Die Homoeopathie-Luege
offenbar die »Deutsche Gesellschaft für experimentelle und klinische Pharmakologie und Toxikologie« (DGPT), ein Verband dreier maÃgeblicher pharmakologischer und toxikologischer Fachgesellschaften. Auf ihrer Homepage ergibt der Begriff Homöopathie keinen einzigen Treffer (Stand 19.06.2012). Nach der Haltung der DGPT zur Homöopathie gefragt, verweist ihr Sprecher Kay Brune, Professor für Pharmakologie an der Universität Erlangen, auf ein Kapitel in dem Lehrbuch Pharmakotherapie â Klinische Pharmakologie (13.Auflage, Springer, 2006), das er mit anderen Kollegen herausgegeben hat. Darin werden knapp die Grundlagen der Homöopathie erklärt und festgestellt, dass bis heute keine Wirksamkeit nachgewiesen sei, die über den Placebo-Effekt hinausginge. Den Sinn weiterer Forschungen bezweifeln die Autoren: »Da Wirkungslosigkeit grundsätzlich nicht beweisbar ist, erhebt sich die Frage, ob weitere Forschungsgelder in diese offensichtlich immer frustranen Bemühungen flieÃen sollen.«
»Placebo, aber vertretbar«
Auch am Institut für Pharmakologie und Klinische Pharmakologie der Universität Düsseldorf gibt der Apotheker Professor Georg Kojda zu bedenken: »Eine pharmakologische Wirkung hat die Homöopathie natürlich nicht.« SchlieÃlich gebe es keine nachweisbare stoffliche Interaktion mit Proteinen, die die Grundlage nahezu jeder Arzneiwirkung sei. Für diesen Sachverhalt bräuchte man allerdings keinen Pharmakologen zu fragen, so Kojda, denn »daran zweifelt im Grunde kein Mensch«. Kategorisch ausschlieÃen will er die Möglichkeit einer spezifischen pharmakologischen Wirkung selbst hoher Potenzen dennoch nicht, auch wenn er sie für »höchst unwahrscheinlich« hält. So gibt er ihr auf einer Skala von 0 (= unmöglich) bis 100 (= sicher) den Wert 10.
Kojda hat selbst viele Jahre in Apotheken gearbeitet und kennt deshalb die Nöte der Pharmazeuten vor Ort. Die Aufgabe des Apothekers bei der Selbstmedikation sieht er vor allem darin, auf »Risikosignale« zu achten: Braucht der Patient eine akute ärztliche Versorgung einschlieÃlich einer »evidenzbasierten Therapie«, oder tut es auch etwas »Sanftes«? Welche Risiken bergen vermeintlich harmlose Mittel wie beispielsweise hoch dosiertes Vitamin E, oder einige Phytopharmaka vor allem bei Menschen mit Vorerkrankungen? Am wichtigsten sei, dass der Patient vor allem keinen Schaden nimmt, was auch die Berufsordnung der Apotheker fordere. Und da sei, so Kojda, der Apotheker mit der Homöopathie eben weitgehend auf der sicheren Seite. Meist würden ohnehin die Patienten den Wunsch nach homöopathischen Mittel äuÃern.
»Die meisten mir bekannten Apotheker gehen wie ich aus naturwissenschaftlicher Sicht davon aus«, so Kojda, »dass eine pharmakologische Wirkung hoher Potenzen sehr unwahrscheinlich ist.« Den Zwiespalt, in dem der Apotheker steckt, wenn er dem Patienten ein homöopathisches Arzneimittel verkauft, bringt Kojda auf den Punkt: »Im Grunde ist es ein Placebo. Aber ich halte es trotzdem für vertretbar â wenn es nicht eine evidenzbasierte Pharmakotherapie ersetzt.« Insofern begrüÃe er die positive Haltung der Ãrzteschaft zur Homöopathie, was sich etwa darin äuÃere, dass die Ãrztekammern Zusatzbezeichnungen vergäben.
Wie berechtigt ist aber das Gefühl der Apotheker, mit den Homöopathika »auf der sicheren Seite« zu sein? Da Nebenwirkungen die unvermeidlichen Begleiter erwünschter Wirkungen sind, kann die Frage auch lauten: Ist von Homöopathika überhaupt irgendeine Wirkung zu erwarten? Bei Hochpotenzen ist der Fall klar: Da sie keine Wirkmoleküle mehr enthalten, können sie auch nicht wirken. Bei den niederen Potenzen jedoch ist eine Wirkung theoretisch nicht ausgeschlossen. Und praktisch? Wir möchten die Behauptung wagen, dass die in der Apotheke vertriebenen homöopathischen Mittel auch in niederen Potenzen gröÃtenteils unwirksam sind. Gemeint ist damit, dass sie keine Spuren im Stoffwechsel hinterlassen, die zu objektiv wahrnehmbaren Veränderungen führen â ob positiver oder negativer Natur, sei an dieser Stelle einmal auÃer Acht gelassen.
Keine pharmakologisch bedeutsame Stoffwechselwirkung darf man beispielsweise von Verbindungen erwarten, die man ohnehin ständig mit der Nahrung zu sich nimmt, wie Natrium muriaticum (Kochsalz) und Allium
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