Die Hornisse
lächerlichen Uniform und dem Lametta am Kragen ins Fat Man's rein und glaubte, sie könne einem hart arbeitenden Mann an den Karren fahren. Er warf Minx einen Blick zu, um sich zu vergewissern, daß ihre Show nicht müde wurde. Es schien keine Nacht zu vergehen, in der er nicht etwas mehr Energie in sie hineinprügeln, ihr Schmerzen an Stellen zufügen mußte, die man nicht sah. Nur so konnte er sie dazu bringen, ihren Job zu machen. Sie kam aus dem Takt und geriet ins Wanken, aber niemanden schien das zu kümmern. Und niemand gab ihr ein Trinkgeld. Zwei der Stammgäste standen auf und gingen. Die Nacht war noch jung. Das war alles nur die Schuld der Cops.
Colt stieß eine Seitentür auf, die auf eine schmale Gasse hinausführte. Er packte Brazil so heftig vorn an seinem Uniformhemd, daß es riß.
»Heee!« schrie Brazil auf.
Colt hob den elenden Mistkerl hoch und schleuderte ihn hinaus in den Müll, denn dort gehörte er schließlich hin. Abfalleimer schepperten über den Asphalt, Flaschen klirrten. Nur gut, daß Brazil ohnehin schon schmutzig war. Er stand auf und sah gerade noch, wie West ihre Handschellen herauszog. Colt hatte auch sie am Uniformhemd gepackt, um sie ebenfalls ins Freie zu befördern. In diesem Moment schrie der kleine Mistkerl »Mayday! Mayday!« in sein Funkgerät.
Kapitel 12
Colt riß den Mund auf, und für einen Moment glaubte er, jemand habe ihm ein Billardqueue in die Grube unter seinem massiven Hals gerammt. Dann drang ihm die Erkenntnis in sein schwindendes Bewußtsein, daß diese Schlampe ihren Zeigefinger in die weiche Höhle über seiner Luftröhre bohrte. Ihm blieb die Luft weg. Sie bohrte, und er schnappte mit weit aufgerissenem Mund nach Luft. Die Zunge hing ihm heraus, die Augen quollen hervor. Außerdem war jetzt der Lauf einer Pistole auf seine Nasenspitze gerichtet. In Colts Ohren klingelte es, sein Blut rauschte. In diesem Moment schrie die Schlampe in einem Ton, als wolle sie Hackfleisch aus ihm machen:
»Eine einzige Bewegung, und ich blase dir das Hirn weg, du verdammter Mistkerl!«
Minx ließ ihre Brüste kreisen. Die Gäste tranken. Die Cops von der Verstärkung stürzten wie aus weiter Ferne in den dunklen verrauchten Raum. West stützte sich mit einem Knie auf Colts bulligen Rücken und war gerade dabei, die Handschellen eng um seine Handgelenke schnappen zu lassen. Ehrfürchtig sah Brazil ihr zu. Die Cops verfrachteten Colt und die betrunkenen Typen ins Gefängnis. Minx erkannte ihre Chance. Sie stieg von ihrem Laufsteg, zog die wenigen lumpigen Dollarscheine aus dem Bund ihres Tangas, hüllte sich in ein Sweatshirt und zündete sich eine Zigarette an. Nur raus hier, dachte sie, wenigstens für heute.
»Warum nur habe ich zugelassen, daß Sie mich in so eine Lage bringen«, fragte West, als sie ihren Wagen aufschloß. »Es hat schon seine Gründe, warum ich so etwas nicht mehr mache.« Sie stieg ein, zog sich mit einem Ruck den Sicherheitsgurt über die Brust und ließ den Motor an.
Beide waren erregt und versuchten, es sich nicht anmerken zu lassen. Brazil hielt sein ruiniertes Uniformhemd zusammen, dem nun die Hälfte seiner Knöpfe fehlte. West entging nicht, daß er einen gut entwickelten Brustkorb hatte, der genau in der richtigen Proportion zu Schultern, Armen und Beinen stand. Im selben Moment brach sie die Aussendung eigener Signale -Körpersprache, Blicke, Worte, Erregtheit - ab, die sie durchströmten. Woher kam die überhaupt? Aus einer anderen Welt? Von ihr jedenfalls nicht. Ganz bestimmt nicht. Sie öffnete das Handschuhfach und wühlte nach einer winzigen Heftzange, die mit Sicherheit dort irgendwo sein mußte. »Halten Sie still«, sagte sie im Befehlston.
Sie beugte sich zu ihm hinüber, denn anders hatte sie keine Möglichkeit, die Situation wieder ins Lot zu bringen. Sie zog das Hemd zusammen und fing an zu heften. Brazils Herz legte an Tempo zu. Er roch den Duft ihrer Haare. Seine schienen ihm senkrecht zu Berge zu stehen. Er rührte sich nicht und wagte kaum noch zu atmen, als ihre Finger ihn streiften. Er war sicher, daß sie wußte, was er empfand. Und wenn er sie, hin- und hergerissen wie er war, versehentlich irgendwo berührte, würde sie nie glauben, daß das Zufall war. Sie würde ihn für einen von diesen schwanzgesteuerten Typen halten, die sich nicht beherrschen konnten. Niemals würde sie ihn als Person sehen, als ein sensibles menschliches Wesen. Er würde von ihr stets auf dieses Ding reduziert werden, dieses Männerding. Wenn
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