Die Hure Babylon
bleibe trotzdem. Es sind ein paar Rechnungen zu begleichen.«
»Übrigens, als wir noch in Antiochia waren, habe ich an Ermengarda geschrieben. Und ihr ausgerichtet, was du mir gesagt hast.«
Bei diesen Worten kam ein Anflug von Wehmut über Arnauts Gesicht. Aber gleich beherrschte er sich wieder. »Das freut mich«, sagte er nur. »Grüße sie von mir.«
»Das werde ich. Ganz bestimmt.«
Arnaut drängte ihm noch einen Beutel Goldmünzen auf für eine bequeme Schiffsreise, verschwieg ihm jedoch, dass es sein letztes Geld war. Bertran und er waren jetzt mittellos und ohne einen Herrn. Sie würden sich etwas überlegen müssen.
Als alle zusammen am Lagerfeuer saßen, war ihnen schmerzlich bewusst, dass dies der letzte gemeinsame Abend sein würde. Jori und Severin würden in jedem Fall bei Arnaut bleiben, und auch Constansa war dies recht. Joana dachte nicht weiter darüber nach. Sie ging, wohin Jori ging. Dann waren da noch Duran und ein gewisser Enric, die mit ihnen reiten wollten, und natürlich Ferran, für den die Freunde zur Familie geworden waren.
Die Übrigen würden sich am Morgen auf den Weg nach Jerusalem machen. Einige wollten sich dort wieder der
militia
anschließen, andere zog es nach dem Besuch der heiligen Stätten zurück in die Heimat. Es wurde ein rührseliger Abend voller Abschiedsschmerz und langer Versprechen, sich für immer in guter Erinnerung zu behalten und füreinander zu beten.
»Hör mal, Ferran«, sagte Arnaut zu ihm später in der Nacht, als viele schon schliefen. »Ich weiß, du willst bei mir bleiben, und deine Treue freut mich sehr. Aber ich möchte, dass du dich zuerst um Elena und um Munira und ihr Kind kümmerst. Versprich mir, dass du sie heil bis nach Jerusalem bringst. Es bedeutet mir viel.«
Ferran zögerte einen Augenblick. Doch dann zeigte er sich einverstanden. »Gut. Wenn du es so wünschst. Aber anschließend komme ich zurück. Wo finde ich euch?«
Arnaut lachte. »Keine Ahnung,
ome.
Irgendwo zwischen hier und Antiochia. Ich will Bertran überreden, sich dem Prinzen anzuschließen.«
»Verstanden«, grinste Ferran und umarmte Arnaut. »Und jetzt leg ich mich aufs Ohr. Wir sehen uns dann in Antiochia.«
Elena hatte in ihrem Zelt auf ihn gewartet. Sie schlang die Arme um ihn und legte ihren Kopf auf seine Brust.
»Danke, dass du dich von mir verabschiedest.«
Arnaut küsste zärtlich ihre Stirn. »Ferran wird euch sicher nach Jerusalem bringen. Wirst du dort bleiben?«
Sie nickte. »Ich hab ja noch dein Geld. Das ist mehr als genug für einen kleinen Laden. Munira wird mir helfen. Und ich freu mich, dass du Lois Bernat erlaubst mitzukommen. Zu dritt werden wir bald reich werden.«
Arnaut musste lachen. »Da bin ich mir sicher.«
So hielten sie sich noch lange fest umschlungen. Elena weinte ausgiebig, doch Arnaut wusste, am Morgen würde sie aufstehen und mit frischem Mut ihr neues Leben in Angriff nehmen. Dass sie die Schrecken des langen Marsches und der Schlachten überleben würde, das bedeutete ihm in dieser Nacht mehr als alles andere.
♦
»Was hast du nun vor?«, fragte Arnaut, als Bertran nach seinem Besäufnis wieder einigermaßen ansprechbar war. »Wir haben immer noch ein paar Männer und Pferde zu versorgen. Wie soll’s also weitergehen?«
Bertran stierte ihn aus rotgeränderten Augen an. Dass er nicht nach Antiochia wollte, hatte er mehrfach klargemacht. »Wir nehmen, was wir brauchen, und zwar bei meinem gottverfluchten Vetter«, brummte er.
»Du willst doch nicht etwa die Stadt angreifen?«, fragte Severin. »Der Brocken ist selbst für ein ganzes Heer zu groß.«
»Nicht die Stadt. Das Land. Die Grafschaft hat genug, um uns zu ernähren. Wir nehmen, was mir ohnehin zusteht. Wir werden uns wie die Läuse in Raimons Pelz festsetzen und sein Blut aussaugen.«
Das gefiel ihnen schon besser.
Und so folgten Monate eines wilden Räuberlebens, eine Zeit des rastlosen Umherwanderns und blutigen Katz-und-Maus-Spiels mit den Truppen des Grafen von Tripolis. In einem Sommer von ungewöhnlicher Gluthitze führten sie einen regelrechten Privatkrieg auf dem Boden der Grafschaft, denn Bertran war versessen darauf, seinem Vetter zu schaden, wo er nur konnte. Auf Arnauts Rat jedoch taten sie dies in einer Weise, die nicht die Landbevölkerung gegen sie aufbrachte, denn Bertran hegte noch immer die Hoffnung, die Grafschaft eines Tages in seine Gewalt zu bekommen.
An unerwarteten Stellen tauchten sie auf und überfielen Karawanen, die für Tripolis
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