Die Hüter der Unterwelt - Die Seele der Schlange (German Edition)
Falken, der sich in die Lüfte erhob. Sie spielte mit dem Wind, ließ sich fallen wie ein Pfeil, der Freude wegen, sich aus eigener Kraft wieder fangen zu können. Die Federn waren Glut und Feuer.
Sie war Unabhängigkeit und Freiheitsdurst.
Catharinas Augen folgten den Flammen gebannt, Faszination und Glück ließen sie wie Kristallsplitter funkeln. Sie lächelte. Versunken.
Der Falke verwandelte sich in das Gesicht einer Wölfin, Feueraugen blitzten im Dickicht, aus reinen Funken geformt.
Ihre Sprünge trugen sie noch immer auf Schwingen, doch die Muskeln spielten kraftvoll unter dem wehenden Pelz. Sie ließ Bäume und Sträucher hinter sich und preschte auf eine Anhöhe hinaus, direkt unter dem flammenden Mond.
Die Wölfin warf den Kopf in den Nacken, ihr unbändiger Gesang galt allein der schmalen Sichel.
Sie war Kraft und Wildheit …
Viper ballte die Hand zur Faust und das Feuerspiel erlosch. Er musterte Catharina aufmerksam, die verwirrt blinzelte, als sei sie eben erst aus einem schönen Traum erwacht.
“Ich danke dir …”, wisperte sie kaum hörbar und hob den Blick. “Siehst du dies in meiner Seele?”
“Mehr als das.”
Ruckartig wandte er ihr den Rücken zu, um endlich wieder zur Besinnung zu kommen. Auf ihr erschrockenes Atemholen war er jedoch nicht gefasst.
Diese winzige Reaktion machte ihm bewusst, dass ihr Alptraum mehr gewesen sein musste als ein Spiel ihres Geistes. Ihre Seele verlor sich nicht in eigener Angst.
“Was hast du geträumt, kleine Sünde?”, fragte er misstrauisch, ohne sich zu ihr umzuwenden. Sie schwieg.
“Catharina?” Nun drehte er sich doch wieder zu ihr herum. Sein beabsichtigt spöttelnder Tonfall trug ihm ihr Fauchen und ein verstimmtes Knurren des Wolfshundes ein.
Sie selbst begegnete herausfordernd Vipers Blick, doch konnte er ihr Herz in nervösen Sätzen jagen hören.
“So schlimm, Liebes?” Der Dämon wusste genau, wie er seine Antwort bekommen konnte.
“Schauen dich die Spinnen schief an? Tanzen die Mäuse auf dem Tisch? Oder träumst du vielleicht von meiner Wenigkeit? Ich könnte mir eine sehr erfreuliche Szene vorstellen, die deinen wilden Herzschlag erklären würde …”
Catharinas Habichtaugen loderten vor Zorn, aber Viper bemerkte das leichte Zittern hinter ihren gestrafften Schultern.
“Nackt durch einen Wald gejagt zu werden, ist verdammt noch mal alles andere als erfreulich!”
Er erstarrte.
Gedanken huschten sekundenschnell durch seine Sinne, ergaben ein klares Bild, das verzehrendes Feuer durch Vipers Brust jagte.
Das Mädchen bemerkte nicht, wie sich seine Hände unmerklich zu Fäusten ballten.
"Ich bring ihn um!", trällerte die Schlange.
Die Achte Sünde
Seine Schritte hallten zu laut und unbeherrscht, seine Stimme schien nur in der Lage zu sein, Flüche zu bilden und die vertraute Kälte war ihm fern.
Viper erkannte dieses Gefühl nicht, das heiß und ätzend durch seine Adern und Sinne floss, allzu viele Äonen waren vergangen, seit er es das letzte Mal verspürt hatte.
Der schwarze Mantel wallte noch immer flirrend um seine Schultern und er nahm die niederen Dämonen wahr, die sich angstvoll in den Schatten verbargen.
Ihre safrangelb glitzernden Augen spiegelten sich auf glänzenden Fliesen und den nachtdunklen Onyxsäulen. Der intensive Aschegeruch verflog allmählich, als er bereits das Tor zum Achten Kreis vor sich sah. Zwei Feuerbecken erhellten die steinernen Fratzen, Federn und gemeißelte Hände, den Apfel der Sünde tragend. Auch so manches, höchst fragwürdiges Abbild war im Flammenschein zu erahnen.
Plötzlich hörte Viper das leise Tapsen von Pfoten hinter sich, ein schlanker Körper strich provozierend an ihm vorbei und erklomm grazil eines der Feuerbecken.
Das schwarze Fell blieb von den blauen Flammen unberührt, während die Katze ihn aus funkelnden Bernsteinaugen musterte und mit den Krallen träge über das Metall fuhr.
Er beachtete seinen Besucher kaum, seine Schritte trugen ihn unbeirrt dem Portal entgegen. Ein frustriertes Fauchen erklang und die Katze setzte von ihrem Podest hinab - doch begann sich die Gestalt noch im Sprung zu verändern.
Ihre Verwandlung kostete noch immer weniger als die Dauer eines Flügelschlages, obgleich es in Vipers Augen kaum einen Unterschied machte.
Dasselbe seidigschwarze Haar, dieselbe schnurrende Stimme und derselbe hochmütige Blick. Nur im Gesicht eines Menschenmannes.
“Viper …” Seine Brauen hoben sich fragend. “Seit wann besuchst du
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