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Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Titel: Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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aus Trotz als aus einem anderen Grund in die Welt. Ihre Liebe war nicht von Dauer. Sie trennten sich, weil sie nicht bereit waren, größere Opfer zu bringen, und ich wurde zusammen mit ihrer Leidenschaft vergessen.
    Jahre später tauchte ich bei ihnen auf und versuchte zu verstehen, wie ich entstanden war.

    War es das Schicksal, das sie bestrafte?
    War es Liebe, die sich ihnen zum Trotz Bahn brach?
    Heute hatte ich den Mann gesehen, der mich gezeugt hatte, und er war ein Fremder für mich.
    Morgen würde ich ihn mir wieder anschauen.
    Meine Ohren waren erfüllt von den Tönen jener Spieluhr. Ich schloss die Augen und stellte mir die Lippen meines Vaters auf meiner Wange vor.
    Ich hörte ihn sagen: »Ich werde nicht zulassen, dass du wieder Angst hast.«
    Und weil ich diesen Traum träumen konnte, hatte ich keine Angst zu schlafen.

KAPITEL 10
    Wieder verleugnet
    E s war der Abend der Aufführung, aber mein Herz klopfte nicht so, wie ich es erwartet hatte. Meine Nervosität hatte sich in schiere Angst verwandelt; wie eine dünne Eisschicht hüllte sie mich ein, die mich so betäubte, dass ich meinen eigenen Herzschlag nicht mehr spüren konnte. Philip Roder beendete seine Tanzdarbietung mit Ausschnitten aus dem Nussknacker . Er wirkte so anmutig und perfekt. Warum musste ich auf ihn folgen? Der Unterschied zwischen jemandem, der auf dem Weg zum Profi war, und mir, einer bloßen Amateurin, konnte nicht deutlicher werden.
    Sarah Broadhurst, die grün vor Neid war, weil ich ihr bei dem Ausschnitt aus Hamlet vorgezogen worden war, ließ es sich nicht nehmen, zu mir zu kommen, als ich in den Seitenkulissen wartete, und mir zu sagen, dass das Publikum, das die Vorführabende der Schule besuchte, sehr anspruchsvoll sei.
    »Es sind die gleichen Leute, die regelmäßig die Londoner Theater besuchen, und es sind auch viele Theateragenten und sogar ein paar Regisseure darunter, die Ausschau halten nach neuen Talenten. Das
ist etwas ganz anderes als in irgendeiner Highschool in Amerika aufzutreten«, stellte sie voller Verachtung fest. »Das ist kein Publikum aus vernarrten Verwandten, die sich weigern, Fehler und Mittelmäßigkeit zu bemerken. Diese Leute haben Hamlet schon viele Male gesehen und gehört und werden sofort wissen, ob du etwas taugst.«
    »Danke«, sagte ich, ohne ihr zu zeigen, wie sehr sie mich verunsichert hatte. »Das ist nett von dir, dass du mir helfen willst.«
    »Dir helfen?«
    »Ich hoffe, dass ich eines Tages das Gleiche für dich tun kann, Sarah«, sagte ich, gerade als PhilipsTanzstück zu Ende ging.
    Der Applaus war ohrenbetäubend.
    Das Theater der Schule war klein und intim. Das Publikum saß praktisch auf dem Schoß der Aufführenden. Jeder Laut hallte wider. Ich befürchtete, dass ich auch meine eigene Stimme widerhallen hören und mir jede unsauber ausgesprochene Silbe noch stärker auffallen würde.
    Jetzt, nur wenige Augenblicke bevor ich auf jene Bühne hinaustrat, klopfte mein Herz wie wild. Der Vorhang war geschlossen, um dem Publikum das Gefühl zu vermitteln, dass ein Szenenwechsel stattfand. Eines der ersten Dinge, die uns im Schauspielunterricht gelehrt wurden, war, dass ein Schauspieler ein Bewusstsein für den Ort erzeugen muss, dem Publikum ein Gefühl für die Szene geben muss. Clarence Stoner, einer der anderen Schauspielschüler,
würde die Zeilen des Laertes, Ophelias Bruder, vorlesen, um die Szene zu verdeutlichen. Es war die Stelle im Stück, nachdem Hamlet versehentlich Ophelias Vater getötet hatte und sie verrückt geworden war.
    Auf gewisse Weise fiel es mir nicht schwer, ihren Wahnsinn zu verstehen. Ihr Vater war ihr genommen worden, und sie fühlte sich verloren, alleine und schrecklich betrogen.
    Ich wartete in der Seitenkulisse. Clarence nahm seine Position ein. Sarah hatte mit einem Recht: Das Publikum hatte diesen erwartungsvollen Blick, der ganz deutlich machte, dass sie genau wussten, was kommen würde.
    Der Vorhang ging auf, Clarence drehte sich um und sagte: »Was gibt’s? Was für ein Lärm?«
    Ich ging langsam hinaus, hielt inne und schaute hoch, als hätte ich etwas gehört. Das Publikum war so still, dass ich einen Augenblick glaubte, alle seien gegangen, einschließlich Großtante Leonora und Großonkel Richard, die in der zweiten Reihe in der Mitte saßen.
    Clarence beendete Laertes’ Rede, in der sein Schock darüber zum Ausdruck kommt, dass seine Schwester zu einer Irren geworden ist. Ich lächelte so wahnsinnig wie möglich ins Publikum. Eingefangen

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