Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht
beherrschte.
Nachdem ich mich über das heiße Wasser beschwert und meine Großtante mit Boggs geredet hatte, ließ er am nächsten Tag etwas daran machen. Die Heißwasserversorgung war aber immer noch fehlerhaft, so dass ich nie wusste, wann es heiß war und wann nicht, aber zumindest hatte ich manchmal welches. Ich probierte den Hahn an der Badewanne und stellte fest, dass es heiß genug war, um ein Bad zu nehmen. Ganz gleich, wie heftig ich die Wanne schrubbte, für mich sah sie immer dreckig aus. Sie hatte Rostflecken, die vermutlich aus der Zeit stammten, als Sir Godfrey Rogers’ Geliebte in diesem Haus lebte. Die Wanne selbst wirkte alt genug.
Trotzdem füllte ich sie und zog mich aus. Das Wasser wirkte beruhigend. Ich wollte mir die Haare waschen und gründlich ausbürsten vor meiner Sightseeing-Verabredung mit Randall. Deshalb massierte ich das Shampoo gut ein und bearbeitete meine Kopfhaut. Ich grub meine Fingernägel hinein, weil ich mich so schmutzig fühlte. Dann lehnte ich mich zurück und ließ den Kopf unter Wasser sinken, verharrte dort und schrubbte mir die Haare ein paar Sekunden, bevor ich mich wieder aufsetzte.
Zuerst fiel mir nichts auf, dann spürte ich den kühlen Luftzug, drehte mich um und sah, dass die Badezimmertür weit offen stand. Mein Herzschlag setzte kurz aus. Ich saß da und starrte auf die Tür, wartete auf ein Anzeichen von jemandem. Alles war still, niemand tauchte auf. Ich stand aus der Badewanne auf und wickelte mir schnell ein Badetuch
um den Körper. Dann schlich ich mit klopfendem Herzen auf Zehenspitzen zur Tür. Ich hielt inne und spähte hinaus.
Draußen auf dem Flur war niemand. War die Tür einfach von selbst aufgegangen?
Vielleicht war es der Geist von Sir Godfrey Rogers’ toter Geliebter, sagte ich mir und lachte.
Dennoch schien es merkwürdig still zu sein. Kein einziges Knarren hörte man in dem alten Haus, niemand rührte sich. Ich lauschte und spähte weiter, bis ich spürte, dass mich von der kälteren Luft im Flur ein Schauer durchfuhr. Da schloss ich die Tür, trocknete mich ab, ließ das Wasser aus der Badewanne laufen, zog mein Nachthemd an und kehrte in mein Zimmer zurück.
Vielleicht weil ich mich ein wenig geängstigt hatte, war ich nicht müde genug, um einfach die Augen zu schließen und einzuschlafen. Ich schaltete die trübe Lampe an und las ein bisschen weiter in meinem Stück. Nach ein paar Seiten erregte irgendetwas vor meinem Fenster meine Aufmerksamkeit. Ich glaubte Schritte gehört zu haben. Deshalb schloss ich das Buch und schaltete das Licht aus. Dann ging ich zum Fenster und spähte hinaus.
Der Himmel war teilweise bewölkt. Der Mond und einige Wolken spielten Versteck. Das gelbe Licht beleuchtete den Weg rund um das Haus, und einen Augenblick lang glaubte ich, die Silhouette eines langsam gehenden Menschen gesehen zu haben. Sie verschwand mit dem Mondlicht. Als die Wolke sich
fortbewegte und das Mondlicht wieder vom nächtlichen Himmel schien, sah ich, dass ein tiefer dunkler Schatten die Form eines Mannes annahm, der das kleine Cottage betrat. Wenige Augenblicke später ging ein Licht an. Ich wartete und hielt Ausschau. War es Boggs? Leo?
Schritte auf dem Flur ließen mich herumfahren. Ich verhielt mich völlig ruhig und lauschte. Jemand verharrte einen Moment an meiner Tür und ging dann weiter, bis das Geräusch verklang. Ich hörte eine weitere Tür knallen, dann herrschte Ruhe.
Ich drehte mich wieder zu dem Cottage um. Der Mond tauchte wieder aus den Wolken auf und verschwand erneut. Wenn etwas Licht war, glaubte ich einen Blick auf jemanden zu erhaschen, der sich auf das Cottage zubewegte. Diese Person wirkte sehr klein. Ich bemühte mich, sie genauer zu sehen. Sie sah aus wie ein kleines Mädchen. Das war mein letzter Gedanke, als der Mond wie eine Lampe ausgeschaltet wurde von schweren Wolken, die sich über den Himmel schoben und die Nacht in eine tiefe, dichte Dunkelheit hüllten, die bis zum Morgen andauern würde.
An den Fenstern des Cottages tauchten Silhouetten auf, eine schattenhafte Figur war viel kleiner als eine andere. Ich sah sie dicht beieinander, dann trennten sie sich und verschwanden tiefer im Cottage. Ich wartete und beobachtete das Fenster, bis meine Augen müde wurden und meine Lider schwer.
Also benutzt jemand das angeblich verbotene
Cottage. Ja und? Ich hatte doch genug, über das ich nachdenken musste, ohne irgendwelche zusätzlichen Probleme und Geheimnisse. Ich zog mich vom Fenster zurück und
Weitere Kostenlose Bücher