctor Filhiol und der amerikanische Kapitän vereinigt hatten, entwickelte sich eine lebhafte Unterhaltung. Diese betraf zuerst die Vorfälle während der Fahrt der beiden Schiffe von der Bai Marguerite nach der Insel Vancouver. Nachdem Bourcart dann mitgetheilt hatte, wie vortheilhaft er seine Ladung veräußert hätte, fragte er den Kapitän des »Iving«, ob der Walfang nach der Abfahrt des »Saint Enoch« wol noch ergiebig gewesen sei.
»Nein, antwortete Forth, es war nur eine mittelmäßige Campagne, und ich für meinen Theil habe nur ein Viertel meiner Fässer füllen können. Die Wale sind dort kaum jemals so selten gewesen…
– Das erklärt sich, fiel Heurtaux ein, vielleicht daraus, daß die jungen Thiere zu dieser Jahreszeit ihrer Mütter nicht mehr bedurften und wie diese die Bai verlassen hatten, um das offene Meer aufzusuchen.
– Gewiß ist das ein, doch nur ein einzelner Grund, erwiderte Forth.
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