Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht
zu suchen? Sobald wir sicher sind, dass es dein Vater ist, kannst du entscheiden, ob du ihn kennen lernen willst oder nicht und ihm erzählen willst, wer du bist. Aber eins nach dem anderen. Ich würde mich freuen, dir zu helfen«, sagte er.
»Warum?« Ich lächelte ihn an. »Warum ist das plötzlich so wichtig für dich?«
»Ich weiß es nicht.« Er schaute mich an. »Ich will es für dich tun. Ich will etwas Wichtiges tun«, sagte er.
»Du tust bereits etwas Wichtiges, Randall. Du entwickelst ein großes Talent.«
»Ich weiß, aber das würde ich auch gerne tun.«
»Ist es nicht nur ein amüsanter Zeitvertreib für dich?«, fragte ich.
»Nein. Es ist für dich. Ich möchte etwas für dich tun. Wirklich, das ist die Wahrheit«, sagte er.
Ich holte wieder tief Luft und setzte mich aufs Bett. Er starrte mich abwartend an.
»Willst du dich jemals wieder anziehen, Randall?«
»Was? Oh, sicher, ich habe ganz vergessen, dass ich ausgezogen bin«, sagte er lachend. »Also, soll ich dir helfen, deinen Vater zu finden?«, fragte er.
»Ich weiß es nicht. Ich habe Angst, Randall. Was, wenn das nur noch mehr Ärger bereitet?«
»Wie kann es noch mehr Ärger bereiten, ihn zu suchen?« Er überlegte einen Augenblick, dann beugte er sich vor und sah mir in die Augen. »Du und ich haben gerade darüber geredet, unser Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, Rain. Deine Mutter hat entschieden, dich in eine Richtung zu schicken, und selbst jetzt noch entscheiden andere Menschen, wohin du gehst und wie. Das ist deine große Chance, dein Leben ein bisschen unter Kontrolle zu bekommen«, behauptete er.
Ich schüttelte den Kopf und lächelte ihn an.
»Vielleicht solltest du auch Jura studieren. Du bist gut darin, Argumente vorzubringen. Du kannst für deine Klienten vor Gericht eintreten.«
»Einspruch«, sang er im Stil einer Oper.
Ich lachte.
»Und?«
»Na gut«, beschloss ich. »Wir versuchen, ihn aufzuspüren, und falls uns das gelingt, und nur dann, werde ich entscheiden, ob ich ihm tatsächlich gegenübertreten will oder sollte.«
»Gut«, sagte Randall. Er begann sich anzuziehen.
»Das macht Spaß, und es wird dir auch nicht Leid tun. Du wirst schon sehen.«
»Ich hoffe, du hast Recht, aber ich bin nicht so zuversichtlich wie du.«
»Und jetzt zurück zum Geschäft. Fang an zu rezitieren, während ich mich fertig mache, um zu gehen«, wies er mich an.
»Rezitieren?«
»Der Ausschnitt aus Hamlet , Ophelias große Szene, weißt du noch? Deshalb bist du doch eigentlich hergekommen, stimmt’s?«, erklärte er verblüfft.
»Oh, ich frage mich, wie es kam, dass ich das vergessen habe«, neckte ich ihn, und er setzte sein leichtes Grinsen auf.
Allein der Gedanke daran, was Randall wegen meines leiblichen Vaters vorgeschlagen hatte, ließ das Kribbeln in meinem Bauch nicht abflauen. Ich war so abgelenkt, dass ich ständig Zeilen vergaß und wieder von vorne anfangen musste. Dann, mitten im dritten Anlauf, klopfte es an Randalls Tür. Er war immer noch barfuß und hatte kein Hemd an, als er die Tür öffnete. Es war Leslie in einem ihrer dünnen Morgenmäntel aus cremefarbener Seide. So wie er an der Brust auseinander fiel, war offensichtlich, dass sie darunter nackt war.
»Oh«, sagte sie lächelnd, als sie mich sah und merkte, dass Randall nicht vollständig bekleidet war. » Pardon moi , ich wollte euch nicht stören.«
»Schon gut«, sagte Randall schnell. »Rain hat nur geübt.«
»Das sehe ich, aber ich wusste nicht, dass man das üben muss«, meinte sie lachend.
»Ich meinte ihre Rolle für die Aufführung am nächsten Wochenende.«
»Ah, ja.«
»Was wolltest du?«, fragte er scharf.
»Nur sehen, ob du schon weg bist oder ob du heute noch etwas Interessantes vorhast? Catherine zieht sich gerade an.Wir haben lange geschlafen. Du hättest gestern Abend mit uns kommen sollen. Was haben wir uns so gut amüsiert.Also, was macht ihr heute? Irgendetwas Interessantes? Oder bleibt ihr den ganzen Tag in eurem Zimmer und übt?«, fragte sie und schaute mich mit einem anzüglichen Lächeln an.
»Wir gehen zum Piccadilly Circus«, sagte ich. »Um dort spazieren zu gehen und etwas zu essen. Ihr beide seid herzlich eingeladen mitzukommen.«
»Ja, stimmt das?«, fragte sie Randall.
»Du hast es gehört«, sagte er.
Sie lachte. »Wann?«
»In einer Viertelstunde«, erwiderte er.
»Ja, dann kommen wir mit«, verkündete sie. Sobald sie gegangen war, schloss er die Tür und drehte sich zu mir um.
»Tut mir
Weitere Kostenlose Bücher