Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
eines Spaziergangs in ernsthafte Schwierigkeiten zu geraten?« Meine böse Fee sagte: »Du bist immer so brav. Das Schlimmste, was du jemals
getan hast, war, nach zwei Uhr morgens noch zu MTV sehen, als deine Eltern dachten, du schliefest schon.Werd erwachsen. Du bist sechzehn. Hör auf, dich wie ein Kind zu benehmen. Leb ein bisschen und amüsier dich.«
Ich holte tief Luft und kletterte hinaus. Er half mir, indem er mich an der Taille festhielt und auf das Gras hinunterführte. Einen Augenblick lang standen wir beide dort im Schatten, seine Hand lag noch immer auf meiner Taille, sein Gesicht war meinem so nahe, dass ich seinen Atem auf Lippen und Wangen spürte. Ich trat zurück.
»Na bitte, du hast es getan«, sagte er, »und du lebst immer noch.«
»Ich will nicht zu lange draußen bleiben.«
»Ich auch nicht«, sagte er. »Ich habe einen Traum, der in etwa einer Stunde anfängt, und das ist ein absoluter Spitzentraum.«
Ich fing an zu lachen, und er legte mir die Hand auf den Mund.
»Sch«, machte er. »Willst du mich in Schwierigkeiten bringen?«
Er schaute sich um und führte mich dann weg vom Wohnheim, den Weg entlang, der zum Hauptgebäude führte.
»Wo gehen wir hin?«, flüsterte ich laut.
»Wo wir sicher sind«, sagte er. »Zu meinem Auto.«
Es war, als sei plötzlich ein kleines Vögelchen in seinem Nest erwacht und beginne mit den Flügeln zu flattern,
um hinauszufliegen, als eine große dunkle Hand sich darüber legte.
So fühlte sich mein Magen an.
Aber ich ging immer weiter, aufgeregt und gespannt und dennoch ängstlich und nervös. Ich spürte meine Beine nicht mehr, die mich immer tiefer in die Schatten führten.
KAPITEL 6
In tiefer Finsternis
W arum gehen wir zu deinem Auto?«, fragte ich ihn. »Es steht direkt hier auf dem Parkplatz, der für Gäste reserviert ist«, erwiderte er als Antwort. »Ich habe es erst, kurz bevor ich herkam, bekommen, deshalb hatte ich noch nicht viel Gelegenheit, es vorzuführen, und außerdem«, sagte er und schaute sich um, »ist es besser, als hier herumzulaufen. Ich habe einen tollen CD-Spieler darin mit sensationellen Lautsprechern. Warte, bis du diesen fantastischen Sound hörst!«
»Dann werden wir nur noch mehr Aufmerksamkeit erregen.«
»Nicht, wenn wir die Musik leise spielen«, entgegnete er. »Hast du schon ein eigenes Auto?«
»Nein.«
»Bitte sie einfach dauernd, ihre Autos zu benutzen, dann hast du bald dein eigenes«, riet er mir.
»Hast du sie so dazu gekriegt, dir deins zu kaufen?«
»In gewisser Weise.«
»In gewisser Weise? Was soll das heißen?«
Er blieb stehen und schaute mich an.
»Dein Vater ist kein Anwalt, oder?«
»Nein, warum?«
»Jedes Mädchen, das ich in letzter Zeit kennen lerne, hat einen Anwalt zum Vater«, erwiderte er.
»Was ist denn verkehrt daran?«
»Daran ist nichts verkehrt«, sagte er, »außer dass sie sich manchmal wie Anwälte anhören, so wie sie jede Kleinigkeit, die ich sage oder vorschlage oder tue, in Frage stellen.«
»Ach so.« Was für eine seltsame Beschwerde, dachte ich.
»Was macht dein Vater denn nun?«, fragte er und ging weiter.
»Er besitzt eine Kette von Fitnessstudios und eine Physiotherapiepraxis.«
»Tatsächlich. Ich dachte mir schon, dass du gut in Form bist«, meinte er lachend. »Die meisten Mädchen hier sehen aus, als würden sie gerade ihrem Babyspeck entwachsen.«
»Das stimmt nicht«, widersprach ich. Plötzlich hörte er sich so arrogant an.
»Da ist es«, sagte er und deutete auf ein brandneues Gefährt. Ich war überrascht, dass es sich um einen Van handelte. Er griff in seine Tasche und holte einen Fernbedienungsschlüssel heraus.
»Sieh mal«, sagte er und drückte auf einen Knopf.
Die hintere Tür des Vans glitt auf, und die Lichter gingen an. »Beeil dich«, sagte er, packte mich am Arm und zog mich schnell mit sich, »bevor uns noch einer der Gefängniswärter sieht.«
»Sie sind nicht so übel«, sagte ich, aber er stieß mich praktisch in das Fahrzeug. Dann sprang er neben mir herein. Einen Augenblick später gingen die Lichter aus, die Tür des Van schloss sich und rastete ein.
»In Sicherheit«, verkündete er und stieß einen erleichterten Seufzer aus. »Mr Dickens, der Wohnheimnazi, kann uns vom Wohnheim aus sowieso nicht sehen. Schnüffelnd wie ein Fährtenhund rennt er herum und hofft, auf den Geruch von Rauch oder auf noch Schlimmeres zu stoßen. Etwas Besseres, meine ich natürlich«, witzelte Duncan. »Möchtest du eine Zigarette? Da ist
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