Die Holzhammer-Methode
etwas Gesundem zu versuchen. Und da es beim Mankeiöl bereits Konkurrenz gab, verfielen die Holzhammers schließlich auf den Brotaufstrich. Resis Großvater war Jäger im Salzburgischen gewesen und hatte seine Enkelin bei ihren seltenen Besuchen immer mit einer Zubereitung aus Mankeifett traktiert. Er hatte felsenfest behauptet, dass die ölige Paste ihr zu Gesundheit und Schönheit verhelfen werde, wenn sie nur genug davon aß. Damals hatte sie die Brote stets verschwinden lassen, aber inzwischen hatte sie die Erfahrung gemacht, dass Touristen praktisch alles kauften, wenn es nur als «original bayerisch» angepriesen wurde. Der Name war schnell gefunden, das Etikett malte eine Tante mit künstlerischer Ader, und dann ging es nur noch darum, die Produktion möglichst rationell zu gestalten. Das war Aufgabe von Sepp gewesen. Nachdem seine Frau einmal beim Auskochen des Fetts dabei gewesen war, hatte sie die Hütte hinterm Haus nie wieder betreten.
Hauptwachtmeister Holzhammer parkte den Streifenwagen und ging auf seinen Großonkel zu. Der alte Sepp war ein kleiner, drahtiger Mann mit sonnengegerbtem Gesicht. Er trug einen zerrissenen grauen Strickjanker und eine ausgebeulte Kniebundhose aus braunem Cordstoff. Auf dem Kopf hatte er eine dunkelblaue Baseballmütze mit der Aufschrift «Marines», die wahrscheinlich irgendwann einmal ein Tourist zurückgelassen hatte.
«Servus, Sepp», grüßte Holzhammer.
«Servus, Franz. Lässt dich auch mal sehen.»
«Ja weißt, ich bin dienstlich hier.» Am besten brachte er es gleich hinter sich.
«Willst mich verhaften?», fragte sein Großonkel.
«Nein, aber Fingerabdrücke bräucht ich von dir.» Da war es heraus. Aber Holzhammer war klar, dass der Alte sich damit nicht so ohne weiteres zufriedengeben würde.
«Hast mich im Verdacht, für an Raubüberfall?», fragte der und grinste.
«So schlimm ist’s ned, ich muss nur deine Fingerabdrücke unterscheiden von denen, die wirklich verdächtig sind.»
«Ah so, und wo san die drauf, meine Fingerabdrücke?», hakte Sepp nach.
«Auf deine Glaseln. Vom Brotaufstrich.» Holzhammer merkte langsam, aber sicher, dass er nicht drum herumkommen würde, die ganze Geschichte zu erzählen.
«Ja logisch san meine Fingerabdrücke auf meine Glaseln. Aber was haben die mit am Verbrechen zum tun?»
Also erzählte Franz Holzhammer seinem Großonkel die ganze Geschichte. «Es besteht also der Verdacht, dass jemand einige Glaseln vergiftet hat», schloss er schließlich.
Sepp nahm die Nachricht erstaunlich ruhig auf. «Aber noch weiß man es nicht», stellte er fest.
«Richtig, aber ich bekomme heute noch Bescheid. Und dass jemand an die Glaseln herumgepfuscht hat, das ist eh schon sicher. Das hat die Spurensicherung bereits festgestellt. Die haben auch die Fingerabdrücke genommen. Und da müssen wir jetzt deine aussortieren.» Der Hauptwachtmeister packte sein Fingerabdruckset aus.
«Also gut.» Sepp streckte seinem Großneffen eine schwielige Hand entgegen.
«Dank dir schön», sagte Holzhammer. Dann drückte er die Finger des Alten einen nach dem anderen auf das Stempelkissen und anschließend auf das Spezialpapier. «Was ich noch sagen wollte …»
«Ja was?»
«Es wär besser, wenn du erst mal keine Glaseln mehr ausliefern würdest. Nur so lange, bis wir die Sache aufgeklärt haben.»
«Schon recht. Aber wer zahlt mir den Verdienstausfall?»
«Tut mir leid, da kann man nichts machen. Höhere Gewalt.»
«Jaja, Staatsgewalt ist allweil höhere Gewalt. Des kenn ma scho», grunzte Sepp. Aber er protestierte nicht weiter.
Holzhammer war ebenso froh wie verblüfft, dass der Alte die Notwendigkeit der Maßnahme sofort verstand. Doch dann fiel sein Blick auf die moderne Satellitenschüssel, die auf dem Holzschindeldach des alten Bauernhauses prangte. Natürlich – Sepp schaute Fernsehen. Wahrscheinlich kannte er jeden Krimi der letzten dreißig Jahre. Daher war er mit der Polizeiarbeit vertraut.
«Wann ruft dein Quincy an?», fragte Sepp in diesem Moment und bestätigte die Überlegung seines Großneffen.
«Vielleicht um fünfe, vielleicht um sechse», antwortete der. «Aber sag mal, Sepp, wie findest du eigentlich das Fernsehen? Das muss doch am Anfang der reinste Kulturschock für dich gewesen sein. All der Mord und Totschlag.»
Sepp sah ihn spöttisch an: «Bub, du vergisst, dass ich im Krieg war – mit sechzehn an der Ostfront. Mi ham’s real derschlogn wolln. Dagegen ist doch das ganze Fernsehen ein Witz.»
«Und wenn
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