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Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers

Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers

Titel: Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zdral
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können und für die gegenseitige Unterstützung unter Verwandten und Freunden selbstverständlich ist.
    Nach dem Urlaub auf dem Lande holt Klara ihren Sohn in ihre neue Wohnung in Linz. Das Thema Schule ist erledigt. Ihr Liebling erhält für sich allein das Kabinett, einen kleinen abgetrennten Raum – Mutter, Tochter Paula und die Hanni-Tante teilen sich zum Schlafen das Wohnzimmer. Die zwei Frauen kümmern sich auch weiterhin um die täglichen Arbeiten wie Einkaufen, Putzen oder Kochen. Wie für alle Eltern steht nun die Frage an, was aus dem Sprössling werden soll. Alle Hoffnungen auf eine Beamtenlaufbahn sind geschwunden. Der Schulabbruch begrenzt die Möglichkeiten zur Berufswahl weiterhin. Der 16-jährige Bub ist in derselben Situation wie Tausende seiner Altersgenossen: Eine praktische Ausbildung oder Lehre wäre jetzt das Mittel der Wahl, um endlich auf eigenen Füßen zu stehen. Nicht so für Adolf. Er liegt seiner Mutter mit seinen Plänen für eine künstlerische Laufbahn in den Ohren. Am liebsten sieht sich der Jugendliche als Maler. Dem Wunsch folgen jedoch keine Taten. Weder probiert er einen Ausbildungsplatz zu bekommen, noch tritt er einer Malschule bei oder meldet sich – zu der Zeit – für die Aufnahmeprüfung einer Kunstakademie an.
    Obwohl Freunde und Schwiegersohn Leo Raubal sie bedrängen, ihren Adolf zum Start ins Berufsleben zu bewegen, zeigt sich Mutter Klara nachgiebig. Ihr Ältester darf seinen künstlerischen Neigungen frönen, ohne durch eigene Arbeit zum Unterhalt der Familie beitragen zu müssen. Im Gegenteil, Klara öffnet immer wieder ihre Geldbörse, um auch die extravagantesten Wünsche des Heranwachsenden zu erfüllen. Im Sommer 1906 zahlt Klara ihrem Sohn eine mehrwöchige Reise nach Wien, die er ausgiebig für Besuche von Oper und Museen nutzt, einen Ausbildungsplatz organisiert er nicht. Als der Junior plötzlich den Drang zum Musizieren in sich verspürt, kauft ihm die Mutter einen Flügel und finanziert Klavierunterricht bei einem ehemaligen Militärmusiker. Nach vier Monaten hat Adolf die Lust am Klavierspielen verloren und widmet sich stattdessen tagsüber wieder dem Zeichnen, vor allem entwirft er phantastische Baupläne für die Stadt Linz. Er geht spät ins Bett und schläft sich lang aus – das »Muttersöhnchen«, wie Adolf Hitler sich selbst später beschreibt, genießt »die Hohlheit des gemächlichen Lebens« und »die glücklichsten Tage, die mir nahezu als ein schöner Traum erschienen«. 27 An eine feste Arbeit zu denken, liegt ihm hingegen fern.

    Das Hochzeitsfoto von Angela und Leo Raubal
    Da er seine musischen Kenntnisse steigern will, erlaubt Klara ihrem Adolf, Mitglied der Bücherei des Volksbildungsvereins und des Musealvereins zu werden und steckt ihm regelmäßig Geld zu für Theaterkarten in Linz. Auch die Hanni-Tante bessert regelmäßig das Taschengeld des Jünglings mit Beträgen zwischen 20 Hellern und mehreren Kronen auf, wie es penibel das Hitlersche Haushaltsbuch auflistet. Für 50 Heller kann sich Adolf ein Billet für ein Militärkonzert oder für einen Stehplatz im Landestheater in der dritten Galerie, der billigsten Kategorie, kaufen. Eintritt in Varieté-Vorstellungen oder Liederabende in Gasthäusern ist bereits für zehn Heller zu haben. Mit Vorliebe besucht der Sohn Wagner-Aufführungen. Dort trifft er auch seinen einzigen Freund dieser Zeit, August »Gustl« Kubizek, den Sohn eines Linzer Polsterers, der selbst nicht die Werkstatt seines Vaters übernehmen will, sondern auf eine Karriere als Musiker hofft. Die beiden sind vom Winter 1905/06 bis Sommer 1908 zusammen. Oft besucht Gustl die Hitlers in ihrer Wohnung in der Humboldtstraße. Er skizziert die Unterkunft: »Die kleine Küche mit den grüngestrichenen Möbeln besaß nur ein Fenster, das auf die Hofseite ging. Das Wohnzimmer … wies zur Straßenseite. An der seitlichen Wand hing das Bild des Vaters, ein eindrucksvolles, seiner Würde bewusstes Beamtengesicht, dessen etwas grimmiger Ausdruck durch den sorgsam gepflegten Kaiserbart gemildert war.« 28
    Klara ist froh, dass ihr eigenbrötlerischer Sohn einen Freund und Gesprächspartner gefunden hat, mit dem er gemeinsame Interessen teilt. »Wie oft hat sie sich vor mir die Sorgen, die ihr Adolf bereitete, von Herzen geredet! Wie hoffte sie, an mir einen Helfer gefunden zu haben, um ihren Sohn auf die vom Vater gewünschte Bahn zu bringen«, erinnert sich Kubizek. »Ich musste sie enttäuschen. Doch sie nahm es mir nicht

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