Die Hure: Roman (German Edition)
meine Kasse sagt ka-tsching
und ich lach auf dem Weg zur Bank.
ALS PRIVATUNTERNEHMERIN MUSS MILLA ihre Freier selbst auswählen. Das ist mitunter schwierig, täglich kommen ein Dutzend Anfragen. Ich sollte mir eine Bürokraft besorgen, denkt sie.
Im Hotel Cummulus wird Milla von einem blonden Mann mit schlechter Haltung erwartet, der sich Julian nennt. Milla sagt, sie heiße Karmilla.
»Geil«, erwidert der Mann ziemlich trocken. Er bittet Milla, sich aufs Bett zu legen. »Ich möchte, dass du schläfst«, sagt er.
»Ist dir klar, dass ich pro Stunde bezahlt werde?«
»Ja, ja, ich hab reichlich Geld. Leg dich schlafen.«
Milla schlüpft unter die Decke. Julian singt ihr ein Schlaflied. Milla war immer schon eine gute Schläferin, daher schläft sie bald ein. Ebenso rasch erwacht sie davon, dass Julian ihr die Decke weggerissen hat und an ihrem Slip herumfuhrwerkt.
»So ist das also«, meint Milla.
»Sei still«, keucht Julian.
»Du hast wohl vor, ein Kondom zu benutzen?«
Julian antwortet nicht, aber allem Anschein nach hat er es nicht vor. Manche Männer sind einfach so, sie wollen eine schlafende Frau zu nicht einvernehmlichem ungeschütztem Sex zwingen. Wir alle haben unsere kleine persönliche Perversion, und das ist ganz in Ordnung.
Nein, ist es nicht. Diejenigen, die es in Ordnung finden, sollen sich die Kugel geben.
Zum Glück haben die Huren ihre Schutzheilige! Aphrodite hat ihre Verwandte Artemis, die in einem Helsinkier Park wohnt, beauftragt, den Mädchen Selbstverteidigung beizubringen. Millas Technik ist noch nicht ausgereift, aber ein paar harte Stöße mit dem Ellbogen in Julians Gesicht zeigen Wirkung. Leider bricht Milla dabei allerdings im Eifer des Gefechts Julian das zarte Genick. Der Mann fällt leblos aufs Bett.
»Oho«, sagt Milla und zieht ihren Slip an.
Es widerstrebt ihr, Julians Leiche im Hotelzimmer zu lassen und womöglich wegen Totschlags angeklagt zu werden. Sie ruft Aphrodite an und erzählt ihr, was passiert ist.
»Aber er hat doch versucht, dich zu vergewaltigen, gibt dir das nicht das Recht, dich zu verteidigen?«
»Natürlich nicht! Hast du denn gar keine Ahnung von der finnischen Rechtspraxis?«
»Eigentlich nicht.«
Aphrodite verspricht, Milla sofort zu Hilfe zu eilen.
»Oje, er ist tot«, stellt sie nach ihrer Ankunft fest.
»Es war ein Versehen.«
»Na, ein großer Verlust ist es nicht.« Aphrodite verzieht den Mund: Julian war kein schöner Mann. »Mir fällt bloß eine Lösung ein«, sagt sie und holt eine Knochensäge aus der Tasche.
Sie sägen den armen Julian in der Badewanne in kleine Stücke, die sie in der Toilette herunterspülen.
»Der ganze Abend für die Katz«, stellt Milla fest.
»Hat er nicht mal bezahlt?«
Aphrodite wühlt in den Kleidern des dahingeschiedenen Julian und findet seine Brieftasche, die eine beachtliche Summe Bargeld enthält. »Ist das eine angemessene Entschädigung für unsere harte Arbeit?«
»Können wir das einfach nehmen?«
»Er braucht es ja nicht mehr.«
MILLA UND APHRODITE: Hahaa!
Milla und Aphrodite gehen in einen Nachtclub, wo sie reichlich Alkohol trinken. Milla sei doch hoffentlich nicht traumatisiert, erkundigt sich Aphrodite. Milla sagt, sie komme schon klar und es sei gut zu wissen, dass sie sich verteidigen könne, falls ihr noch einmal etwas Ähnliches zustoße. Aphrodite ist schon ziemlich beschwipst und setzt sich in den Kopf, Artemis einzuladen.
Artemis kommt ein wenig widerstrebend in den Nachtclub. Sie geht nicht gern in vornehme Lokale, weil die Menschen dort so oberflächlich sind.
Auf ihr Äußeres legt sie keinen Wert. Sie sieht immer ein bisschen schäbig aus, die dunklen Haare schon leicht angegraut, keine Schminke, Männerkleidung, zu mager, zu lange Ponyfransen. Trotzdem ist sie ausgesprochen unterhaltsam. Obwohl sie gelegentlich Drogen nimmt.
Artemis lobt Milla, weil sie mit der schwierigen Situation fertiggeworden ist, weist aber darauf hin, dass es ratsam ist, immer ein Klappmesser bei sich zu haben, weil das die beste Waffe sei. Milla lächelt und nickt, sie möchte ihrer Lehrerin gefallen, denn sie hat eigentlich schon lange keine Mutterfigur mehr.
»Wollt ihr Acid?«, fragt Artemis.
»Das ist dermaßen Siebzigerjahre«, meint Aphrodite und lacht.
»Na ja, aber ich mag nicht saufen. Das Bier schmeckt hier wie Pisse.«
»Na gut, dieses eine Mal.«
Sie nehmen alle ein bisschen LSD.
Und dann kommen die Pferde. Sie umringen die Frauen. Aus allen Richtungen kommen sie. Weiße,
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