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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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wurden, und wenn sie es allzu offensiv angingen, würde es vielleicht nicht nur Juckpulver regnen. Bei dem Gedanken kehrte ein bisschen spät auch endlich ihr Konzentrationsvermögen zurück. Die SPAS oder LAW der Räuber verschoss nämlich nur nebenbei Granaten und war hauptsächlich eine vollautomatische Schrotflinte. Der Pumpmechanismus war nur für Spezialpatronen, die nicht vom Gasdruck ausgeworfen wurden. Normale Patronen konnte das Baby elf im Magazin und eine im Lauf halten und alle zwölf in ein paar Sekunden rausjagen. Angelique wusste, wie sich ein Schrotflintentreffer auf die Brust in einer Kevlarweste anfühlte, und das war noch der günstigste Fall.
    Ihre knallharten Kollegen hatten die Abseilvorrichtung aufgebaut und nahmen Positionen mit Blick über das Dach der Bank ein, die MP s auf die Luke gerichtet. Angelique wollte fast fragen, auf was sie eigentlich schießen wollten, außer auf sie. Naja, wenn die beiden sich so nützlich vorkamen.
    Auf McMasters Anweisung aus den Kopfhörern schickte sie eine vorbereitete SMS ab: »Komme jetzt in die Bank. Ist die Luft noch rein?«
    Dreißig Sekunden vergingen, vielleicht eine Minute, lang genug, dass sie fürchtete/hoffte, der Kerl sei aufgeflogen, aber dann vibrierte das Handy doch leise in ihrer Hand.
    »räubr wartn noch. luft ist rein.«
    Sie steckte das Telefon in die Hosentasche und hakte sich ins Seil ein.
    »Ich hab was gut bei euch«, erklärte sie McMaster und stieß sich von der Kante ab.
    Sie landete sanft und fing den Aufprall mit den Knien ab, klinkte sich schnell aus dem Seil aus und lief mit gezogener Pistole zur Luke. Aus der Hocke konnte sie eine Wand des Raumes darunter sehen; Regale mit nachlässig eingeräumtem Bürobedarf. Die feinen Anzugträger hatten wohl nicht jedes Mal Stiefelabdrücke auf dem Schreibtisch haben wollen, wenn mal ein Arbeiter aufs Dach musste, also nutzten sie den Raum als Lager. Sie blieb mit dem Kopf noch ein Stück weit oberhalb der Deckenlinie und horchte. Der Wind trug die Stimmen aus der Menge von der Straße herauf, und als sie aufsah, konnte sie bis zur Central Station sehen, vor der die Taxis hielten, während Fußgänger die Renfield Street hoch undrunter wuselten. Die Welt lief in solchen Situationen immer so unbekümmert weiter, weil sie nichts von der Angst und Gefahr ein paar Straßen weiter wusste.
    Ein paar Handbreit von der Luke ragte ein Lüftungsrohr aus dem Dach. Angelique prüfte, ob es nicht heiß war, und klemmte sich mit der Kniekehle dahinter. Sie fasste die Walther mit beiden Händen, atmete tief durch und ließ den Oberkörper vorwärts in die Luke sinken. Sie spannte die Bauchmuskeln an und hielt still, als ihr Gesicht auf Höhe der Zimmerdecke war. Bevor sie tiefer ging, suchte sie den Raum aus dieser Position ab, soweit es ihr Gleichgewicht zuließ. Dann ließ sich sich weiter sinken, bis sie über Kopf hinter sich schauen konnte. Niemand zu sehen. Nichts als Regale, Schränke und ungenutzte Büromöbel: neue Schreibtische und Stühle in Luftpolsterfolie und ein paar andere, die den aktiven Dienst schon hinter sich hatten. Leider lehnte die Leiter außer Reichweite knapp zwei Meter entfernt an einer Wand, also konnte sie sich nur fallen lassen.
    Dafür brauchte sie beide Hände frei, also musste sie sich die Pistole in den Hosenbund stecken. Das würde sie normalerweise niemandem empfehlen, aber bei der P990 konnte sie da mal eine Ausnahme machen. Die Walthers hatten drei unabhängige Schutzmechanismen, wenn man die Sicherung mitzählte, also war es so gut wie unmöglich, dass sich unbeabsichtigt ein Schuss löste; man musste fast jedes Mal eine Unterschrift abgeben, wenn man feuern wollte.
    Angelique stieg wieder in die Luke und ließ sich mit langen Armen hängen. Ihre Füße waren immer noch einen guten Meter vom Boden entfernt, was an sich nicht weit war, aber doch etwas poltern würde, wenn sie aufkam. Ein Stück weit links neben ihr stand ein Schreibtisch, also griff sie um, drehte sich um neunzig Grad und schaukelte vor und zurück, bis sie genug Schwung hatte. Beim vierten Mal ließ sie los und landete etwas wacklig auf dem Tisch, der den Aufprall gut abfing.
    Sie musste die Rückenlage bei ihrer Landung kompensieren, damit sie nicht nach hinten fiel und noch viel lauter (und schmerzhafter) landete, als sie es hatte vermeiden wollen. Das tat sie mit der klassisch eleganten Technik (die allerdings nicht von Nadia Comaneci propagiert worden war, soweit sie wusste), dass sie sich

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