Die Hudson Saga 03 - Dunkle Träume
sie
mich in Wirklichkeit aus der Gefangenschaft befreite. Eigentlich sollte ich ihr danken. Alles, was ich getan hatte, war, ihr die Rechte an einem sinkenden Schiff zu übereignen, einem niederschlagend finsteren und unglückseligen Schiff, das auf einem Meer von Tränen trieb.
Geh und feiere deinen falschen Sieg, Tante Victoria. Genieße deine kostbaren Rechtsdokumente, prahle vor deinen Freunden und verbring den Rest deines Lebens voller Sehnsucht nach einem Mann, den du nie haben wirst. Eines Tages wirst du in diesem Haus oder wo auch immer aufwachen und dir wird klar werden, dass du es zu nichts gebracht hast. Nur dein eigener Schatten leistet dir Gesellschaft und du hörst nur deine eigene Stimme. Du bist eher eine Gefangene, als ich es je gewesen bin.Vielleicht sitzt du nicht in einem Rollstuhl, aber du bist behindert. Dessen bin ich mir sicher.
Meine Überlegungen wurden unterbrochen von einem Hämmern, einer Reihe von Schlägen, die draußen widerhallten. Ich hörte sogar so etwas wie eine Säge. Ich glaubte, es seien die Gärtner, die wöchentlich kamen, um das Anwesen zu pflegen, und dachte nicht mehr daran.
Nachdem ich aus der Wanne gestiegen war und mich abgetrocknet hatte, zog ich mich an und fand hinten in meinem Schrank ein paar Koffer. Ich war so aufgeregt, weil ich wegwollte, dass ich gar nicht daran dachte, mir zuerst ein Frühstück zu machen.
Stattdessen verbrachte ich den restlichen Teil des Morgens damit zu entscheiden, was ich mitnehmen wollte, und zu packen. Sobald das geschafft war, lehnte ich mich zufrieden zurück und stellte schließlich fest, dass ich Hunger hatte.
Als ich das Zimmer verließ, wurde mir klar, dass ich die ganze Zeit im Haus keinerlei Geräusche gehört hatte. Vermutlich hatte Tante Victoria Mrs Churchwell bereits den Laufpass gegeben, und die war bereits gegangen, ohne auf Wiedersehen zu sagen. Das war gut. Mir gefiel die Vorstellung, ihr gegenüberzutreten, selbst ein letztes Mal, nicht besonders.
Meine erste Enttäuschung kam, als ich sah, dass Tante Victoria die Wagenschlüssel nicht auf den Küchentisch gelegt hatte, wie ich sie gebeten hatte. Ich schaute überall nach, selbst auf dem Boden, weil ich dachte, sie wären vielleicht hingefallen. Ich kontrollierte die Arbeitsflächen, die Stühle, alles, sah aber keine Schlüssel.
Verdammt noch mal, dachte ich. Sie hat es absichtlich nicht getan … oder sie hat es in ihrer Eile vergessen. Ich wollte sie im Büro anrufen, erinnerte mich aber, dass das Telefon in der Küche nicht funktionierte. In meiner Brust baute sich rasch eine Frustration auf wie ein Bienenschwarm, der summte und stach, bis ich vor Wut schäumte.
Ich wirbelte in meinem Rollstuhl herum und fuhr den Flur entlang zu ihrem Arbeitszimmer. Natürlich war es verschlossen. Ich rappelte an der
Tür und hämmerte mit der Faust dagegen, schrie und brüllte den Namen meiner Tante. Dann lehnte ich mich zurück und versuchte klar zu denken. Ich fahre einfach hinaus, die Rampe hinunter, die Auffahrt entlang bis zur Straße. Dort halte ich einen vorbeifahrenden Autofahrer an und bitte ihn, mir zu helfen, zu einem Telefon zu kommen.
Ich drehte den Stuhl um und steuerte mit neu erwachter Entschlossenheit der Haustür zu. Es war ein schöner Tag, nur ein paar Wolken waren von der Tür aus zu sehen. Ein warmer Luftzug fuhr mir über das Gesicht und erfüllte mich mit Kraft. Ich holte tief Luft und rollte hinaus in die Säulenvorhalle. Das ist doch gar nicht so schwierig, sagte ich mir. Der erste Fahrer, der mich sieht, wird bestimmt anhalten. Das war doch mal ein Anblick, ein Mädchen im Rollstuhl, das trampte. Ich lachte in mich hinein und fuhr zur Rampe.
Dann verließ mich plötzlich der Mut. Mein Herz fühlte sich an wie zu Stein erstarrt. Ungläubig starrte ich dorthin.
Die Rampe war weg!
Das war also das Hämmern und Sägen, das ich in der Badewanne gehört hatte. Warum hatte sie das getan? War das bloß im Vorgriff auf meine Abreise geschehen? Warum hatte sie nicht gewartet, bis ich wirklich weg war?
Ohne die Rampe wirkten die Stufen unheilschwanger. Wie sollte ich mich und den Rollstuhl dort hinunterbringen? Mein Frust schlug schnell
um in Wut. Ich ließ mich nicht unterkriegen. So vorsichtig wie möglich ließ ich mich vom Rollstuhl auf den Boden der Säulenvorhalle hinunter. Ich beschloss, den Rollstuhl so langsam wie möglich die Treppe hinunterzuschieben, und dann würde ich kriechen, gleiten, alles tun, um dort hinunter zu kommen, und zurück in
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