Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hüter der Schatten

Die Hüter der Schatten

Titel: Die Hüter der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
doch nicht bereit, zum Zeichen der Ergebung Simons Hausmantel zu tragen. Statt dessen wickelte sie sich vom Hals bis zu den Knien in eines der großen flauschigen Badetücher.
    Simon wartete auf sie. Nackt, mit dem Rücken zu ihr, kauerte er vor dem Altar. Als Leslie eintrat, erhob er sich. Leslie erkannte den Duft wieder, der in der Luft lag – ein reines, trocken-herbes Aroma, das sie spontan gar nicht mit Erotik in Verbindung brachte.
    Simon wandte sich um und streckte ihr die Arme entgegen. Er war unglaublich stark. Wie eine Feder hob er Leslie hoch und legte sie aufs Bett. Dann zog er das Badetuch weg und beugte sich über sie. Mit der rechten Hand zeichnete er ein Symbol auf ihren Leib, und es kam ihr so vor, als würde ein knisterndes blaues Licht seiner Hand folgen. Beinahe konnte sie das elektrische Prickeln zwischen ihnen beiden spüren, als Simon den Kopf senkte, um Leslies Brüste und ihren Leib zu küssen und den Saum ihres Schamhaares mit der Zunge zu kitzeln. Und dann war er mit einem leisen Lachen über ihr und zog sie mit ganzer Kraft an sich. Verworrene Bilder eines phallischen Gottes wirbelten durch Leslies Bewußtsein, während sie sich ihm entgegenbäumte, um ihn zu empfangen. Als er in sie eindrang, war ihr von neuem, als knisterten Lichtblitze um sie her.
    Auf dem Altar hinter ihnen erhob die rote Kerze sich zwanzig Zentimeter in die Luft und sank lautlos wieder hinunter. Doch weder Leslie noch Simon bemerkten etwas davon.

13
     
     
    Als Leslie auf leisen Sohlen die Stufen hinaufschlich, lief in Emilys Badezimmer die Dusche. Der Phantom-Weihrauch trieb wieder über die Treppe – oder haftete der Duft von Simons Räucherwerk noch in ihrem Haar? Als Leslie die Tür zu ihrem Schlafzimmer öffnete, trat Emily auf den Flur.
    »Leslie, ich habe etwas ganz Komisches in meinem Zimmer gefunden. Auch in meinem Bad. Sieh es dir mal an.«
    Das Badezimmer besaß nur ein einziges kleines Fenster hoch an der Wand. Stumm wies Emily darauf. Unter dem Fensterbrett hatte jemand mit einem scharfen Gegenstand – einem Nagel vielleicht -tief ins Holz ein Pentagramm geritzt.
     

     
    Leslie hatte dieses Zeichen auf Simons Altar und einem seiner Bücher gesehen. Und Claire, die Frau aus dem Buchladen, trug es um den Hals.
    Emily führte Leslie in ihr Schlafzimmer. Unter dem Mansardenfenster zur Straße befand sich ein weiteres Pentagramm; aber an dem Fenster, das sich ständig von selbst öffnete, hatte jemand den ungeschickten Versuch unternommen, das Symbol wegzukratzen.
    Unter dem kleinen Fenster im Flur des ersten Stocks war dasselbe Zeichen mit einem hellen Buntstift gezeichnet, der fast den Farbton der Tapete aufwies; ebenso in dem dritten Zimmer, das sie als Gästezimmer vorgesehen hatten. Überall hatte der Unbekannte sich anscheinend große Mühe gegeben, die Zeichen beinahe unsichtbar an Stellen anzubringen, wo man es kaum bemerkte.
    Nun war die Neugierde der beiden Schwestern erst recht geweckt, und sie durchkämmten das ganze Haus. Über jeder Tür, die nach draußen führte – sogar über der Leiter, auf der man zum Dachboden gelangte und die sich zusammengelegt hinter einer Holzverschalung befand –, stand das gleiche Zeichen. Und unter jedem Fenstersims. Sobald sie das erste entdeckt hatten, waren die anderen leicht zu finden.
    »Aber wer hat diese Symbole gezeichnet, und warum?« fragte Emily, als sie sich endlich an ihr Frühstück machte – Joghurt, in den sie löffelweise Weizenkeime gerührt hatte. Leslie warf einen Blick auf das Gemisch und schauderte. Mit Bedauern dachte sie daran, daß sie auch bei Simon hätte bleiben und mit ihm frühstücken können, doch sie erwartete heute morgen eine neue Patientin, die telefonisch um ein Gespräch gebeten hatte und von der Leslie noch nicht wußte, welche Probleme sie hatte.
    »War er gut?« fragte Emily.
    »Wie bitte?«
    »Simon. Ist er gut im Bett?«
    Leslie blickte schockiert drein, doch Emily fuhr fort: »Na hör mal, du gehst mit ihm essen und kommst um halb acht morgens nach Hause. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ihr auf dem Mount Tarn gesessen und nach UFOs Ausschau gehalten habt.«
    »Ich frage dich doch auch nicht nach Frodo aus, oder?« entgegnete Leslie pikiert.
    Emily wich ihrem Blick aus. »Ach, Frodo ist ein Schatz. Aber irgendwie kann ich mich noch nicht so richtig entscheiden.«
    »Das hat auch keine Eile«, bemerkte Leslie. »Du solltest warten, bis du dir ganz sicher bist. Laß dich auf keinen Fall zu etwas

Weitere Kostenlose Bücher