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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hatte, machte Leslie sich auf den Weg zum Buchladen. Sie hatte der Versuchung widerstanden, zu Haue zu bleiben und auf einen weiteren Anruf von Simon zu warten. Irgendwie hatte sie das Gefühl, schon tiefer als erwartet in diese Beziehung hineingerutscht zu sein. Und Simon schien es ähnlich zu gehen. Bevor sie ihn wiedersah, mußte sie ernsthaft über sich selbst und ihre Beweggründe nachdenken. Als sie an der Tür stand, rebellierte ihr Verstand dagegen, Hilfe in einem okkulten Buchladen zu suchen. Und doch war sie hier auf die bislang einzige seriöse Abhandlung über das Poltergeist-Phänomen gestoßen. Außerdem hatte Emily ihr berichtet, daß diese Leute ein falsches Medium enttarnt hatten; zumindest fühlten sie sich demnach zur Ehrlichkeit verpflichtet. Wenn tatsächlich – wie es in ihrem ersten Buch über Poltergeister geheißen hatte – das Unsichtbare die Hand nach ihr ausstreckte, brauchte sie den Rat der besten Fachleute, die sie auftreiben konnte.
    Sie hatte gehofft, Frodo im Laden anzutreffen. Statt dessen sah sie die Frau, mit der sie bei ihrem ersten Besuch gesprochen hatte. Sie räumte Bücher in ein hohes Regal. Hinter dem Ladentisch saß ein grauhaariger, kräftiger Mann. Er las und hob den Blick anfangs nicht von dem Buch in seiner Hand. Dann aber schaute er auf und lächelte entschuldigend.
    »Verzeihung«, sagte er. »Kann ich Ihnen helfen? Manchmal lasse ich mich ablenken. Ich versuche immer, alle Bücher, die wir verkaufen, zumindest zu überfliegen.«
    Leslie vermutete, daß der Mann um die sechzig sein mochte, aber er vermittelte einen Eindruck immenser Kraft, und seine Augen blickten gelassen.
    »Unser Fleischer zu Hause pflegte zu sagen, er verkaufe nur, was er auch selbst ißt«, erklärte Leslie. »Dieses Prinzip gilt anscheinend auch für Buchhändler. Als ich kürzlich hier war, sagte Claire – Rainbow hat mir den Namen Ihrer Kollegin verraten –, Sie hätten Bücher über Poltergeister.«
    Der alte Herr hob den Kopf. »Claire?« rief er. »Ich glaube, hier ist die Dame, von der du mir erzählt hast.« Er schaute Leslie an und lächelte. »Dr. Barnes, nicht wahr? Ich habe schon gehört, daß Sie in das Haus gezogen sind, das einmal unserer lieben Freundin Alison Margrave gehört hat.«
    Schon wieder ein guter Freund von Alison. In was bin ich nur hineingeraten?
    Claire kam herbei und nickte Leslie freundlich zu. Sie war in den Fünfzigern, ungefähr so alt wie Leslies Mutter. Ihr Haar war von Grau durchzogen, und sie kleidete sich nachlässig.
    »In dem Buch über Poltergeister, das Sie mir gegeben haben, stand das einzig Vernünftige, das ich zu diesem Thema gelesen habe«, sagte Leslie. »Deshalb bin ich gekommen. Vielleicht könnten Sie einmal nachsehen, ob Sie sonst noch etwas darüber haben.«
    »Für den Anfang würde ich Ihnen die Monographie von Margrave und Anstey empfehlen«, erwiderte Claire, »und anschließend gebe ich Ihnen Alisons Buch. Wie Sie wissen, war sie eine der besten Expertinnen auf diesem Gebiet.« Das hatte Leslie nicht geahnt, aber langsam wurde ihr einiges klar. Simons Namen in diesem Zusammenhang zu hören verblüffte sie weniger.
    Als Leslie ihre Geldbörse hervorzog, um die Bücher zu bezahlen, zögerte Claire. Ihre Miene wirkte beunruhigt. »Hat Ihre Schwester Ihnen eigentlich erzählt, daß sie vor ein paar Tagen an unserer Seance teilgenommen hat?« fragte sie.
    »Ja. Sie haben ein falsches Medium enttarnt, nicht wahr?«
    Der alte Buchhändler lachte herzlich. »Das stimmt. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wieso diese dumme Frau versucht hat, uns hereinzulegen. Wie ist sie nur darauf verfallen? Sie kennt mich lange genug, um zu wissen, daß ich solchen Unsinn nicht durchgehen lasse.«
    »Aber Colin!« meinte Claire tadelnd. »Ich glaube, daß die Frau auf diese Weise um Hilfe gebeten hat. Sie – oder zumindest ein Teil von ihr – wollte, daß du sie ertappst und ihrem Treiben ein Ende setzt. Ich sollte diese Frage vielleicht nicht stellen«, fuhr Claire an Leslie gewandt fort. »Im Grunde geht mich das nichts an. Aber ich hoffe, Ihr Interesse an Poltergeistern weist nicht daraufhin …« Sie warf dem Mann, den sie als Colin angeredet hatte, einen unbehaglichen Blick zu. »Wie soll ich es ausdrücken …?«
    »Claire versucht zu sagen, daß wir beide das Haus früher gut kannten«, nahm Colin den Faden auf. »Seit Alisons Tod haben wir immer wieder gehört, daß dort Probleme aufgetreten sind. Nachdem Sie und Ihre Schwester – eine

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