Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
darf ich Euch Tyannon vorstellen. Meine Fr… meine ehemalige Frau.«
»Mylady.« Tyannon schaffte es irgendwie zu knicksen, ohne dabei langsamer zu gehen oder gar stehen zu bleiben.
»Tyannon.«
Sie befanden sich jetzt im Esszimmer, obwohl Corvis sich nicht erinnern konnte, auch nur einen einzigen Schritt gemacht zu haben. Er blieb stehen, bis sich die Frauen gesetzt hatten, eher aus Gewohnheit denn aus Höflichkeit – oder vielleicht aus Gewohnheit und einer gewissen Verwirrung heraus. Schließlich entschied er sich für einen Stuhl neben Irrial und damit gegenüber von Tyannon und fragte sich unwillkürlich, ob er richtig gewählt hatte.
»Wie geht es den Kindern?«, fragte er leise.
»Es geht ihnen gut«, sagte sie gepresst.
»Könnte ich …«
»Nein, das wäre keine gute Idee. Außerdem sind sie gar nicht hier.«
Corvis runzelte die Stirn. »Verdammt, Tyannon, ich will ihnen doch nichts tun. Ich will sie nur kurz sehen.«
»Du hast ihnen bereits mehr als genug angetan, danke.«
»Herrgott noch mal, du bist diejenige, die gegangen ist! Du …« Er unterbrach sich, als ein heftiger Schmerz durch seine Hände zuckte. Verblüfft bemerkte er, dass er auf die Tischplatte gehämmert hatte, ohne sich dessen bewusst zu sein. Corvis untersuchte seine Faust, als wüsste er nicht genau, was es war. Tyannon musterte ihn, während Irrial sie beide mit undurchdringlicher Miene beobachtete.
»Aber es geht ihnen gut?«, fragte Corvis schließlich, um nicht der Stimme, die nur er hören konnte, eine bissige Antwort zu geben. »Es geht euch allen gut?«
»Den Umständen entsprechend. Cerris, warum bist du hier?«
Natürlich fiel ihm auf, dass Tyannon nicht einmal gefragt hatte, wie er sie überhaupt gefunden hatte. Entweder konnte sie es sich denken, oder sie wollte es schlicht nicht wissen.
Oder beides.
Du solltest es ihr trotzdem erzählen , schlug die hässliche innere Stimme ihm vor. Glaubst du nicht, dass sie von dem Zauberspruch erfahren möchte? Oder liebend gerne wüsste, wie sehr du ihr tatsächlich vertraut hast? Komm schon, das wird bestimmt lustig!
»Ich nehme an, du hast von den Gerüchten gehört?«
Sie nickte brüsk. »Und zwar aus einigen sehr verlässlichen Quellen.«
»Ich war das nicht, Tyannon. Ich war bis vor kurzem in Rahariem. Ich habe niemanden ermordet.«
Ach, nein? Die cephiranischen Soldaten und die Wachsoldaten in Mecepheum sind also zufällig in ihre eigenen Schwerter gefallen, ja?
»Du bist den ganzen Weg hierhergekommen, um mir das zu erzählen?« Sie klang nicht direkt zweifelnd, sondern eher vage erstaunt. »Warum?«
»Ich … ich wollte, dass du es weißt.«
»Und ich soll dir das glauben, einfach so?«
Corvis hatte das Gefühl, als hätte sie ihn gerade geohrfeigt. Der Stuhl unter ihm wackelte, als er zurückzuckte. »Du … ich … Tyannon, ich habe dich nie belo…«
»Wage nicht, dieses Wort auszusprechen!« Selbst Irrial, die stumm danebensaß und zuhörte, zuckte zusammen, als sie das Gift in Tyannons Stimme hörte.
»Ich war es wirklich nicht«, beharrte Corvis beinahe flehentlich. »Ich habe dir damals ein Ende der Grausamkeiten versprochen, und ich habe es auch so gemeint. Es war nicht dasselbe …«
»Magie? Zauberei? Gedankenkontrolle , Cerris? Das ist ganz genau dasselbe!«
»Nein, ich …«
Irrial hustete, gekünstelt und nur einmal. Der Laut durchdrang den Streit wie der Dolch eines Mörders sein Opfer.
»Es tut mir leid«, sagte sie, »und ich will wirklich nicht unhöflich sein. Aber ich vermute stark, dass Ihr diese besondere Meinungsverschiedenheit bereits diskutiert habt, und ich glaube nicht, dass wir die Zeit haben, sie jetzt beizulegen.«
Die finsteren Blicke, die Tyannon und Corvis ihr daraufhin zuwarfen, waren praktisch identisch und ein winziges Anzeichen dafür, wie nahe sie sich einst gestanden haben mussten.
»Sie hat recht«, gab Corvis schließlich mürrisch zu.
»Wahrscheinlich. Seid ihr zwei … zusammen?«
»Um Himmels willen, nein!«
Irrials vehementer Widerspruch war zwar schmerzhaft, ersparte Corvis aber die Schwierigkeit, darauf eine eigene und weit kompliziertere Antwort zu geben. Wenigstens ermutigte es ihn, dass der Ausdruck, der daraufhin blitzschnell über Tyannons Gesicht zuckte, Erleichterung hätte sein können.
Du bist ein Narr. Und das weißt du nur zu genau. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass ich es bereits ein- oder zweimal …
»Aber ich kann Euch versichern«, fuhr die Baroness nun deutlich ruhiger fort,
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