Die Hure Babylon
gelegentlich die Federn zurechtstutzt.«
»Ach, so meinte ich das nicht.«
Sie legte ihre Arme um mich und strich mir übers Haar. »Quäl dich nicht, Kind. Schau lieber in die Zukunft. Es gibt Besseres zu tun, als über Männer zu weinen.«
»Du hast recht«, sagte ich und wusste doch, dass sie Arnaut fast ebenso geliebt hatte wie ich. »Bring mir also Felipe herein.«
Lässig und mit einem fröhlichen Grinsen trat Felipe an mich heran und küsste mir die Hand. Dann warf er sich auf einen Stuhl und schlug die Beine übereinander.
»Es wird Zeit, dass wieder Feste gefeiert werden, Ermengarda«, begann er. »Dieses alte Gemäuer ist schon düster genug. Wir sollten es endlich wieder beleben mit Kerzenschein und Wein, Gelächter und Gesang und vor allem mit einem leckeren Fressen. Was sagt Ihr dazu,
Domna
Anhes? Hab ich nicht recht?«
»An mir soll’s nicht liegen,
Senher
Felipe«, erwiderte Anhes. Mit einer angedeuteten Verbeugung verließ sie den Raum.
»Was hat das zu bedeuten, Felipe?«
»Seit Arnaut fort ist, ist es nicht mehr lustig bei dir.«
»Muss es immer lustig sein?«
»Wo sind die rauschenden Feste, die du gegeben hast? Wo die Gesellschaft der Freunde? Die Leute beklagen sich. Einige deiner
trobadors
haben schon die Stadt verlassen, denn hier gibt’s nichts mehr zu gewinnen.« Er sprang auf und bediente sich mit Wein. »Willst du auch?«
»Nein danke.«
»Im Ernst. Ein Fürst sollte seine Getreuen um sich sammeln, großzügig sein, Freundschaften pflegen, nicht in Trübsal verharren.«
»Du hast recht.«
»Seit Monaten hältst du dich versteckt. Deine Freunde wollen wieder den Glanz deiner Schönheit erstrahlen sehen.«
»Bin ich hässlich geworden?«
Er trat näher, kniete vor mir nieder und fasste meine Hand. »Es gibt auch noch andere, die dich lieben.«
Es war leichthin gesagt, und doch wusste ich, wie ernst es in Wahrheit gemeint war. Felipe hatte nie aufgehört, Gefühle für mich zu hegen. Er war ein paar Jahre älter als Arnaut. Ein gutaussehender Mann, breitschultrig, mit schlanken Hüften und einem Kopf voller rotblonder Locken. Welche Frau würde sich nicht in ihn verlieben? Nina hatte sich nach ihm verzehrt und mich verflucht, als ich sie nach Spanien verheiraten musste.
Ich strich ihm zärtlich durch sein Haar.
»Ich weiß das, Felipe.«
»Warum weinst du?« Er sah mir forschend in die Augen. »Habe ich etwas Unpassendes gesagt?«
»Ich denke an die alten Zeiten. Wie glücklich wir auf unserer Flucht durch die Berge waren, neugierig, unbeschwert, trotz aller Gefahren. Du hattest nur Augen für mich, und Arnaut war eifersüchtig.«
Sein Gesicht verdunkelte sich. »Am Ende war ich es, der Grund hatte, eifersüchtig zu sein. Und bin es noch immer.«
»Du bist verheiratet, Felipe.«
»Was ändert das?«
»Du hast Kinder.«
Er erhob sich und wanderte erregt mit dem Weinkelch in der Hand auf und ab. »Mich hättest du heiraten sollen, Ermengarda. Einen Menerba.«
»Auch wenn ich es gewollt hätte, man hat mir keine Wahl gelassen.«
»Stattdessen hast du diesen Bauerntölpel gewählt.«
»Felipe, nicht in diesem Ton. Außerdem ist er dein Freund.«
»Ja, verflucht. Das macht es nur noch schwerer.« Gereizt marschierte er im Raum umher. »Deshalb ist er trotzdem nur ein kleiner Landbaron, der sich mit deiner Hilfe über andere erheben will.«
»Arnaut erhebt sich über niemanden. Er ist eher ein bescheidener Mann. Und alles, was er hier errungen hat, ist sein eigenes Verdienst gewesen.«
»Nur, weil er ein guter Krieger ist und dir mal einen Gefallen getan hat? Deshalb hängst du immer noch an ihm?«
»Ich hänge nicht an ihm. Hör auf, solche Dinge zu sagen.«
Ich war ebenfalls aufgesprungen, denn langsam ärgerte mich sein Gerede. Vielleicht weil er mich an einer empfindlichen Stelle getroffen hatte. Er hatte ja recht. Mein Herz war nach wie vor an diesen Mann gekettet, auch wenn ich diese Schwäche in mir inzwischen hasste.
»Du bist die v
escomtessa
von Narbona«, rief er, »und hast Besseres verdient als einen dahergelaufenen Ritter. Oder bist du wie all die anderen Weiber, die ihn anhimmeln, wenn er im
tornei
einen Sieg erringt.«
Mir stieg das Blut ins Gesicht. »Jetzt reicht es, Felipe.«
»Warum verteidigst du ihn? Ich dachte, du hasst ihn.«
»Wenn jemand Grund hat, ihn zu hassen, dann bin ich das. Dir steht dieses Recht nicht zu. Ich dulde nicht, dass du so von ihm redest. Oder hast du vergessen, was du ihm schuldest?«
»Ich weiß, ich weiß. Aber
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