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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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NR sein, humorvoll, nachsichtig, was ungewöhnliche Arbeitszeiten angeht und darf keine Angst vor einer Frau haben, die mehr Kerben in der Dienstwaffe als im Bettpfosten hat. Antworten bitte an 110, Chiffre VR 2 FLT .
    Das würde sie noch heute telefonisch beim Herald aufgeben, dann konnte sie ihrer Mutter wenigstens sagen, dass sie sich Mühe gab.
    Ihr Bruder James hatte ihr auch etwas gegen ihre Melancholie empfohlen, die sie leider nicht hatte verbergen können, als seine Frau Michelle »zur Feier des Tages« am Abend vorher für sie gekochthatte. Sein Gegenmittel hörte sich plausibler an als das ihrer Mum, aber auch er konnte ihr nicht genau sagen, wo sie es finden würde. »Du brauchst eben ein bisschen Spaß im Leben«, hatte er gesagt.
    Gebt dem Mann ’ne Pfeife und ’nen Deerstalker-Hut. In seinem nächsten Fall würde er dann folgern, dass der leblose Körper im Strafraum der Rangers Bert Konterman war. James hatte sicher recht, aber nur weil etwas so himmelschreiend klar war wie die Notwendigkeit des Rauswurfs von Bibel-Bert, löste es nicht unbedingt auf einen Schlag alle Probleme. Andererseits war es – noch mal, wie der Rauswurf von Bibel-Bert – der erste Schritt in die richtige Richtung.
    In der Ausführung hörten die Ähnlichkeiten aber auf. Big Eck musste nur aufhören, den nutzlosen Sack auf die Spielerliste zu setzen. Wie Angelique ein bisschen Spaß in ihr Leben bekommen würde, war nicht so einfach zu beantworten, schon gar nicht heute und in ihrem Zustand.
    Stewart wartete auf sie, als sie aus der Umkleide kam. Er trug immer noch seinen Judoanzug und war wohl ziemlich ins Schwitzen gekommen, während sie unter der Dusche abgetaucht war. Das roch sie jetzt umso stärker, weil sie frisch gewaschen und mit Deo und Parfum eingesprüht war. Die Pheromone taten das ihre; das war wirklich nicht unangenehm, konnte aber instinktive Sehnsüchte wecken, die so bald nicht zu erfüllen waren. Er hielt einen Stift und ein paar gefaltete Blätter in der Hand.
    »Hatte schon gedacht, du wärst da drinnen geschmolzen.«
    »Die Böse Hexe des Westblocks.«
    »Ich dachte, dein Platz ist im Govan.«
    »Das hätte sich aber blöd angehört.«
    »Stimmt.«
    »Ist eben manchmal schwer, aus der Dusche rauszukommen.«
    »Ja, aber doch nur, wenn man zu zweit drinnen ist.«
    »Schlampe.«
    Stewart lächelte, wirkte aber nicht besonders fröhlich. Angeliques persönliche Wolke regnete anscheinend jetzt auch auf ihre Umgebung hinab.

    »Hör mal, ist bei dir alles in Ordnung?«, fragte er mit sanfter, ernster Stimme. »Du wirkst …«
    »Fertig?«
    »Mindestens. Sollen wir was essen gehen? Ein bisschen quatschen?«
    »Danke, Stewart, aber ich geh heute lieber alleine, damit keine weiteren Unschuldigen in Mitleidenschaft gezogen werden. Was hast du denn da?«, fragte sie, bevor er wohlgemeinte, aber unnötig masochistische Widerworte geben konnte.
    Stewart faltete die Papiere auf, blätterte kurz und legte eins nach oben.
    »Das ist der jährliche Papierkram für den Verein. Kannst du bitte eben mal hier unterschreiben, wenn sich bei dir nichts geändert hat? Du bist doch nicht umgezogen oder so?«
    »Nein.«
    Er überflog das Formular und tippte mit dem Stift auf die einzelnen Felder. »Okay, Name, Adresse, Telefonnummer, Geburtsda… oh.«
    Angelique seufzte, denn sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Tja, das erklärt wohl so einiges«, sagte Stewart und lächelte gequält. »Heute dreißig geworden. Ich glaub, ich gratuliere dann mal lieber nicht.«
    »Außer, du willst noch ’nen Schlüsselbeinbruch.«
    Ja, okay, das erklärte wirklich so einiges, aber auch nicht alles. Die Perspektive spielte dabei eine große Rolle. Dreißig werden war für Angelique wie ein Tor beim Fußball kassieren – dafür gab es einfach keinen guten Zeitpunkt, aber gerade hatte sie das Gefühl, jeden Moment den Halbzeitpfiff zu hören. Sie glaubte nicht, dass diese zwei Ziffern auf einer Geburtstagskarte sie ihre Sterblichkeit ganz so deutlich hätten spüren lassen, wenn nicht kurz zuvor ihr Selbstbild derart stark erschüttert worden wäre. Vielleicht stimmte das aber gar nicht. Vielleicht fühlte man sich an seinem dreißigsten Geburtstag auch so, wenn man das Jahr davor auf einer Jacht in der Karibik verbracht hatte. Vielleicht war dieser Vorgang so unausweichlich wie das Alter selbst: Wenn man dreißig wurde, war man zu einer eiskalten Evaluation seiner eigenen Lebenslage gezwungen: Was hatte man bisher geschafft, was musste

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