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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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um Euch zu
verhaften und in den Tower zu bringen.«
    »Lord Robert kommt hierher?«, fragte ich.
    »Er wird zuerst nach Hunsdon reiten«, beruhigte mich Lady
Maria. »Ich habe seinem Vater geschrieben, dass ich mich dort
aufhielte. Er wird nicht in Erfahrung bringen können, wo wir sind.«
    Ich widersprach nicht, aber ich wusste, dass John Dee Lord
Robert heute meinen Brief schicken würde, und dass er dank mir nun
genau über unseren Aufenthaltsort Bescheid wusste.
    Lady Maria machte sich einzig Sorgen um ihre Schwester. »Und
Lady Elisabeth?«
    Wieder zuckte Raynes die Achseln. »Ich weiß es nicht.
Vielleicht ist sie schon verhaftet. Die Häscher wurden auch zu ihrem
Haus geschickt.«
    »Wo hält sich Robert Dudley derzeit auf?«
    »Auch das vermag ich nicht zu sagen. Ich habe den ganzen Tag
gebraucht, um Euch zu finden. Ich habe Eure Spur von Sawston Hall aus
verfolgt, weil ich von dem Brand gehört hatte und erriet, dass Ihr dort
gewesen wart. Es tut mir unendlich leid, Myl… Euer Gnaden.«
    »Und wann wurde des Königs Tod verkündet? Wann erfolgte die
unrechtmäßige Ernennung Lady Janes?«
    »Bis zu meiner Abreise noch nicht.«
    Es dauerte einen Moment, bis Lady Maria begriff, dann wallte
Zorn in ihr auf. »Er ist tot, und es ist nicht verkündet worden? Mein
Bruder liegt auf seinem Totenbett, und niemand hält Totenwache? Er ist
gestorben, ohne die Segnungen der Kirche zu erhalten? Ohne dass ihm
irgendeine Ehre erwiesen wird?«
    »Sein Tod war zum Zeitpunkt meiner Abreise noch ein Geheimnis.«
    Lady Maria nickte und verkniff sich jeglichen weiteren
Kommentar. Nun war ihr Blick vorsichtig geworden. »Ich danke dir, dass
du zu mir gekommen bist«, sagte sie schließlich. »Danke auch Sir
Nicholas für seine Gefälligkeit, auf die zu zählen ich keinerlei Anlass
hatte.«
    Der Sarkasmus in ihren Worten war nicht zu überhören, auch
nicht für den Mann, der vor ihr kniete. »Er hat mir gesagt, Ihr wäret
jetzt die rechtmäßige Königin«, rückte er heraus. »Und dass er Euch mit
all seinen Untergebenen dienen wolle.«
    »Ich bin die rechtmäßige Königin«, bekräftigte Lady Maria.
»Ich war stets die legitime Prinzessin, und ich werde mein Königreich
bekommen. Du kannst heute Nacht hier schlafen. Der Pförtner soll dir
ein Bett zurechtmachen. Reite am Morgen nach London zurück und richte
Sir Nicholas meinen Dank aus. Er hat recht daran getan, mir Bescheid zu
geben. Ich bin die Königin, und ich werde meinen Thron bekommen.«
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und rauschte die Treppe
hinauf. Ich zögerte noch einen Moment.
    »Habt ihr gesagt, der Sechste?«, fragte ich den Mann aus
London. »Der sechste Juli war der Tag, an dem der König gestorben ist?«
    »Ja.«
    Ich machte einen Knicks und folgte Lady Maria nach oben.
Sobald wir in ihrem Zimmer waren, schloss sie die Tür und warf ihre
königliche Würde ab. »Bring mir die Kleider des Dienstmädchens und
wecke John Huddiestones Reitknecht«, drängte sie. »Dann gehe zum Stall
und lass zwei Pferde satteln, eines mit einem Sattelkissen für mich und
den Knecht, das andere für dich.«
    »Mylady?«
    »Nenn mich fortan Euer Gnaden«, gab sie mir grimmig zu
verstehen. »Ich bin die Königin von England. Nun eil dich!«
    »Was soll ich denn dem Reitknecht sagen?«
    »Sag ihm, wir müssen heute noch nach Kenninghall. Ich werde
hinter ihm sitzen, die anderen lassen wir hier. Du kommst mit.«
    Ich nickte und eilte aus dem Zimmer. Die Magd, die uns am
Vorabend bedient hatte, schlief mit einem halben Dutzend anderer
Mädchen in den Speicherkammern. Ich stieg die Treppe hinauf und spähte
durch den Türspalt, bis ich sie im Dämmerlicht gefunden hatte, dann
rüttelte ich sie, bis sie aufwachte. Ich legte ihr meine Hand auf den
Mund und zischte ihr ins Ohr: »Ich habe genug von alldem, ich laufe
weg. Ich geb dir einen Silberschilling für deine Kleider. Kannst ja
sagen, ich hätte sie gestohlen, dann sind alle so klug wie zuvor.«
    »Zwei Schillinge«, kam die prompte Antwort.
    »Einverstanden«, sagte ich. »Gib mir die Kleider, dann hole
ich das Geld.«
    Sie suchte unter ihrem Kopfkissen nach ihrem Hemd. »Bloß Kleid
und Umhang«, befahl ich, denn es grauste mir bei dem Gedanken, Englands
Königin in verlaustes Leinen zu hüllen. Die Magd schnürte mit Hilfe
ihrer Haube ein Bündel, und ich trug es leise hinunter zu Lady Maria.
    »Hier«, sagte ich. »Die haben mich zwei Schillinge gekostet.«
    Sie nahm die Münzen aus ihrer Börse. »Keine Schuhe?«
    »Bitte

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