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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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nicht
vorstellen, dass irgendeine Frau diese Demütigung ertragen würde, und
am wenigsten die Königin Englands, auf der die Blicke ganz Europas
ruhten.
    Der Klatsch über Königin Maria trieb immer boshaftere Blüten.
Es hieß, sie habe die Schwangerschaft vorgetäuscht, um ihren Ehemann
zurückzugewinnen, es hieß, sie trage sich mit Plänen, ein Baby in den
Palast einzuschmuggeln und es als den katholischen Prinzen von England
auszugeben. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich sie kein
einziges Mal gegen das boshafte Getuschel verteidigte, das ich jeden
Tag mit anhören musste. Ich kannte sie besser als die Menschen meiner
Umgebung, ich wusste, dass sie absolut unfähig war, ihren Mann oder ihr
Volk anzulügen. Sie war eisern auf ihre Pflichterfüllung vor Gott
bedacht, die bei ihr stets an erster Stelle stand. Die Königin betete
Philipp an und hätte fast alles getan, um ihn an ihrer Seite zu haben.
Doch sie hätte niemals um seinetwillen gesündigt. Ihren Glauben würde
sie niemals verraten.
    Als jedoch der Frühling ins Land zog, und immer noch nichts
von einer Geburt zu hören war, dachte ich, dass ihr Gott überaus
hartherzig sein müsse, wenn er ungerührt ihre Gebete hinnehmen und ihre
Leiden betrachten konnte, ohne ihr ein Kind zu schenken, das sie lieben
konnte.
    Holder Knabe,
    die Königin wird bald die
Wochenbettkammer verlassen, und ich brauche Dich hier bei Hofe als
Ratgeberin. Bringe mein in blauen Samt eingeschlagenes Messbuch mit,
das ich an meinem Platz in der Kapelle vergessen habe, und beeile Dich. Robt .
    Gehorsam machte ich mich auf den Weg zur
Kapelle, und Danny wackelte vor mir her. Gebückt musste ich hinter ihm
gehen, damit er meine Finger mit seinen Händchen umklammern konnte. Als
wir die Kapelle betraten, schmerzte mein Rücken von der Anstrengung.
Ich setzte mich auf Lord Roberts Platz und ließ es zu, dass Danny die
Sitzreihe entlangwackelte, indem er sich an der Kirchenbank festhielt.
Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass ich für das Vergnügen
eines kleinen Knaben so lange gebeugt gegangen wäre, doch nachdem ich
Lord Roberts Messbuch gefunden hatte und wir uns auf den Rückweg zum
Haus machten, bückte ich mich wieder, damit Danny meine Finger als Halt
benutzen konnte. Ich betete für das Glück der Königin, ich wünschte ihr
einen Sohn, damit sie endlich auch diese Freuden kennenlernen
sollte – dieses Glück, für ein Kind zu sorgen, ganz allein für
sein Leben und Wohlergehen verantwortlich zu sein.
    Danny war ein außergewöhnliches Kind, was selbst ich, die ich
keine Erfahrung mit Kindern hatte, beurteilen konnte. Wie ein Haus mit
geschlossenen Läden hatte dieses Kind sich von der Welt abgeschottet.
Ich fühlte, dass ich draußen vor der Tür stand und um eine Antwort bat,
die vielleicht niemals kommen würde. Doch ich würde es immer wieder
versuchen.
    Der Hof weilte in Richmond. Als ich im
Schloss eintraf, spürte ich sofort, dass etwas geschehen war. In den
Ställen herrschte eine Atmosphäre unterschwelliger Aufregung, alles
drückte sich in den Ecken herum und tuschelte, und nicht einmal die
Reitknechte der Dudleys standen bereit, um unsere Pferde
entgegenzunehmen.
    Ich warf die Zügel dem nächsten jungen Mann zu und eilte mit
Danny auf der Hüfte über den beflaggten Weg zum Gartentor des Palastes.
Dort standen weitere Menschengruppen und tuschelten, und mein Herz
wurde plötzlich von Furcht ergriffen. Wenn nun eine von Elisabeths
vielen Intrigen einen Aufstand hier im königlichen Schloss ausgelöst
hatte und sie die Königin gefangen gesetzt hatten? Oder hatte die
Königin nun doch dem Thronfolger das Leben geschenkt, war aber unter
der Geburt gestorben, wie so viele befürchtet hatten?
    Ich wagte es nicht, einen Unbekannten zu fragen, aus Angst vor
der möglichen Antwort, sondern eilte stattdessen schneller voran, lief
durch die Pforte in die innere Halle und suchte nach einem vertrauen
Gesicht, jemand, den ich fragen konnte, dem ich vertraute. Am anderen
Ende der Halle saß Will Somers, ganz allein, abseits von den
tuschelnden Höflingen. Ich ging auf ihn zu und berührte ihn leicht an
der Schulter.
    Sein trüber Blick fiel zuerst auf Danny, dann auf mich. Er
erkannte mich nicht. »Frau, ich kann nichts für Euch tun«, sagte er
knapp und wandte den Kopf ab. »Ich bin heute nicht in der Stimmung für
Späße, ich würde ein trauriges Bild eines Spaßmachers abgeben, denn
mein Herz ist voller Traurigkeit.«
    »Will, ich bin's.«
    Beim Klang

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