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Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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einsetzen können, um herauszufinden, wer dafür verantwortlich ist«, meinte Schafardi. »Pat, bist du sicher, daß unten keine Fenster offenstanden? Hast du im Büro und im Musikzimmer auch hinter den Vorhängen nachgesehen?«
    »Ja. Aber ich überprüfe es noch einmal.«
    »Wenn der Täter weder vorn noch hinten ins Haus gekommen ist …« Schafardi stand auf, stellte die Kaffeetasse auf den Tisch und ging zu den Fenstern im Arbeitszimmer. »Verdammt!« rief er. »Hier ist der Kerl reingekommen!«
    Leslie sah, daß hinter dem Vorhang die Fensterscheibe fehlte. Es gab kein zerbrochenes Glas, keine Splitter, nichts.
    »Ich kann mir das einfach nicht vorstellen«, sagte Pat Ballantine, die hinzugekommen war. »Der Kerl nimmt die Fensterscheibe vollständig heraus und klettert durch den Rahmen, ohne eine Spur zu hinterlassen oder hier im Büro etwas zu beschädigen. Dann läuft er über den Flur und zertrümmert mit einem Vorschlaghammer drei Musikinstrumente. Anschließend versteckt er sich hier hinter den Vorhängen, während Sie den Schaden entdecken und wir eintreffen. Irgendwie gelangt er an uns allen vier vorbei, schleicht nach oben und springt aus dem Fenster im ersten Stock.« Schafardi schüttelte den Kopf. »Und die ganze Zeit schleppt er einen Vorschlaghammer von fünfzehn Kilo Gewicht mit sich herum, denn nur damit hätte er einen solchen Schaden anrichten können. Ja, wirklich eine verrückte Geschichte. Vielleicht sollten wir die Krankenhäuser anrufen – die geschlossenen Abteilungen – und herausfinden, ob irgendwo ein Irrer vermißt wird. Und ob ein Vorschlaghammer entwendet wurde.«
    Düster starrte er in den Garten hinaus.
    »Warum konnte der Spinner sich nicht den Knöchel brechen, als er mit dem verdammten Hammer in der Hand aus dem Fenster gesprungen ist?«
    Leslie trat hinter ihn und schaute nach draußen. Der Garten war leer, nur die weiße Katze glitt an der Mauer hinter dem Zitronenbaum entlang, setzte sich ins Mondlicht und begann sich zu putzen.
    »Na, Mieze«, meinte Schafardi, »ich wünschte, ich könnte dich vor Gericht zitieren. Anscheinend bist du die einzige Augenzeugin der merkwürdigen Vorfälle heute nacht. He, Dr. Barnes, alles in Ordnung? Sie sollten selbst einen Kaffee trinken. Sie sehen aus, als würden Sie gleich in Ohnmacht fallen. Pat, bring Dr. Barnes rasch eine Tasse.«

20
     
     
    »Haben Sie schon Anzeige erstattet? Gut.« Der Schadensermittler trat an den Fensterrahmen, in dem die Scheibe fehlte. »Ich frage mich nur, was der Einbrecher mit dem Glas angestellt hat. Wenn er die Scheibe komplett herausgenommen hätte, müßte sie ja irgendwo im Garten zu finden sein. Aber ich kann nirgends Glassplitter entdecken. Ich rede noch einmal mit der Polizei. Inzwischen mieten Sie ein Klavier, bis unsere Sachverständigen entscheiden, ob der beschädigte Flügel repariert oder ersetzt werden soll. Sie sagten, das Cembalo gehöre nicht Ihnen? Nun, unsere Haftpflichtversicherung wird einen Teil davon abdecken, allerdings …«
    »Das Instrument war versichert. Aber der Eigentümer ist auf Reisen, und ich kann ihn erst nach seiner Rückkehr fragen, bei welcher Gesellschaft er versichert ist.«
    Der Angestellte betrachtete die zerbrochene Uhr, die auf Leslies Schreibtisch lag. »Hat das auch dieser Kerl getan?«
    »Nein. Die Uhr ist mir vor ein paar Tagen heruntergefallen. Ich hatte noch keine Zeit, sie in die Werkstatt zu bringen.«
    Der Versicherungsvertreter grinste. »Wissen Sie, Dr. Barnes, in drei von vier Fällen von Vandalismus, die mir unterkommen, versuchen die Leute uns noch alle anderen Schäden unterzujubeln, die während der vergangenen Jahre in ihrem Haus geschehen sind. Sie aber sind eine ehrliche Frau. Allein deshalb sollte ich schon empfehlen, daß Sie den vollen Wert des Flügels ersetzt bekommen!«
    Als der Mann fort war, setzte Leslie sich müde an ihren Schreibtisch und versuchte, innerlich zur Ruhe zu kommen. Emily hatte sich in den Schlaf geweint und sah immer noch schrecklich aus. Ihre Lider waren rot und verquollen, und mit ihren dunklen Augenringen wirkte sie, als wäre sie einen Monat krank gewesen. »Möchtest du darüber reden, Em?« hatte Leslie sie vorhin behutsam gefragt, doch ihre Schwester hatte bloß erwidert: »Laß mich doch mit deiner verdammten Psychologie in Ruhe, ja?« Aus ihrem Mund hatte das Wort wie eine Beschimpfung geklungen.
    Angesichts dieser brutalen, sinnlosen Gewalt fühlte Leslie sich vergewaltigt, verletzt und irgendwie

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