Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
ging vorsichtiger die Treppe hinunter Richtung Safe. Angelique ignorierte McMasters Anweisung zu warten und folgte den beiden auf dem Weg nach unten zunächst, überholte sie dann aber auf der Treppe, weil sie das langsame, lautlose Voranschleichen nervte.
»Jarry?«, rief sie. »Chagall?«
Unten im Flur war die Beleuchtung ausgegangen, und der Rauch und Staub in der Luft schränkten die Sicht weiter ein. Mit dem schwachen Licht aus dem Treppenhaus konnte sie aber sehen, dass der Safe intakt und auch der Sprengstoff noch an Ort und Stelle war. Angelique blieb verblüfft stehen, und die beiden Einsatzkräfte schoben sich langsam an ihr vorbei. Das Licht ihrer Taschenlampen durchdrang die verqualmte Dunkelheit kaum. McMaster und Peat folgten ihnen. Die Neugier des Mantelträgers war ausnahmweise mal stärker gewesen als seine Vorsicht, aber weiter als bis zum Fuß der Treppe traute er sich trotzdem nicht vor.
»Die sind ja gar nicht detoniert«, stellte McMaster die Beobachtungsgabe zur Schau, die ihm die Karriereleiter hinaufgeholfen hatte.
Peat dagegen stellte etwas Wichtigeres fest: »Der Safe ist offen.«
»Was soll das heißen?«, fragte McMaster. »Die Tür ist doch zu.«
»Schauen Sie sich die LED -Anzeige an. Alles Nullen. Das heißt,er ist entriegelt. Der ist nur mit diesem Zeug zugeklebt. Normalerweise schwingt die Tür aus eigenem Gewicht auf, sobald die Riegel eingezogen sind.«
Peat griff nach der Masse an der Türkante, aber McMaster riss ihn zurück.
»Nicht anfassen. Das ist doch noch verkabelt.«
»Wenn es von der Explosion nicht gezündet wurde, dann werden wir’s ja wohl ein bisschen bewegen dürfen«, beschloss Angelique und riss die ›Sprengsätze‹ ab, bevor McMaster ihr noch nachdrücklicher zur Vorsicht raten konnte. Wie von Peat vorhergesagt schwang die Tür auf und gab den Blick auf einen völlig leeren Raum frei.
»Oh Gott«, sagte der Schlipsträger. »Die haben uns leergeräumt.«
»Wie viel?«
Peat schluckte. »So als Hausnummer: achthunderttausend.«
»Teure Gegend«, bemerkte Angelique.
McMaster wirkte, als würde er sich ganz in seinen Mantel zurückziehen.
»Sir?«, rief eine Stimme aus der Dunkelheit. »Kommen Sie mal hier rüber. Die haben ein Loch in die Wand gesprengt.«
McMaster drehte auf dem Absatz um und starrte den Flur entlang, wo aber nichts zu sehen war als ein schwaches Taschenlampenglimmen in der Staubwolke.
»Was ist dahinter?«
»Sieht wie ein Tunnel aus. Hier liegen Schienen.« Selbst durch den Rauch konnte Angelique sehen, wie McMasters Adamsapfel auf und ab hüpfte. »Auf der einen Seite ist schnell Schluss. Sieht wie ein Nebentunnel der U-Bahn aus. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich würde sagen, er geht nach Norden.«
»Buchanan Street Station«, sagte Angelique.
»Oh, Scheiße«, stimmte der Mantel ihr zu.
McMaster bellte gehetzt Befehle in sein Funkgerät, als er eilig wieder durch den Schaltersaal auf die Straße watschelte. Ein Blick auf die Uhr verriet Angelique, dass all seine Bemühungen nutzlossein würden, und zwar nicht nur, weil Jarrys Leute ein paar Minuten Vorsprung hatten.
Sie folgte ihm durch die Flügeltür und blieb oben an der Treppe stehen, von wo aus sie sich vergewissern konnte. Hinter den Absperrungen, ein paar Hundert Meter den Hügel hinauf, sprintete ein gutes Dutzend Polizisten auf den Eingang der Buchanan Street Underground Station zu, wo sie allerdings nie im Leben die Treppe hinunterkommen würden, weil ihnen gerade Hunderte von Rangers-Fans entgegenströmten.
Angelique drehte sich wieder zur Bank um, wo ihr der pfeilgespickte heilige Sebastian von der Innenseite der aufgesperrten Tür entgegenstarrte. Das einzelne Wort »daneben« wirkte passender als je zuvor.
»Du gerissener Hund«, sagte sie zu einem Mann, der nicht mehr da war und tatsächlich deutlich reicher aus der Bank herausgekommen war.
»De Xavia«, knurrte McMaster sie von der Straße aus an. »Bewegen Sie sich gefälligst! Was gucken Sie denn da?«
Eigentlich sah Angelique sich überhaupt nichts an. Sie hatte sich nur weggedreht, damit er ihr breites Grinsen nicht sehen konnte.
Die Leier des Orpheus spielt Follow
Follow und geht dann über zu …
»There’s not a team like the Glasgow Rangers, no not one and there never shall be one!«
Der rappelvolle U-Bahn-Wagen vibrierte schon vor der Abfahrt; der gegrölte Gesang und das Fußgestampfe sorgten für eine Energie, die der in der elektrifizierten Schiene in nichts
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