Die Horde 2 - Die Tochter des Kriegers
setzte sich auf. »Ich wollte nicht, dass es dazu kommt. Du … du warst so erschöpft von meinen Suchzaubern. Wir dachten, wir sollten dich besser schlafen lassen, während wir die Stadt erkundeten. «
»Ohne mich?« Sie klang so schrecklich verletzt, dass er sich zusammenreißen musste, um nicht laut aufzulachen.
»Wir haben nicht erwartet, dass etwas passieren würde, Mellorin. Wir wollten einfach nur ein bisschen die Gegend erkunden und versuchen herauszufinden, wo er abgestiegen war und wer ihn möglicherweise begleitete. Wir hatten vor, so viel in Erfahrung zu bringen, wie wir konnten, um dann zurückzukehren und Pläne zu schmieden. Aber dein Onkel …«
Sie nickte verständnisvoll. »Er wollte nicht warten.«
»Er hat sich aufgeführt wie ein wildes Tier. Als wir deinen Vater sahen, war alles zu spät. Ich hätte es besser wissen müssen, hätte ihn niemals mitkommen lassen dürfen.«
»Schon gut«, unterbrach sie ihn leise. Dann erst begriff sie, was seine Worte bedeuteten. »Wo ist Jassion?«
»Verschwunden.« Kaleb blickte ihr tief in die Augen. »Er ist mit ihnen gegangen. Sie müssen irgendetwas mit ihm gemacht haben, denn er war nicht mehr er selbst.« Vorsichtig stand er auf und vergaß nicht zu humpeln, als er an ihr vorbei zur Tür ging. Er bückte sich mit einem hörbaren Stöhnen, hob Kralle vom Boden auf und reichte die Waffe mit dem Griff voran der zögernden jungen Frau.
»Nein, das kann ich nicht …«
»Du kannst sie ihm zurückgeben, wenn du es für nötig
hältst oder nachdem wir ihn befreit haben. Aber im Moment gibt es nur noch uns beide, Mellorin. Und wir sind stärker mit dieser Waffe.«
Sie legte die zitternden Finger um den Griff, und der Kholben Shiar veränderte sich, faltete sich in sich selbst. Sekunden später hielt Mellorin ein brutal wirkendes Messer mit einer breiten Klinge und einer langen Parierstange in der Hand, eine Waffe, die ebenso geeignet war, ein weit größeres Schwert zu parieren, als auch einen ahnungslosen Feind aufzuschlitzen. Die Waffe einer Straßenkämpferin.
»Ich nehme an, unser Training im formellen Schwertkampf hat nicht wirklich angeschlagen«, scherzte er und zuckte unwillkürlich zusammen.
Sie betrachtete die Klinge eine Weile und legte sie dann entschlossen neben sich auf den Boden. Anschließend trat sie vor, nahm seine Hände und führte ihn zum Bett zurück. Er erlaubte ihr, dass sie ihn hinabdrückte, bis er saß, und blickte zu ihr auf.
»Mellorin …« Er machte eine Pause und räusperte sich. »Wenn das alles zu viel für dich ist, wenn du aufgeben willst, würde ich es dir nicht verübeln …«
»Schsch.« Sie legte ihm einen Finger auf die Lippen. »Ich lasse dich damit nicht allein, nicht jetzt.«
Er lächelte sie strahlend an und küsste zärtlich die Spitze ihres Zeigefingers. Ihr ganzer Körper erbebte. Langsam streckte er die Hand aus und zog sie an sich.
»Kaleb …«
Was auch immer sie hatte sagen wollen, ging in einem langen, leidenschaftlichen Kuss unter. Er hob kurz den Kopf und bot ihr die Chance zu sprechen. Aber ihr keuchendes, erregtes Atmen ließ keine Worte zu. Gemeinsam sanken sie auf das Bett zurück, und ab da benötigten sie keine Worte mehr.
Waren die leisen Geräusche unter ihm auch leidenschaftliches Stöhnen, vielleicht sogar Seufzer der Liebe, loderte in Kalebs vom Höllenfeuer geschwärzten Herzen nichts als ein schrecklicher triumphierender Jubel.
21
Die Pferde begriffen es natürlich nicht, aber sie hätten allen Grund gehabt, froh darüber zu sein, dass Corvis und seine Gefährten in einem derartig erbärmlichen Zustand waren. Denn wären sie dazu in der Lage gewesen, hätten sie die armen Tiere zweifellos unter dem doppelten Druck der hastig gewirkten Zaubersprüche zu Tode geritten. Zauber, die diesmal Seilloah gesprochen hatte, weil Corvis nicht in der Lage dazu war, und mit deren Hilfe sie so schnell es nur ging einen möglichst großen Abstand zwischen sich und dem menschgewordenen Dämon legen wollten.
Im Gegenteil: Als sie auf der freien Landstraße ritten, war jeder Schritt ein quälender Stoß aus Schmerz, der Wind trieb Staub und Sandkörner in die offenen Wunden, und es war klar, dass sie anhalten mussten, und zwar bald. Taten sie es nicht, könnte der Ritt sie umbringen und Khanda die Mühe ersparen.
Khanda und den Cephiranern, dachte Corvis verbittert.
Khanda, den Cephiranern und den Agenten der Gilden, präzisierte er dann.
Und wahrscheinlich auch den Kobolden, falls sie ihren
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