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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Pfaffen erst recht eingeschmiert und eingebläut, und was vorher gar nichts war, das ist nun was, das eben ist die verfluchte Geschichte.«
    Als die Frau von Bredow die Kammerthür zu ihrem Ehegemahl ein klein wenig aufthat, war der Anblick, den sie durch die Spalte hatte, eben nicht angenehm. Herr Gottfried war aufgesprungen, wie er im Bette gelegen, und reckte die Arme, so weit er konnte, während seine Lippen auch so weit sie konnten, aufstanden, um den Morgenschlaf hinaus zu lassen. Vor ihm aber lag eine dicke Wolke, nämlich das Deckbett, was vorher auf ihm gelegen, und es schienen in den Sack von blauem Zwilch die Federn von drei Heerden Gänse gestopft, die von der Erschütterung des Wurfs nicht wenig durch die Kammer stäubten. Dieser Anblick war aber der Frau nicht ganz unangenehm; denn das Bette bildete eine natürliche Schanze zwischen ihr und dem Ehemann, falls es ihm eingefallen wäre, ihren Morgengruß durch die That zu erwidern; denn daß eine so nahe erste Berührung nicht in ihrer Absicht lag, verrieth ihre Stellung an der Thür. Sie wollte nur sehen, wie es stand, auf einen eiligen Rückzug, wenn er Noth that, vorbereitet.
    »Grüß Dich Gott, Götz, bist Du aufgewacht?«
    »Ja!«
    »Das ist schön, Männchen, Deine Morgensuppe brodelt auch schon auf dem Heerd.«
    Aber der Ritter schloß nur den Mund, um ihn wieder zu öffnen: »Wo sind sie?«
    »Sind sie noch nicht hier? Warte nur, lieber Mann, werden gleich kommen.«
    Seine Stirn runzelte sich und ein verdrießliches Roth lagerte über den nüchternen Augen, die ihre Strahlen erst zu einem stechenden Blick sammelten: »Brigitte, wo sind sie wieder?«
    »Jemine, weißt Du nicht, wie Du sie auszogst, hast Du sie auf den Schemel gelegt; da auf die Lehne! Der Wind gestern hat das Fenster aufgemacht. Als ich's sah, war ich recht erschreckt, Du möchtest Dich verkühlen, aber der Kasper wollte mich nicht reinlassen. Da ist die Katze gekommen und sprang über'n Schemel auf's Fenster und riß sie mit. Ich sah's von unten, da hingen sie am Brett; aber eh' wir's uns versahen, kam wieder ein Windstoß, der warf sie auf's Dach. Da wollten wir sie eben holen, als der Sturm eben losging. Ach, Götze, Du wirst Dich wundern, was der Sturm alles angerichtet hat. Die drei großen Kiefern an der Lehmgrube, an der Wurzel rein abgebrochen sind sie. Das Dach vom Hinterhaus wirst Du neu decken müssen, eine Sparre ist eingeknickt. Das Storchnest ist auch runter, wie mit 'nem Messer abgeschnitten.«
    »Ich friere ja. Wo sind sie geblieben?«
    »Ach, daß weißt Du auch nicht! Die Kinder glaubten, 's wär' ein Drache; so flogen sie über's Haus, über die Mauer, bis auf die Wiese. In den Ententeich sind sie gefallen. Die Entengrütze, Götzchen, mußte man doch ein bischen abspülen. Sind gewiß schon trocken. Hab' den Hans Jürgen nachgeschickt. Er kommt Dir gleich. Frieren sollst Du nicht, mein Herz. Hab' dir Ingber und Pfeffer in die Biersuppe gethan und Honig. Willst Du auch Eierschaum drauf schwimmen haben? Der Kasper macht auch's Wasser warm, daß er Dir den Bart scheert. Solltest Dich wieder ein Bischen in's Bett legen; ich bring's Dir 'rauf. Steige jetzt nur auf den Thurm und will nach dem Hans Jürgen rufen.«
    Der Ritter rief, er wolle nicht mehr in's Bett; aber die Burgfrau hörte nicht mehr aus, was er sprach, sie hatte die Thür zugeschlagen, und schon war sie über das Brücklein oben, das aus dem Erker nach dem Thurme führte, als sie den Schemel krachen hörte, den Herr Gottfried gegen den Boden schleuderte, daß drei Beine ausfielen und die Lehne knackte: »das Weibervolk, sag ich's doch immer, das ist Weibervolk!«
    Nur wenig Stufen waren's bis zur Thurmzinne, aber Frau Brigitten lag's in den Knieen, als wäre vor ihr die Treppe zum Münster in Straßburg. Sie war doch eine wahrhaftige Frau, wie nur eine zehn Meilen in der Runde, aber war's die Lüge, die wie Blei ihr in den Gliedern drückte? – Eine Nothlüge, und solche kleine Nothlüge! Der Dechant sollte ihr die Frau zeigen, die niemals ihren Mann belogen, und es war ja in so guter Absicht! Mit der Lüge hätte sie sich auch schon abgefunden, aber mit dem Dechanten und der Beichte! Die arme Frau von Bredow! – Nein, es war noch etwas anderes, das ihr in den Gliedern lag. Es war heut ein Unglückstag. – Auf der Mitte der Treppe war in der Blende ein kleines unscheinbares Marienbild. Sie ließ sich auf die Knie und faltete die Hände. Was sie gebetet hatte, wußte sie eigentlich nachher selbst

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