Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
geschehen. Immerhin war ihm sein wichtigster Verbündeter geblieben, und dessen Diensten würde er sich absolut und ohne Fehler versichern.
Da war sie ja. Khanda blieb unvermittelt stehen und starrte auf den Boden zwischen den Steinen, die ihn eingekerkert hatten. Er hatte sie nicht gesehen, als er herausgekommen war, weil er von seinen Schmerzen und seiner Wut zu sehr in Anspruch gewesen war, aber da lag sie. Sie schlief nur wenige Meter von der Stelle entfernt, wo sie ihn begraben hatten.
Ach, Corvis, du elender Schlappschwanz. Du hast nach ihr gesucht, nicht wahr? Denn das war die wahre Natur des Zaubers, mit dem er sie belegt hatte, als sie sich zu ihm gesellt
hatte, um ihn auf seiner Reise zu begleiten. Der Bann hatte sie nicht schützen sollen, wie er sie und Jassion glauben gemacht hatte, sondern sollte sie an seine Seite binden, falls ihr Vater ihm zu nahe kam, und dafür sorgen, dass sie keine Möglichkeit hatte, sich mit ihm zu versöhnen.
Er zuckte zusammen, kniete sich hin und hob Kralle am Griff auf. Er spürte, wie die Waffe sich wand, und selbst die Haut auf seiner Handfläche bewegte sich. Sie war nicht für seinesgleichen geschmiedet worden, ihre Form veränderte sich nicht, denn er hatte keine Seele, welche die Waffe hätte schmecken können. Wäre es nach Khanda gegangen, hätte er sie mit Freuden zurückgelassen.
Kaleb jedoch ließ das nicht zu, und Kaleb war noch eine Weile sehr wichtig.
Der Hexer umklammerte den Kholben Shiar mit einer Hand und wickelte die Reste seiner Kleidung mit der anderen um seinen Körper, als er zu dem Mädchen trat. Er kniete sich hin, löste den Bann, der sie hatte schlafen lassen, und streckte sich dann neben ihr auf der Straße aus, um darauf zu warten, dass sie erwachte.
»Bei allen Göttern! Kaleb, was ist mit dir passiert?« Es waren nur wenige Momente verstrichen, da spürte er auch schon ihre Hände auf den Schultern und vernahm das Entsetzen in ihrer Stimme. Sie fragte ihn nicht einmal, wie sie hierhergekommen war. Sie war viel zu bestürzt darüber, dass sie ihn vollkommen blutüberströmt vorfand, um darüber nachdenken zu können, dass sie mitten auf der Straße lag und nicht auf der mit Stroh gefüllten Pritsche, auf der sie eingeschlafen war.
Kaleb täuschte Erschöpfung vor, was aber nur zum Teil gespielt war, erlaubte ihr, ihm beim Aufstehen zu helfen, und sank dann in ihren Armen zusammen, während er mit
einer zitternden Hand auf das Restaurant deutete. »Da«, flüsterte er. »Ich glaube, dort sind wir sicher.«
Die Veranda des Restaurants und ein Teil der Außenwand waren während des Kampfes eingestürzt, der Rest des niedrigen Gebäudes schien intakt zu sein. Die Gäste waren längst voller Panik geflohen. Er stützte sich schwer auf Mellorin, humpelte und stolperte ins Innere, die Treppe hinauf und in den ersten leeren Gastraum. Kralle fiel polternd zu Boden, als er zum Bett schlurfte, während Mellorin nach unten rannte, um etwas zu essen aus der Küche zu holen. Nur wenige Augenblicke später war sie wieder da.
Er zwang sich, geduldig zu bleiben, ließ es zu, dass sie ihm mit einem feuchten Lappen das Gesicht wusch, die letzten Reste von Blut und Staub abwischte und die Wunden verband, die sich auf seinem Körper noch zeigten. Manchmal stöhnte er und schrie sogar auf, während er sie umklammerte. Ein- oder zweimal hörte er, wie sie zu der Heilerin Sannos betete, und musste ein verächtliches Schnauben unterdrücken. Schließlich war sie fertig.
Kaleb lag flach auf der Matratze, bis zur Hüfte nackt, abgesehen von etlichen Bandagen. Sein ganzer Körper war feucht und an einigen Stellen sogar von Mellorins engagierten, wenngleich unerfahrenen Versuchen wund gerieben. Sie saß neben ihm, die Augen verschleiert von Sorge und ungeweinten Tränen, und hielt seine Hand. Das Haar hing ihr ins Gesicht, verfilzt und zerzaust vom Schlaf, das Wams und die Strumpfhose, die sie getragen hatte, seit sie unter der Wucht von Kalebs Zaubersprüchen zusammengebrochen war, waren blutbefleckt.
»Was ist passiert?«, wiederholte sie ihre Frage.
»Ich … ich konnte einen letzten Zauberspruch wirken, um dich zu mir zu rufen. Ich wollte dich nicht in Gefahr bringen«,
sagte er, als bäte er sie, sein Handeln zu verstehen. »Es war niemand sonst da.«
»Wer hat dir das angetan, Kaleb?«
»Dein … Es tut mir leid, Mellorin. Es war dein Vater.«
»Was?« Ihre Stimme klang plötzlich ganz kläglich.
»Es tut mir wirklich leid«, wiederholte er und
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