Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
die Augen und öffnete sie wieder. »Wollen Sie damit sagen, Sie haben sich in Paris nicht mit Dougnac getroffen?«
»Ja, Sir. Also, nein, Sir. Das heißt … Ich war mit einem Freund da, und nein, ich habe mich nicht mit Gilles Dougnac getroffen. Was ist hier überhaupt los?«
»Scheiße. Jetzt seh ich ja wohl wie das letzte Arschloch aus.« Er setzte sich, seufzte schwer und lachte dann verlegen. »Ich muss mich wirklich bei Ihnen entschuldigen, aber Sie müssen schon zugeben, dass es sehr danach aussah.«
»Sir, bei allem Respekt, könnten Sie mir vielleicht endlich mal erklären, was hier los ist?«
Er nickte und riss sich zusammen.
»Dougnac baut ein europäisches Antiterrorzentrum auf. Geheimdienst, taktische Ressourcen, schnelle Eingreiftruppe, Terrorvorbeugung. Die Besten der Besten.« Robertson seufzte noch einmal und sah ihr in die Augen.
»Er will Sie.«
It’s beginning to look a lot like …
Schlechtes Zeichen: Harry hatte Lust auf einen Drink, dabei war es erst zehn Uhr morgens. Mit Jetlag konnte er sich nicht mehr herausreden, denn sein Schlaf- und Essensrhythmus hatte sich wieder ziemlich normalisiert; sein Trinkrhythmus dagegen war mit der Zeit immer chaotischer geworden. Er hatte auf der ganzen Welt noch nirgends einen Ort mit so vielen Bars gesehen, was normalerweise kein Problem dargestellt hätte, denn hey, welcher Loser säuft schon alleine? Aber in dieser Stadt konnte man gar nicht alleine saufen, denn sobald man sich irgendwo an die Bar setzt, wird man unaufgefordet von irgendeinem Arschloch zugequatscht; und auf einmal hat man seine Lebensgeschichte gehört und irgendwo zwischen der Herzoperation seiner Mutter und dem Celtic-Sieg beim europäischen Super Bowl von Neunzehnhundertleckmichundsechzig die Drinks nicht mehr mitgezählt.
So langsam gingen ihm die Gehirnzellen aus, und er wusste nicht, ob seine Leber es wieder zurück nach LA schaffen würde, wenn die ganze beschissene Geschichte hier vorbei war. Doch hier saß er, rührte gelangweilt mit dem Löffel in seinem Porridge herum, das immer kälter wurde, und fand, dass er wirklich einen Kurzen gebrauchen könnte, bevor sein ›Gast‹ auftauchte.
Auch sein Appetitsverlust verhieß nichts Gutes. Vor ein paar Tagen hatte er sich mal den hiesigen Bräuchen angepasst und es mit diesem Porridge-Zeugs probiert. Seitdem konnte er den Tag nicht mehr ohne anfangen. Der Zucker und die Sahne taten ihm auf lange Sicht sicher nicht gut, aber in dieser Stadt musste man sichvon innen isolieren und außerdem eine Grundlage für die unausweichliche tägliche Alkoholflutwelle schaffen. An diesem Morgen war aber schon nach ein paar Löffeln Schluss, und der Grund dafür würde in ein paar Minuten zur Tür hereinkommen.
Innez.
Nichts machte Harry bei dieser Operation so nervös wie dieses verrückte Arschloch, was aber okay war, da Harry für seinen Auftrag auch nervös sein musste. Nervös hieß vorsichtig, nervös hieß angespannt, geistesgegenwärtig, wachsam. Aber es lag nicht nur an Harrys Nerven, dass er mit seinem Frühstück spielte wie ein schmollendes Kind.
Innez verunsicherte Harry auf vielen verschiedenen Ebenen. Die eine war die, dass er gar nicht vorsichtig, angespannt, geistesgegenwärtig und wachsam genug sein konnte. Wenn Innez beschloss, auf Parnell zu scheißen und sie lieber zu verarschen, dann würde Harry ihm nie im Leben das Wasser reichen können. Eine andere war die, dass Innez von den Leuten zu diesem Job gezwungen wurde, die er sicher am liebsten fertigmachen würde, weil sie nämlich seinen Vater umgebracht hatten. Die wichtigste Ebene war aber, dass Harry persönlich die Liquidierung ausgeführt hatte.
Wenn man beruflich Leute umbrachte, konnte man sich zwar nicht als besonders gewissenhaft bezeichnen, aber Harry wusste trotzdem noch, was richtig und was falsch war. In diesem Geschäft bekam man nur selten den Auftrag, eine unschuldige, tattrige Oma umzulegen oder einen Behinderten im Rollstuhl. Man legte Feinde um, Leute, die riskant lebten und sich im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte dazu entschlossen hatten.
Innez’ Vater umlegen war nicht richtig gewesen. Innez hatte sie nicht herausgefordert, und Alessandro hätte Innez nicht so überdeutlich erklären müssen, wer von ihnen die Hosen anhatte. Alessandro hätte viel, viel Wichtigeres zu tun gehabt, als irgendwelchen Künstlerschwuchteln eins auszuwischen, von denen keine Gefahr ausging. Riesenego, aber kein Charakter, das war das Problem bei dem
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