Die Hueterin der Krone
aber als sie jetzt Wills warme Haut ertastete und sein leises Stöhnen hörte, durchströmten sie nie zuvor gekannte Empfindungen.
Sie wollte seinen Körper erforschen, und er war ebenso darauf erpicht, den ihren zu erkunden. »Meine«, flüsterte er, als er ihre Brüste umfasste, mit dem Daumen über ihre Brustwarzen strich und den Kopf senkte, um sie mit der Zunge zu liebkosen. »Jetzt bist du meine Königin.« Sie bog sich ihm nach Luft ringend entgegen. Nie hätte sie sich träumen lassen, dass der Mund und die Hände eines Mannes solche Wunder bewirken konnten. Es war wie ein Gedicht; wie das Hohelied. Die Sinnlichkeit, die köstliche Spannung. Und der Akt selbst, bei dem sie nur gelernt hatte, sich für den Schmerz zu wappnen, stürzte sie in ein Wechselbad aus Geben und Nehmen. Er stützte sich ab, um sie nicht mit seinem Gewicht zu erdrücken; setzte nicht die ganze Kraft seines Körpers ein, sondern ging behutsam mit ihr um, während er sie immer wieder seine Königin nannte.
Dann schrie sie plötzlich leise unter ihm auf, ein Schauer rann durch ihren Leib, und sie spürte, wie er erstarrte und sich aufbäumte. Dieser Teil des Aktes war ihr vertraut und dennoch diesmal anders. Noch immer stützte er sich über ihr ab, legte den Kopf gegen ihre Schulter und rang nach Atem, als wäre er in seinem Kettenhemd über ein Schlachtfeld gerannt. Dann zog er sich zurück und drehte sich auf die Seite.
Sie presste die Beine zusammen und zog die Knie an. Er griff nach ihrer Hand und küsste erst die Knöchel, dann die Innenfläche.
»Das war wunderbar.« Ein breites Lächeln schwang in seiner Stimme mit. »Wirklich wunderbar.«
»Ja«, flüsterte sie. »Das war es.« Sie versuchte noch immer zu verarbeiten, was gerade geschehen war. Kleine, wonnevolle Nachbeben durchzuckten ihren Körper. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie Menschen lachen sehen und sich gefragt, ob sie wohl glücklich waren und wie man sich dann fühlte. Sie hatte sich gefragt, was mit ihr nicht stimmte, doch jetzt meinte sie, einiges besser zu verstehen. Wenn die wundervollen Gefühle, die sie soeben durchströmt hatten, bedeuteten, dass sie bereit gewesen war, ein Kind zu empfangen, dann erfüllte sich vielleicht endlich ihr Herzenswunsch. Vielleicht würde Gott sie mit diesem neuen Mann, in dieser neuen Ehe mit einem runden Bauch segnen. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, schwanger zu sein, stolz und für alle sichtbar fruchtbar.
Will stieg aus dem Bett, um die Erfrischungen zu begutachten, die man für sie unter einem Leinentuch bereitgestellt hatte. Adeliza musterte ihn mit halb geschlossenen Augen und fühlte sich erneut an einen stolzen Löwen erinnert.
Er brachte ihr Wein in einem grünen Glas und eine Platte mit kleinen, mit Rosenwasser befeuchteten Pasteten in einer weißen Serviette. Adeliza lächelte ob des starken Kontrastes. Für einen so großen, kräftigen Mann vermochte er sich ungewöhnlich anmutig zu bewegen.
»Wir müssen die nächste Zeit nutzen, um uns besser kennen zu lernen«, sagte er. »Bald haben wir keine Möglichkeit mehr, weil wir uns um eine volle Kinderstube zu kümmern haben.«
Adeliza errötete. Sie fragte sich, ob er das absichtlich gesagt oder ob es eine spontane Bemerkung war, hinter der sich seine eigenen Bedürfnisse verbargen. Er war gerade erst zum Earl ernannt worden, und ein Erbe musste ganz oben auf seiner Wunschliste stehen. »Ich hoffe, du behältst Recht, mein Mann«, erwiderte sie. Er hatte sie glücklich gemacht. Sie war gespannt, was die Zukunft für sie bereithielt, und die letzten beiden Worte schmeckten so süß auf ihrer Zunge wie die Pasteten.
29
Argentan, Mai 1139
Matilda verfolgte mit einer Mischung aus Belustigung und Wehmut, wie der Waffenschmied Robert Henrys rostrotes Haar mit einer Leinenkappe bedeckte und eine leichte Haube aus Kettengeflecht in Kindergröße darüberstreifte. Auch für Henrys Halbbruder Hamelin war eine Haube angefertigt worden.
»Jetzt bin ich ein großer Ritter!« Henry zog sein Spielzeugschwert und nahm Kampfhaltung ein. Er trug eine Miniaturausgabe der wattierten Tuniken der Sergeanten und Soldaten.
»Ja, das bist du.«
»Genau wie mein Papa.«
Matilda zog die Brauen zusammen, verkniff sich aber jedweden Kommentar. Eines Tages würde ihr Sohn ein bedeutenderer Mann sein als sein Vater und sein Großvater, dafür gedachte sie zu sorgen.
»Ich werde auch ein Ritter wie Papa«, meldete sich Hamelin zu Wort. Er war zwei Jahre älter als Henry
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