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Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers

Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers

Titel: Die Hitlers: Die unbekannte Familie des Führers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zdral
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wenig mit ihm und ich fragte ihn auch, ob er mit seinem Onkel Kontakt pflege.« 174
    Die Begeisterung für Musik ist nicht die einzige Leidenschaft von William Patrick. Zusammen mit dem Jurastudenten Otto Schlepper tingelt er durch das Nachtleben Berlins. Schlepper arbeitet halbtags beim Deutschen Familienkaufhaus, abgekürzt Defaka. Ein Angestellter des Kaufhauses hatte zuvor auf einer Einkaufstour in England William Patrick in London kennen gelernt und versucht, ihn für die Arbeit in der Defaka zu gewinnen. Denn das Unternehmen, das dem jüdischen Kaufmann Michael Jakob gehörte, sollte arisiert werden, und von einem Ausländer versprachen sich die Geschäftsführer wertvolle Kontakte bei der Abwicklung. Als der Brite nun tatsächlich in Berlin ist, beauftragt der Kaufhausvorstand Schlepper, den Gast zu begleiten und zu versuchen, ihn anzuwerben. »Ich sollte ihn ins deutsche Geistesleben einführen«, erzählt Schlepper. Er bietet Willie an, ihn in Theater auszuführen und die Museen der Hauptstadt zu zeigen. »William Patrick Hitler war überhaupt nicht interessiert an deutscher Kultur«, berichtet Schlepper, »er war dagegen sehr interessiert an Mädchen, Alkohol und Geld.« 175
    Für Vergnügungssüchtige bietet die Millionenstadt genug Auswahl: Unter der Brücke des Bahnhofs Friedrichstraße lockt das »Varieté Wintergarten« mit ständig wechselnden Programmen, etwa mit »Fassspringern«, Jongleurwundern und Artisten; dazu werden »beste Schoppenweine« und ein »großes kaltes Bufett« angeboten, und zwar zu »billigen Preisen«. Ein paar Gehminuten weiter das »Atlantis« in der Behrenstraße, mit vier Kapellen und der »Nacht der schönen Frauen – Eintritt frei«. Um die Ecke die »Tanzbar Rokoko« und weiter entlang der Friedrichstraße das »Café Imperator« und das Tanz-Kabarett »Faun«, das »künstlerische Darbietungen in modernem Rahmen« bietet, zwischen denen getanzt werden kann – zu hören und sehen sind etwa Gesangseinlagen und leicht bekleidete Balletteusen.
    William und Schlepper gehen in das Lokal »Mokka Efti« an der Friedrichstraße, Ecke Leipziger Straße, wo im ersten Stock die Kapelle James Kok zum Nachmittagstanztee aufspielt, der »zum Treffpunkt der Hausfrauen Berlins« geworden ist, wie die Reklame des »größten Kaffeehauses Deutschlands« verspricht. Zu sehen gibt es genug: Zwei Tanzflächen, einen türkischen Musiksalon, Plüschsessel und als Attraktion Tischtelefone, mit denen man die Auserwählte am anderen Ende des Saals diskret anrufen kann. Dort haben die beiden jungen Männer eines Abends verschiedene Tanzpartnerinnen, doch ein Versuch Willies anzubandeln misslingt – Schlepper zerrt ihn nach draußen, als sich herausstellt, dass das Mädchen Jüdin ist. Als William auf Schleppers Einladung zu einer Defaka-Betriebsfeier im Landwehrkasino am Bahnhof Zoo kommt und der Engländer schon ein wenig angetrunken ist, fordert er eine Verkäuferin zum Tanz auf und versucht eine Anmache in gebrochenem Deutsch: »Darf ich Sie vögeln?« 176 Unter die entrüsteten Blicke mischt sich Gekicher.
    Geselligkeiten wie diese nutzt William Patrick, um den berühmten Familiennamen bewusst einzusetzen – gerade, wenn er neue Menschen kennen lernt. Damit verschafft er sich regelmäßige Einladungen zu Abendgesellschaften, etwa in russischen Emigrantenkreisen und bei Bekannten des Schnapshändlers, außenpolitischen Beraters und späteren Außenministers Joachim von Ribbentrop. Das bedeutet vergnügliche Stunden mit kostenlosem Essen und Trinken und gibt ihm das Gefühl eigener Größe und Bedeutung. Äußerlich imitiert Willie seinen Onkel, nicht nur mit demselben kurz geschorenen Schnurrbart und Seitenscheitel, sondern auch in Auftreten und Habitus.

Leben als Halbprominenter
    Als er im November 1937 seine Mutter Bridget in London besucht, kann er es sich trotz Hitlers Verbot nicht verkneifen, der Zeitung Daily Express ein Interview zu geben. »Ich bin der einzige legale Nachkomme der Familie Hitler«, verkündet er der Reporterin. Der 26-Jährige kreuzt seine Arme im Stil des Nazi-Führers und sagt: »Diese Geste liegt mir im Blut. Ich merke, wie ich sie immer öfter benutze.« Die Journalistin notiert: »William Hitler sieht seinem Onkel sehr ähnlich, der sein Idol ist. Sein Schnurrbart gleicht dem seinen aufs Haar.« 177
    Die Mutter lebt weiter in bescheidenen Verhältnissen und bewohnt ein Haus in Priory Gardens 27 in Highgate, Nordlondon. Sie bessert ihren Unterhalt durch das

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