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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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bring mir das.«
    Pankraz eilte davon, und während er sich anschickte, Lapidius’ Wünschen nachzukommen, musterte dieser den Büttel mit strengem Blick. Krabiehl wurde zusehends unsicherer. Schließlich sagte er: »Äh … ein schöner Tag heut.«
    »Zweifellos.« Lapidius rückte den Eierkorb mit dem Alambic zur Wand, weil der Wirt fast dagegen gelaufen wäre. »Auch der Freitag letzter Woche war schön, wenn man davon absieht, dass an diesem Tag eine Frauenleiche auf dem Marktplatz lag. Die Frau wurde ermordet, wie Ihr wisst. Bürgermeister Stalmann teilte mir mit, Ihr wäret der Auffassung, für die Tat käme Freyja Säckler in Frage, wegen der Buchstaben F und S auf der Stirn. Woher wollt Ihr eigentlich wissen, dass die Säckler schreiben kann?«
    »Äh …«
    Pankraz erschien und brachte das Bestellte. Lapidius nahm einen tüchtigen Schluck Bier, wobei er Krabiehl weiter scharf beobachtete. Dann kostete er die Suppe. Sie war wie erhofft mit großen Fleischbrocken durchsetzt und von kräftiger Würze. »Ich stelle fest, Ihr wisst nicht, ob Freyja Säckler des Schreibens kundig ist. Dennoch habt Ihr sie vor dem Rat der Stadt des Mordes beschuldigt.«
    »Ja, aber …«
    »Habt Ihr inzwischen den Namen der Ermordeten ermittelt?« »Nein, ich …«
    »Ich stelle weiterhin fest, dass Ihr den Namen nicht kennt. Die Tote heißt Gunda Löbesam. Sagt Euch der Name etwas?«
    »Äh … nein.«
    »Die Tote wurde auf einem Karren zum Markt gefahren. Wisst Ihr, wem er gehörte?«
    »Ja.« Krabiehl schien froh zu sein, endlich eine Antwort geben zu können. »Es war der Wagen der Säckler.«
    Lapidius nahm zwei weitere Löffel Suppe und spülte sie mit Bier hinunter. »Soso. Warum habt Ihr mir das nicht gesagt, als ich am Sonnabend in Eure Dienststube kam und Eure traute Zweisamkeit mit der Koechlin unterbrach? Ich fragte Euch klar und deutlich, ob es im Mordfall etwas Neues gäbe.«
    »Ich … ich hatte es vergessen.«
    »Aha, vergessen. Eine andere Frage: Der Totengräber Krott hat die Ermordete auf seinem Karren zum Gottesacker gebracht. Das heißt, Freyja Säcklers Wagen blieb auf dem Marktplatz. Wo ist er j etzt?«
    »Nun … äh, ich weiß es nicht. Irgendj emand muss ihn fortgeschafft haben.«
    »In der Tat, diese Vermutung liegt nahe. Ich will Euch mal etwas sagen, Krabiehl: Dafür, dass Ihr nichts, aber auch gar nichts wisst, sitzt Ihr hier verdammt ruhig über Eurer Suppe. Ihr wisst so auffällig wenig, dass Ihr Euch schon verdächtig macht. Wieso habt Ihr so großes Interesse daran, der Säckler den Mord in die Schuhe zu schieben?«
    Im selben Augenblick, da er die letzten Sätze ausgesprochen hatte, taten sie Lapidius schon Leid. Wenn der Büttel wirklich – und ausgeschlossen war das nicht – mit dem Mord etwas zu tun hatte, war er spätestens jetzt gewarnt.
    Krabiehl war blass geworden. Mehrmals setzte er zum Sprechen an, bis er endlich einen Ton hervorbrachte. »Das … das ist unerhört!«, stammelte er. »Ich bin ein Vertreter der Stadt, so könnt Ihr nicht mit mir reden.«
    »Ich habe lediglich Fragen gestellt, die Ihr mir nicht beantworten konntet. Und ich habe mir die Freiheit genommen, ein Fazit daraus zu ziehen.« Lapidius nahm die letzten Löffel Suppe. Das Gespräch hatte ihn nicht weitergebracht. Aber es hatte gut getan, die Dinge beim Namen zu nennen. Wie so viele Männer in öffentlichen Ämtern gehörte auch der Büttel zu den Wichtigtuern, die dem lieben Gott die Zeit stahlen, statt ihrer Arbeit nachzugehen.
    Lapidius hatte nicht ernsthaft damit gerechnet, auf seine Fragen eine Antwort zu bekommen, nur der Verbleib von Freyjas Wagen hatte ihn wirklich interessiert. Es hätte von Wert sein können, das Gefährt auf Spuren zu untersuchen. Die Möglichkeit, es zu finden, schätzte er als gering ein. Kirchrode war eine große Stadt, mit vielen Höfen, Unterständen und Scheunen. Freyjas Wagen konnte überall stehen – vorausgesetzt, er befand sich überhaupt noch innerhalb der Stadtmauern. »Ich wäre Euch verbunden, Krabiehl, wenn Ihr in Zukunft die Augen offen hieltet, nur für den Fall, dass der Säcklerwagen irgendwo auftaucht.«
    »Selbstverständlich. Ich kenne meine Aufgaben.«
    Lapidius ersparte sich eine Entgegnung. Er warf zwei Münzen auf den Tisch, nahm seinen Eierkorb und verließ wortlos den Schankraum.
    Der Büttel starrte ihm wütend nach.
    Je näher Lapidius seinem Haus kam, desto mehr freute er sich auf einen Nachmittag geruhsamen Experimentierens. Doch kaum war er über die

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