Die Hüter der Unterwelt - Die Seele der Schlange (German Edition)
das Freudenhaus der Hölle?”
Missgelaunt fletschte Viper die Zähne. “Ich bin nicht Stimmung für deine Spielchen, Katze.”
Die goldenen Augen verengten sich in ungewöhnlichem Ernst. “Der Meister wird über einen sinnlosen Kampf nicht erfreut sein, mein Freund. Gedenkst ausgerechnet du, unbedacht hinein zu stürmen? Was ist aus deinem Scharfsinn geworden?”
“Ich brauche weder Bedachtsamkeit noch Scharfsinn um diesem lüsternen Gockel den Hals umzudrehen!”, zischte Viper, seine Stimme schärfer als eine heiße Klinge, sodass selbst die Katze zurück zuckte.
Dann verdunkelte sich sein Blick in heiterer Verwirrung, sogar die Arroganz wich für einen Herzschlag lang aus seinen Zügen.
“Du bist wütend”, schnurrte er fassungslos. “Bei Gabriels Eiern, du bist wütend!”
Der Erste Höllenfürst stieß ein tiefes Knurren aus und legte eine Hand an das steinerne Tor.
“Schwachsinn!” Funken sprühten um seine Handgelenke, dunkle
Flammenzungen leckten über die filigranen Federn.
“Nazriel, warte …”
Unmenschlich schnell wirbelte Viper herum - seine beißende Macht strich kosend und zart über den anderen Dämon.
“Nenn mich nicht so, Kyrael!”, flüsterte er samtweich. “Seit jenen dunklen Tagen verachte ich den Klang dieses Namens.”
“Und doch reagierst du nun auf ihn … Was ist geschehen, dass ich deinen Herzschlag hören kann, Naz… Viper?” In seinen Katzenaugen glomm ein warmes Funkeln, das die Schlange zum letzten Mal vor tausenden von Jahren gesehen hatte. “Sei vorsichtig, Bruder.”
Wortlos wandte er der Katze den Rücken zu und trat nunmehr schwungvoll gegen das Portal. Knirschend schwangen die schweren Türflügel nach innen und der Geruch von Schwefel, Seide und menschlichem Schweiß schlug Viper entgegen.
Das träge Gekicher und Flüstern verstummte, als die Gestalt des Ersten Höllenfürsten die wabernden Dampfwölkchen durchschnitt.
Er verschwendete seine Blicke nicht an seine exotische Umgebung, viel zu oft hatte er die Halle bereits mit kaltem Spott gemustert.
Seidige Tücher schwebten im Nebel der heißen Quellen, vulkanrote Teppiche und marmorne Tische waren den Tänzerinnen vorbehalten.
Schöne Menschenfrauen, die der Hahn aus sämtlichen Epochen geraubt hatte und die er an seine Vasallen verschenke, wenn er ihrer überdrüssig wurde.
Einst hatte Viper nur ihren Körpern Beachtung geschenkt, nicht diesen trüben Augen aus denen jeglicher freie Wille gewichen war - ersetzt vom Schleier des Vergessens und der Lust.
Doch nun schob sich unwillkürlich Catharinas Bild in seine Sinne, und allein der Gedanke daran, sie so zu sehen …
Satire, Harpyien und Wandlerdämonen duckten sich stumm vor seinem scharfen Zischen. Er schritt gebieterisch durch ihre Reihen, die Absätze seiner Stiefel knallten wie Peitschenschläge in der Stille.
Der Hahn sah ihm mit einem fragenden Lächeln entgegen, seine Beine über die Lehne eines schwarzen Throns geschwungen.
“Willkommen, Viper!” Neckisch neigte er den Kopf und wischte sich die feuerroten Haarsträhnen aus der Stirn. “Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?”
Der Erste Höllenfürst hakte entspannt die Daumen hinter seinen Gürtel und kämpfte das Verlangen nieder, ihn augenblicklich gegen die Wand zu schmettern.
“Eigentlich sieht es dir ähnlich in den Träumen unschuldiger Mädchen herumzuscharwenzeln, Gockel. Aber dieses Mal bedeutete es zugleich in meinen Aufträgen herumzupfuschen.” Vipers Stimme blieb gefährlich sanft und ruhig, nur in seinen Schlangenaugen blitzte die Mordlust.
“Ach, die kleine Sirene? Hübsches Ding. Und so heißblütig!” Seine Lippen verzogen sich zu einem anzüglichen Grinsen. “Zu schade, dass du meinen Höflichkeitsbesuch unterbunden hast! Denn eigentlich wollte ich dir nur helfen.”
“Solch eine Selbstlosigkeit kenne ich gar nicht von dir”, spottete Viper, grub unmerklich die Nägel in seine Handflächen.
“Aber im Falle eines weiteren Höflichkeitsbesuchs jage ich dich durch alle Neun Kreise und wieder zurück. Catharina geht dich nichts an, Gockel.”
Gespielt verträumt schweifte der Blick des Hahnes in die Ferne. “Catharina heißt sie also? Bezaubernd. Vielleicht sollte ich den Meister fragen, für wie lange er ihre Anwesenheit begehrt.”
Viper wusste nur zu genau, worauf er hinauswollte und die Erkenntnis jagte das unbekannte Feuer erneut durch seine Adern.
Und wieder sah er tiefblaue Augen vor sich, unbeugsam, herausfordernd
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