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Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht

Titel: Die Hudson Saga 02 - In dunkler Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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würde ich jemandem mein Herz öffnen.
    Die Tränen, die mir über das Gesicht liefen, schmeckten bitter. Mit raschen Handbewegungen wischte ich sie mir von den Wangen, ließ mich auf eine Parkbank fallen, verschränkte die Arme unter der Brust und starrte vor mich hin.
    Wen hatte ich hier? Einen Großonkel und eine Großtante, die nicht einmal wussten, dass ich mit ihnen verwandt war, und die vielleicht vor Schreck der Schlag traf, wenn sie es je erfuhren. Dienstbotenkollegen in einem Haus, das von Frankenstein geführt wurde.
    Einige nette Lehrer in der Schule, die jedoch ihre professionelle Zurückhaltung bewahrten und mit abschätzendem Blick auf mich herabschauten. Und natürlich einen Vater, der erst gestern erfahren hatte, dass ich existierte, und der sich fast auf den Kopf stellte bei der Enthüllung.
    Fahr nach Hause, Rain, sagte ich mir. Nimm das erste Flugzeug, das du kriegen kannst, und flieg nach Hause.Wenn du ein Dienstbote sein sollst, kannst du auch einer für Großmutter Hudson sein. Plötzlich
brach ich in heiße Tränen aus, Tränen, die ich für sie, für Jake und für Mama vergoss.
    »Ist mit dir alles in Ordnung, meine Liebe?«, fragte eine kleine ältere Dame, die einen Hut mit lächerlich breiter Krempe trug. Sie hatte einen Stock mit Perlmuttgriff bei sich.
    »Was? Ach so. Ja«, sagte ich und schlug mir mit den Handflächen auf die Wangen, um meine Tränen zu unterdrücken. »Danke.«
    »Wie kann jemand an einem so schönen Tag traurig sein«, fragte sie lächelnd. »Noch dazu jemand, der so jung ist. Was auch immer es ist, meine Liebe, es geht vorüber.Weißt du, was Zeit ist? Ein großer Radiergummi am Ende eines Bleistiftes. Er wird deine Traurigkeit entfernen. Du wirst schon sehen«, prophezeite sie.
    Ich lächelte sie an.
    »Danke.«
    »Da, siehst du, wenn du lächelst, hellt sich dein Gesicht auf. Noch dazu ein so schönes Gesicht. Ich mache gerade meinen täglichen Spaziergang«, fuhr sie fort. »Ich bin neunzig Jahre alt und habe meinen Kindern versprochen, wenn ich nicht mehr alleine im Park spazieren gehen kann, können sie mich in irgendeinem Altersheim unterbringen, damit sie sich keine Sorgen machen müssen.
    Lustig, nicht? Wir verbringen unser ganzes Leben damit, unsere Kinder glücklich zu machen, und selbst am Ende treibt uns das noch an, bestimmte Dinge zu tun.

    Aber«, sagte sie, »es ist so schwer, egoistisch zu sein, selbst jetzt, selbst wenn ich es sein sollte.
    Ja«, sagte sie, nickte und machte sich wieder auf den Weg, »was auch immer dir Kummer bereitet, wird vorübergehen. Eines Tages wirst du dich nicht einmal mehr erinnern, warum du geweint hast.« Sie blieb stehen und schaute zurück. »Zu vergessen kann ein Segen sein.«
    Ich beobachtete, wie sie weiterging, holte tief Luft und stand auf, gerade als ein einsamer Spatz auf der verzweifelten Suche nach seinem Schwarm vorbeiflog.
     
    Am Sonntag erwachte ich zitternd. Würde ich den Mut aufbringen, zum Haus meines Vaters zu fahren und seine Familie kennen zu lernen? Jetzt, da der Tag gekommen war,tat es mir Leid,dass ich angerufen und gesagt hatte, ich käme. Wir waren doch noch fast Fremde.Wie konnte ich hoffen, dass es mirVergnügen bereiten würde,irgendwelche Fragen zu beantworten?
    Ich hatte angenommen, Großmutter Hudson würde meinen Brief am Freitag oder Samstag bekommen, und vermutet oder, besser gesagt, gehofft, sie würde am Wochenende anrufen. Sie hatte noch nicht angerufen, soweit ich wusste.Vielleicht wartete sie bis heute.Wenn sie den Brief erhalten hatte und anrufen wollte, würde sie es zu ihrer Zeit morgens tun, und selbst bei dem fünfstündigen Zeitunterschied konnte ich mit ihr sprechen, bevor ich zum Haus meines Vaters aufbrach.

    Ich schaute meine Garderobe durch, um das Netteste zu finden, das zu diesem Anlass geeignet war. Ich hatte den Wetterbericht gelesen, und da keine Gefahr auf Regen bestand, wählte ich ein hellblaues Baumwollkleid und meine blaue Strickjacke. Später würde es kühler werden, deshalb brauchte ich auch ein Jackett. Danach überlegte ich stundenlang, ob ich Lippenstift und Lidschatten tragen sollte oder nicht. Bei meiner Frisur konnte ich mich auch nicht entschließen. Schließlich band ich das Haar mit einer Schleife ordentlich zurück. Ich legte auch etwas Lippenstift auf, aber keinen Lidschatten.
    Im Endfield Place war es ruhig. Meine Großtante und mein Großonkel waren aufs Land gefahren, und Mary Margaret und Mrs Chester hatten frei. Boggs hatte die Endfields

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