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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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    »Ich würde mich bemühen, selbst einer fetten Pariserin oder
einer jungen Türkin ein guter Ehemann zu sein«, sagte er mit fester
Stimme. »Und es ist wichtiger, die von Gott bestimmte Frau zu lieben
und zu ehren, als einer törichten Maid nachzulaufen, die nicht einmal
weiß, was sie will.«
    »Und das soll ich sein?«, fragte ich in scharfem Ton.
    Ich erwartete schon, aufs Neue die Röte in seinen Wangen
aufsteigen zu sehen, doch dieses Mal geschah es nicht. Freimütig
begegnete er meinem Blick, und nun war ich es, die ihre Augen
niederschlug. »Ich glaube, du bist eine törichte Maid, weil du Liebe
und Schutz eines Mannes ausschlagen und stattdessen ein Leben der
Falschheit bei Hofe wählen würdest.«
    Bevor ich darauf antworten konnte, trat mein Vater aus der
Dunkelheit und legte Daniel seine Hand auf die Schulter.
    »Lernt ihr euch kennen?«, fragte er hoffnungsvoll. »Was hältst
du von deiner zukünftigen Frau, Daniel?«
    Ich hätte erwartet, Daniel würde sich bei meinem Vater
beschweren. Die meisten jungen Männer hätten aus verletztem Stolz
heraus vor Wut geschnaubt, er aber schenkte mir nur ein leises
wehmütiges Lächeln. »Wir haben das Stadium der Höflichkeiten
übersprungen und sind sehr schnell zu den Auseinandersetzungen
vorgestoßen, nicht wahr, Hannah?«
    »Lobenswert schnell«, stimmte ich zu und erntete erneut sein
warmes Lächeln.
    Lady Maria traf wie angekündigt zur
Lichtmessfeier in London ein, ohne offenbar davon unterrichtet zu sein,
dass ihr Bruder zu krank war, um das Bett zu verlassen. Mit großem
Gefolge ritt sie durch das Palasttor von Whitehall ein und wurde schon
auf der Schwelle vom Herzog begrüßt, der sie dort, umgeben von seinen
Söhnen, erwartet hatte. Auch Lord Robert war dabei. Tief verneigte sich
der Kronrat von England vor der edlen Dame mit dem kleinen
entschlossenen Gesicht, und ich vermeinte, ein belustigtes Lächeln um
ihre Lippen spielen zu sehen, bevor sie sich vom Pferd beugte und die
Hand zum Kuss herabreichte.
    Vieles hatte ich über die geliebte Tochter des Königs gehört,
die auf Geheiß der Hure Anna Boleyn abgeschoben worden war. Die
Prinzessin, die zu einem illegitimen Kind erniedrigt worden war, das
trauernde Mädchen, dem es verwehrt wurde, die sterbende Mutter ein
letztes Mal zu sehen. Ich hatte eine tragische Gestalt erwartet: Lady
Maria hatte ein Schicksal erlitten, das die meisten Frauen zerbrochen
hätte. Stattdessen erblickte ich eine stämmige, kleine Kämpferin,
welche die Ironie der Situation zu würdigen wusste. Der Hofstaat
verneigte sich so tief, dass Nasen an Knie stießen, denn Maria war
unversehens zur Thronerbin mit einer glänzenden Zukunft aufgestiegen.
    Der Herzog behandelte sie, als wäre sie bereits Königin. Sie
wurde vom Pferd gehoben und zum Festbankett geleitet. Der König weilte
in seiner Kammer und hustete und würgte auf seiner kleinen Bettstatt,
doch das Bankett wurde nichtsdestotrotz abgehalten. Ich bemerkte, wie
Lady Maria in die strahlenden Gesichter der Runde sah, als wollte sie
feststellen, wie es möglich war, dass der amtierende König krank und
einsam in seinem Bette liegen konnte, ohne dass es eine Menschenseele
kümmerte.
    Nach dem Mahl gab es Tanz. Lady Maria erhob sich nicht von
ihrem Stuhl, klopfte jedoch mit dem Fuß den Takt mit und schien sich an
der Musik zu erfreuen. Will brachte sie einige Male zum Lachen, und sie
dankte es ihm mit freundlichem Lächeln, als wäre er das einzige
vertraute Gesicht in einer gefährlichen Welt. Sie hatte ihn bereits als
Hofnarren ihres Vaters gekannt, als er den kleinen Bruder auf den
Schultern getragen und ihr selbst unsinnige Lieder vorgesungen
hatte – spanische Lieder, wie er steif und fest behauptete.
Wenn Lady Maria nun die grausamen Männer wiedersah, die Zeugen ihrer
Demütigung durch den jüngeren Bruder gewesen waren, musste sie doch mit
Genugtuung feststellen, dass zumindest Will Somers mit seiner
unerschütterlich guten Laune der Gleiche geblieben war.
    Sie aß und trank kaum etwas, war wohl kaum so ein Schlemmer
wie ihr Vater. Ich beobachtete sie ebenso scharf wie die übrigen
Höflinge es taten: Es war gut möglich, dass diese Frau meine nächste
Herrin wurde. Sie zählte siebenunddreißig Jahre und hatte dennoch etwas
Mädchenhaftes an sich. Beim geringsten Anlass erblühte auf ihren
bleichen Wangen ein rosiger Schimmer. Über dem leicht eckigen,
vertrauenswürdigen Gesicht war die Haube ein wenig zurückgeschoben und
enthüllte ihren

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