Die Hudson Saga 04 - Im Schein des Mondes
mir, dass sie alle schäbigen Einzelheiten kannte. Sie sprang von ihrem Stuhl auf und teilte uns mit, dass sie Dr. Greenleaf informieren werde, dass wir da seien. Keine fünf Sekunden später führte sie uns in sein Büro. Mrs Mariot war ebenso dort wie ein kleiner, draller Mann mit zurückweichendem Haaransatz. Mrs Mariot war eine groß gewachsene, distinguiert wirkende Frau Anfang fünfzig mit hellbraunem Haar. Der dralle Mann hatte ein rundes Gesicht mit wässrigen ausdruckslosen braunen Augen und eine dicke Nase über dünnen Lippen, die sich jetzt zu einem angeekelten affektierten Grinsen verzogen.
Zwei Stühle standen für uns bereit. Daddy rollte Mommy neben einen von ihnen, wodurch sie zwischen diesem Mann und uns saß. Mrs Mariot befand sich auf der anderen Seite, so dass beide wie Bücherstützen wirkten. Dr. Greenleaf beugte sich vor, um die Ellenbogen auf seinen Schreibtisch zu stützen, und legte die Fingerspitzen gegeneinander.
»Mr und Mrs Clarke«, sagte er, »das ist Margaret Mariot, die Präsidentin des Kuratoriums unserer Schule, und das ist Stanley Haskins, der Anwalt der Schule.«
Daddy nickte den beiden misstrauisch zu, und Mommy schenkte ihnen ein sehr kleines, schnelles Lächeln.
»Also«, begann Dr. Greenleaf, »wir befinden uns hier in einer sehr schwierigen Situation, die delikat und behutsam gehandhabt werden muss, damit den Betroffenen so wenig wie möglich weiterer Schaden zugefügt wird«, begann er.
»Handhaben?«, sagte Daddy rasch. »Hier gibt es nur eine Person, der Schaden zugefügt worden ist, meine Tochter. Ich glaube nicht, dass handhaben das richtige Wort ist.«
»Uns ist das voll und ganz bewusst«, sagte Dr. Greenleaf rasch, sein Blick huschte von Mrs Mariot zu Mr Haskins und zurück zu Daddy.
»Ist das Tier im Gefängnis?«, wollte Daddy wissen.
»Er ist zumVerhör auf die Polizeiwache gebracht worden, aber der Bezirksstaatsanwalt hat ihn noch nicht offiziell unter Anklage gestellt und verhaftet, Mr Clarke«, sagte Mr Haskins.
»Warum nicht?«
»Das ist ein Gefallen, den er uns und Ihnen tut.«
»Was?«
»Wir wollen doch unter diesen schwierigen Umständen so ruhig wie möglich bleiben«, bat Dr. Greenleaf.
»Ruhig. Es geht um meine Tochter!«, schrie Daddy ihn empört an.
Mommy, die beobachtet hatte, wie Dr. Greenleaf sich auf seinem Stuhl wand, während er redete, legte die Hand auf Daddys Arm und schaute ihn an.
»Lass Dr. Greenleaf zuerst reden, Austin.«
»Danke, Mrs Clarke. Ich versichere Ihnen, Summers Wohlergehen gilt unser vorrangiges Interesse.« Er schaute Mrs Mariot an. »Ich glaube, ich spreche für das gesamte Kuratorium, wenn ich das sage.«
»In der Tat«, bestätigte sie. »Ich bin hier, um Ihnen das zu versichern.«
Daddy lehnte sich zurück, entspannte sich aber nicht. Dr. Greenleaf warf einen Blick auf Mr Haskins.
»Mr Haskins hat einige Erfahrung in solchen Angelegenheiten. Ich glaube, es ist am besten, wenn wir zuhören, was er uns zu sagen hat.«
Stanley Haskins lächelte, sein Gesicht wurde weich wie Wachs, als er seine Lippen dehnte und wieder zusammenzog, während er sich zu uns vorbeugte.
»Hier handelt es sich um etwas, das allgemein als Vergewaltigung nach einem Rendezvous bekannt ist«, begann er.
»Sie hatte wohl kaum ein Rendezvous«, fauchte Daddy.
Stanley Haskins starrte ihn an, nur seine Augen verrieten sein Unbehagen. Das sanfte Lächeln auf seinen Gummibandlippen blieb unverändert.
»Also, Mr Clarke, ich fürchte, was Sie und ich ein Rendezvous zu nennen pflegten, hat sich verändert. Jede Begebenheit, bei der zwei Parteien sich aus freien Stücken treffen, um die Gesellschaft des anderen zu genießen, fällt heutzutage unter diese Beschreibung.«
»Und welche Bedeutung hat das?«, fuhr Daddy ihn an.
»Es wird sehr große Bedeutung haben, falls diese Angelegenheit je vor Gericht kommt«, erwiderte er ruhig.
»Falls?«
»Lassen Sie uns mit dem beginnen, was wir wissen. Wir haben einige Informationen gesammelt, die uns helfen können. Früher am Abend fand in der Schule eine Tanzveranstaltung statt. Summer tanzte mit Duncan Fields, und die beiden schienen sich sehr gut zu verstehen. Einer unserer Betreuer hatte sogar den Eindruck, dass sie einander gut, ja sehr gut kannten«, fügte er hinzu und warf mir einen Blick zu.
»Lerntest du Duncan bereits vor dem Tanz kennen, Summer?«, fragte er mich.
Mommy und Daddy schauten mich beide an und warteten auf meine Antwort.
»Nein, Sir. Nicht wirklich. Ich sah ihn
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