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Die Hueterin der Krone

Die Hueterin der Krone

Titel: Die Hueterin der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Chadwick
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wieder stärker, und ihre Bauchdecke spannte sich an wie das Fell einer Trommel.
    Sie rief nach Juliana, die sofort ihre Näharbeit fallen ließ und zu ihr eilte, während Melisande davonhastete, um die Hebamme zu holen.
    »Wenn du so weitermachst, ist der Boden bald ganz ausgetreten«, warnte Joscelin of Louvain Will. Er war Adelizas unehelicher jüngerer Halbbruder, der Weihnachten aus Brabant eingetroffen war, um in Arundel den Posten des Kastellans zu übernehmen. Er war so schlank und schmal wie seine Schwester und hatte lachende graue Augen.
    Will ging immer noch auf und ab. »Wir warten jetzt schon einen ganzen Tag und eine Nacht«, knurrte er. »Warum dauert eine Geburt so lange?«
    Joscelin zuckte die Achseln. »Das musst du eine Frau fragen«, grinste er. »Sie nehmen sich immer alle Zeit der Welt und ändern ihre Meinung von einem Moment zum anderen.«
    »Bis heute habe ich mich eigentlich für einen geduldigen Mann gehalten. Es ist fast so schlimm wie am Hof«, murrte Will weiter. Das Warten, das rastlose Auf- und Abgehen, nicht zu wissen, was sich hinter verschlossenen Türen abspielte. Es gab viele Gemeinsamkeiten. Er nahm seinen Rundgang wieder auf, blieb dann aber stehen, ballte die Fäuste und öffnete sie wieder.
    Joscelin betrachtete ihn nachdenklich.
    »Was wird jetzt geschehen, nachdem der Bischof von Salisbury von Waleran de Meulans Männern angegriffen wurde?«
    Will verzog das Gesicht. »Das kannst du dir denken. Die Situation ist ausgesprochen heikel, und ich bin froh, hier zu sein und nichts damit zu tun zu haben.«
    »Stephen hat die Kontrolle verloren, oder?«
    Will schüttelte den Kopf. »Das kann man so nicht sagen. Der Bischof von Salisbury hat seit Jahren unrechtmäßig Reichtümer für sich und seine Familie angehäuft, sogar schon zu Lebzeiten des alten Königs. Dagegen hätte man schon längst etwas unternehmen müssen. Und als endlich eingeschritten wurde, sind die Dinge aus dem Ruder gelaufen, das ist alles.«
    Joscelin hob eine Braue. »Das ist eine schamlose Untertreibung.«
    »Stephen weiß, was er tut«, erwiderte Will dumpf. In Oxford war es zwischen den Rittern von de Meulan und des Bischofs von Salisbury zu einem Streit um die ihnen zugewiesenen Unterkünfte gekommen. Dieser Streit war zu einem handfesten blutigen Kampf ausgeartet, und die Bischöfe von Salisbury, Lincoln und Ely waren der Anstiftung zum Aufruhr beschuldigt, festgenommen und vernommen worden.
    »Hand an einen Bischof zu legen würde ich nicht als guten Weg bezeichnen, wenn man sich die Unterstützung der Kirche sichern will«, bemerkte Joscelin trocken.
    »Man hätte etwas spitzfindiger vorgehen können, das gebe ich zu, aber die Menge an Silber, die Salisbury abgezweigt hat, übertrifft alles bisher Dagewesene.«
    »Mag sein, aber die Bestrafung von Geistlichen fällt unter die Zuständigkeit des Erzbischofs von Canterbury und den Rest der Bischöfe, nicht unter die des Königs.«
    Will seufzte. »Es ist nun einmal passiert und lässt sich nicht wieder rückgängig machen. Nicht der weiseste politische Schachzug des Königs, zugegeben, aber jetzt müssen wir sehen, wie es weitergehen soll. Ich …« Er blickte auf, als eine Hebamme mit einem in eine Decke gehüllten Bündel eintrat.
    »Sire, Ihr habt einen Sohn.«
    Die Worte berührten Will so stark, dass er kaum zu atmen vermochte. »Und meine Frau, die Königin? Geht es ihr gut?«
    Die Frau lächelte breit, als sie ihm das Baby in die Arme legte. »O ja, Sire. Sie schickt Euch ihre Grüße und Euren Erben.«
    Will blickte in das winzige verschrumpelte Gesicht. Plötzlich bildete sich ein Kloß in seiner Kehle.
    »Ich habe einen Sohn«, sagte er mit gepresster Stimme zu Joscelin. »Einen Prinzen, denn seine Mutter ist eine Königin. Einen Sohn, der den Familienstammbaum weiterführt.« Seine Brust schnürte sich vor Rührung zusammen. Er reichte das Baby an Joscelin weiter, der seinen Neffen behutsam entgegennahm, ein paar angemessene Worte murmelte und ihn gerade so lange hielt, dass es nicht unhöflich wirkte, bevor er ihn Will erleichtert zurückgab.
    Will war so stolz und verzückt, dass er seinen Sohn am liebsten den ganzen Tag mit sich herumgetragen hätte, aber das Kind war in dem sicheren Hafen der Frauengemächer am besten aufgehoben. Vorsichtig hielt er es der Hebamme hin. »Bring ihn zu seiner Mutter zurück und sag ihr, ich komme zu ihr, sobald sie bereit ist, mich zu empfangen. Sag ihr auch, dass er morgen früh getauft werden soll. Ich werde

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