Die Hüterin des Hauses (Romantic-Thriller, Unheimlich) (German Edition)
erwiderte er. "Ich werde zusehen, am Wochenende zu Hause zu sein. Wie geht es dir?"
"Gut", sagte Janice und stellte überrascht fest, daß es durchaus der Wahrheit entsprach. Seit sie Sarah in der Nacht gesehen hatte, spürte sie einen unendlichen Frieden in sich.
"Das freut mich", meinte Roman. "Siehst du, es geht wieder aufwärts, Janice. Nach so einem Schlag, braucht es ein paar Tage, bis man sein inneres Gleichgewicht zurückgewonnen hat. Auch wenn es hart klingen mag, das Leben geht nun einmal weiter und das ist gut so."
Du hast auf jeden Fall Sarahs Tod leicht verkraftet, Roman, dachte die junge Frau erbittert. Wieder fiel ihr ein, was ihr Colin am Vortag erzählt hatte. Nach wie vor konnte sie sich Roman zwar nicht als Drogenhändler vorstellen, dennoch sagte sie: "M i ster Alclair hat mich gestern besucht. Wir haben über Sarah g e sprochen. Er erzählte mir, daß er sich an jenen Morgen über die Party mit ihr unterhalten hat. Außerdem hatte sie ihm wieder ei n mal eine ihrer üblichen Räubergeschichten aufg e tischt."
"So", bemerkte Roman. Es klang gleic h gültig.
Janice atmete innerlich auf. Colin irrte sich auf jeden Fall. W ä re Roman wirklich schuldig gewesen, hätte er zumindest mehr über diese Geschichte wissen wollen. Trotzdem gab sie sich noch nicht zufrieden. "Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte mir Sarah verraten, daß sie eines Tages Mister Alclair heiraten würde. Sie ist ganz vernarrt in ihn gewesen. Ich möchte nicht wissen, was sie ihm alles für Geheimnisse anve r traut hat."
"Janice, bitte sei mir nicht böse, aber du weißt, wie ich zu di e sem Mann stehe", erwiderte ihr Verlobter. "Müssen wir uns unb e dingt über ihn unterhalten?" Er lachte leise auf. "Gibt es nichts Wichtigeres? Ich denke da an uns be i de."
So froh Janice war, daß Roman selbst diesen furchtbaren Ve r dacht zerstreut hatte, so bedrückend empfand sie seine Kälte allem gegenüber, was Sarah betraf. Er hatte ihr zwar nach Sarahs Tod beigestanden und versucht, Halt zu geben, aber jetzt kam es ihr vor, als würde er überhaupt nicht mehr an ihre Schwester denken. Auch wenn sie nicht gut miteinander ausgekommen waren, konnte er sie doch nicht einfach aus seiner Erinnerung streichen.
Nachdem Roman sich schon längst von ihr verabschiedet hatte, hielt Janice noch immer den Hörer in der Hand und dachte über sich und ihren Verlobten nach. Sie gestand sich ein, daß sie sich nicht auf das Wochenende freute. Erschreckend machte sie sich klar, daß Roman fast zu einem Fremden für sie gewo r den war.
"Ich bin zum Lunch nicht zu Hause, Mistreß Pike", sagte sie und griff nach ihrer Jacke. "Falls ein Anruf für mich kommt, soll man es gegen Abend noch ei n mal versuchen."
"Fahren Sie weg, Miss Corbett?"
"Nein, ich besuche nur Mister Alclair", erwiderte die junge Frau. "Das heißt, ich nehme meinen Wagen. Auf dem Rückweg fahre ich zum Friedhof."
Janice wußte, daß sich Colin über ihren unerwarteten Besuch freuen würde. Sie wollte ihm von Sarah erzählen. Es würde ihn sicher interessieren, daß sie in der vergangenen Nacht ihre Schw e ster gesehen hatte. Roman gegenüber hatte sie davon absichtlich nicht erwähnt. Sicher hätte er ihr nur besorgt geraten, wieder die Beruhigungstropfen zu nehmen, die ihr von Doktor Morten ve r ordnet worden waren.
Die Fahrt zum Verwalterhaus dauerte nur ein paar Minuten, aber noch bevor die junge Frau ihren Wagen zum Stehen brachte, stellte sie fest, daß Colin scheinbar nicht zu Hause war. Sein Po r sche stand nicht in der Garage. Trotzdem stieg sie aus und klinge l te an der Haustür. Enttäuscht wendete sie den Wagen und fuhr nach Gree n sted.
Der Friedhof lag fast menschenleer vor ihr. Janice entdeckte nur zwei alte Frauen, die auf den Gräbern ihrer Männer frische Blumen einpflanzten. Grüßend nickte sie ihnen zu und wandte sich dem neueren Teil der Anlage zu.
Sarahs Grab lag in der Nähe einer riesigen Trauerweide, deren Äste fast den Boden berührten. Ein Strauß zartroter Rosen steckte in dem kleinen Hügel. Sie ahnte, wer Sarah die Rosen gebracht hatte. Es konnte nur Colin gewesen sein. Geistesabwesend berüh r te sie eine der vollen Knospen.
Janice blieb fast zwanzig Minuten am Grab ihrer Schwester, dann kehrte sie zum Parkplatz zurück, aber noch bevor sie ihn erreichte, überlegte sie es sich anders. Ein schmaler Pfad führte in einen Teil des Friedhofs, in dem seit fast achtzig Jahren niemand mehr beigesetzt worden war. Sie hoffte, dort auch
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