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Die Hitzkammer

Die Hitzkammer

Titel: Die Hitzkammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Gewittern hatte, sank auf die Knie und hielt sich die Ohren zu. »Ogottogott, Herr, dassis das Ende! Ogottogott, das Ende, das Ende!«
    Die Augen, zu denen die Hände und die Stimme gehörten, blickten mit ruhiger Kraft auf die Frau am Boden. »Das Gewitter macht dir keine Angst, nein, gewiss nicht. Es macht dir keine Angst. Heute nicht und morgen nicht und niemals wieder. Das Gewitter macht dir keine Angst.«
    Das Gesicht der schönen, jungen Frau entspannte sich.
    »So ist es gut. Gut, gut … das Gewitter macht dir keine
    Angst. Im Gegenteil, du freust dich darüber. Das Gewitter
    ist gut, gut, gut …«
    Die Frau war j etzt ganz ruhig.
    »So ist es gut. Von nun an wirst du bei jedem Blitz rufen: ›Ich freue mich auf den Donner! … Ich freue mich auf den Donner! ‹ Genau das wirst du rufen: ›Ich freue mich auf den Donner! ‹«
    Die Augen musterten die Frau, in deren Gesicht ein erwartungsvoller Ausdruck trat. Als der nächste Blitz den geheimen Ort schwach erhellte, rief sie, ohne zu zögern: »Ich freue mich auf den Donner!«
    Während des folgenden gewaltigen Himmelsschlags lächelte sie, als läge sie auf einer sonnigen Wiese – und nicht auf hartem Gestein.
    »So ist es gut«, lobten die Augen.
    Der Erste Sohn des Teufels war sehr zufrieden mit sich. Die Frau zu seinen Füßen war Wachs in seinen Händen, so wie er es liebte. Und wie er es schon oftmals herbeigeführt hatte. Bei anderen Frauen. Sie alle hatte er beherrscht und sich gefügig gemacht, damit er sie nehmen konnte. Geholfen hatten ihm dabei der Zweite und der Dritte Sohn des Teufels: jeder für sich ein Jämmerling, aber jeder auf seine Art von Nutzen. Man musste beide nur bei der Stange halten, damit sie spurten, und das tat er. Mit dem Ritual – und mit der Belohnung am Ende.
    Der Erste Sohn des Teufels kicherte in sich hinein und begann einen Singsang aus dramatisch klingenden Beschwörungen. Der eiserne Topf auf dem Feuer dampfte. Die darin befindliche gründunkle Flüssigkeit war bereit. Er würde der Frau eine gehörige Portion davon geben, damit die Wirkung seiner Augenkraft sich nochmals vertiefte. Das war wichtig, damit nicht passierte, was mit Freyja Säckler geschehen war. Bei ihr hatte er geglaubt, seine Beeinflussung sei ausreichend, um die berauschende Menge klein halten zu können, doch hatte sich das als Fehler erwiesen. Freyja Säckler hatte sich seiner Kraft entzogen und war geflohen. Aber sie würde ihm nicht entkommen. Das Netz, sie zu fangen, war nahezu gesponnen. Und die letzte, tödliche Masche sollte noch in dieser Nacht geflochten werden.
    Die Frau vor ihm trank gehorsam und erwartete geradezu freudig seine Befehle. Er gab sie ihr. Auf die Weise, die er im Laufe langer Jahre immer mehr verfeinert hatte: ruhig, freundlich, sich häufig wiederholend. Unterstrichen von den Bewegungen seiner Hände.
    Nun lag sie vor ihm, nackt, die Beine weit gespreizt. Im Schein des Feuers lockte die Schwärze ihres Schoßes. Erregung packte ihn. Diese Frau wollte ihm gehören, j etzt, sofort. Das wusste er. Doch er ließ sich Zeit. Umso großartiger würde nachher das Gefühl sein, wenn er sie besaß. Wie bei j ener Frau, die vor Jahren gej ammert hatte, sie könne keine Nacht mehr schlafen, weil der Zikadenlärm vor ihrem Fenster so ohrenbetäubend laut sei. Er hatte ihr gesagt, dass sie davon gewiss nichts hören würde, gewiss nicht, gewiss nicht, denn es gäbe fortan keinen Lärm mehr. Und die Frau hatte wieder ruhig schlafen können. Kein Laut, so versicherte sie am anderen Morgen, sei an ihr Ohr gedrungen. Dabei hatten die Zikaden wie immer gezirpt; jeder in der Nachbarschaft hätte es bestätigen können.
    Nicht alle Frauen gehorchten der Kraft seiner Augen. Und von denen, die es taten, war nicht j ede von der Art, die häufig und gern mit Männern schlief. Dann war er machtlos. Ganz anders hier …
    Er würde die Frau nehmen, und der Zweite und der Dritte Sohn des Teufels würden es ihm anschließend gleichtun. Sie würden Luzifers Opfer umtanzen, und er würde, weil es sein Privileg war, die Maske abnehmen und seine Nase in die Achselhöhlen und die anderen herrlichen Körperöffnungen der Frau stecken. Er allein würde sich am Duft ihrer Jugend berauschen – bis er sie töten ließ. Und gemeinsam würden sie ihr Blut trinken, direkt aus der Kehle.
    Doch zuvor würde sie ihm zu Willen sein, ihm und seiner Lust. Er bestieg die Frau. Schauer der Vorfreude rieselten durch seine Lenden. In dem Augenblick, als er in sie eindrang,

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