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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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eine Nebenrolle überlassen.
    Sie schaute auf die Uhr. Keine drei Minuten mehr, wenn Chagalls Versuch nicht fruchtete. Sie war gerade erst aus der Bank gekommen, die ihr aber schon wie eine andere Welt vorkam; und wenn man mal vom Sprengstoff absah, eine deutlich angenehmere. Drinnen war sie jedenfalls in besserer Gesellschaft gewesen. Jarry und sein großangelegter Wahnsinn hatten immerhin ihre Erwartungen herausgefordert, was man von ihren lieben Kollegen in der letzten Zeit nicht sagen konnte. Sie musste sich sogar eingestehen, dass sie ein bisschen enttäuscht war, dass Jarrys Plan scheiterte. Sie hätte zu gern gewusst, wie er hatte fliehen wollen. Und während sie Jarrys Handeln nun wirklich nicht gutheißen konnte, wurde sie bei McMasters großspurigem Gelaber richtig sauer. »Zur Strecke bringen« wollte er Jarry. Wie ein Kolonialherr mit Tropenhelm, der einen gefangenen Löwen erschießt. Im fairen Kampf hatte McMaster keine Chance gehabt, bis sich ein dummer Zufall auf seine Seite schlug. Dass Jarry bei all seiner Raffinesse, Flexibilität und seinem Einfallsreichtum von so einem 08/15-Schreibtischtäter gefasst werden würde, war einfach nicht richtig. Er hatte so viele Fallstricke vorhergesehen und bei neuen Entwicklungen wie Angeliques Auftritt so spontan improvisiert, dass man kaum glauben wollte, er könnte wegen etwas so Trivialem wie einem feucht gewordenen Schaltkreis scheitern.
    Kaum glauben wollte …
    »Drecksack!«
    »Was?«, fragte McMaster wütend.
    Der Kerl hatte sich getraut, einen großangelegten Banküberfall mit falschen Waffen durchzuziehen, warum sollte er da mit echtem Sprengstoff hantieren?
    »Das ist eine Finte«, sagte sie. »Der Sprengstoff ist ’ne Attrappe, verdammt noch mal! Genau wie die Gewehre. So kommt er davon, der hinterhältige Drecksack. Wir laufen alle vom Gebäude weg, und er verpisst sich.«
    »Sie haben recht – warum sollten die sich mit Computern undGeiseln herumärgern, wenn sie doch einfach die Tür vom Safe sprengen könnten?«
    Angelique zog die Walther. »Gibt mir mal jemand ein neues Magazin? Ich geh wieder rein.«
    »Sie bleiben, wo Sie sind, de Xavia, und die Räuber auch. Ich habe an allen denkbaren Fluchtwegen bewaffnete Einsatzkräfte postiert. Meinten Sie etwa, ich hätte nicht damit gerechnet? Die schleichen sich schon nicht durch den Hintereingang oder über die Feuertreppe davon, das können Sie mir glauben. Clownsmasken und Juckpulver, was? Wollen wir mal sehen, wer hier zuletzt lacht.«
    Und dann gingen die Sprengladungen hoch.
    Der Knall war laut aber etwas gedämpft; eingekapselt, könnte man sagen. Kein Schutt flog umher, und der Boden vibrierte auch nicht stärker, als wenn eine U-Bahn unter der Straße hindurchfuhr. Angeliques erster Gedanke war, dass sie wohl mit der Annahme recht gehabt hatten, das alte Gebäude würde der Explosion standhalten. Als sie aber auf die Uhr sah und merkte, dass eigentlich noch eine Minute Zeit geblieben wäre, hoffte sie, dass Jarry unversehrt geblieben war. Und Chagall natürlich, der ja an der Schaltung hatte basteln wollen. Alle eigentlich, hoffentlich ging es ihnen allen gut.
    McMaster trat hinter der Absperrung hervor und rief vier bewaffnete Einsatzkräfte herbei. »Jetzt gehen wir aufwischen«, sagte er.
    »Darf ich mit, Sir, oder werd ich nur reingeschickt, wenn die Bösen bewaffnet sind?«
    »Jetzt seien Sie doch nicht eingeschnappt, de Xavia. Ja, ich brauche Sie da drinnen. Und bringen Sie den Duty Manager mit, der muss für uns die Systeme zurücksetzen.«
    Die bewaffneten Einsatzkräfte gingen in klassischer Zweier-Deckungsformation vor. Darüber musste Angelique den Kopf schütteln, womit sie sich einen mahnenden Blick von McMaster einhandelte.
    »Die sind unbewaffnet, Sir, schon vergessen? Die Maschinenpistolen waren nur Attrappen.«

    »Attrappen?«, fragte der Duty Manager, ein Waschlappen im Anzug namens Thomas Peat.
    »Sie haben eine Waffenattrappe gesehen«, erinnerte McMaster sie. »Was mit den anderen ist, wissen wir nicht.«
    »Die, die Jarry gegen die Wand geprügelt hat, taugt bestimmt auch nichts mehr.«
    »Dann müssen Sie sich ja keine Sorgen machen.«
    Nachdem sie das Gebäude gestürmt hatten, mussten die Einsatzkräfte an der Sicherheitstür auf Peat warten, bevor sie in den Mitarbeiterbereich vordringen konnten. Wie eine Horde Rambos an der Bushaltestelle. Als die Tür geöffnet war, teilten sie sich in zwei Gruppen auf: Eine lief die Treppe hinauf zum Bürobereich, die andere

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