Die Hure und der Krieger
an, denn der Gedanke an ihre einsame Kammer war mehr, als sie ertragen konnte. In Gesellschaft guter Freunde wurde der Schmerz in ihrem Herzen ein wenig schwächer, und auch zu lächeln, stellte sie fest, tat nicht mehr gar so weh.
Keeley erwachte, als es leise an ihrer Tür klopfte. Sie rieb sich die Augen und blinzelte verwirrt. Die Morgendämmerung war noch fern. Es war nicht lange her, dass sie sich hingelegt hatte, nachdem sie die halbe Nacht bei Mairin gewesen war.
In der Hoffnung, dass nichts vorgefallen war, stemmte sie sich vom Bett hoch, schlich zur Tür und öffnete sie einen Spaltbreit.
Als sie Caelen erblickte, zog sie die Tür weiter auf. „Caelen? Ist etwas geschehen?“
Er hielt sich einen Finger an die Lippen und neigte sich vor. „Alaric schickt mich, er will dich sehen. Er wollte nicht das Wagnis eingehen, selbst zu deiner Kammer zu kommen.“
Keeley schluckte. „Wo?“
„Zieh dir etwas Warmes an, er ist unten am Loch . Dort, wo Crispen immer Steine übers Wasser springen lässt.“
„Wartet kurz, ich bin gleich so weit.“
Rasch kleidete sie sich an und trat auf den Gang, wo Caelen wartete. Mitten auf der Treppe blieb sie stehen und musterte ihn stirnrunzelnd.
„Euch ist klar, dass jemand, der uns sieht, denken wird, dass Ihr und ich ... dass wir ... also ...“
„Aye“, sagte Caelen leise. „Ich weiß.“
Keeley biss sich auf die Unterlippe und schritt weiter die Stufen hinab. Caelen hielt sich dicht bei ihr, als sie den Wohnturm hinter sich ließen und in der Finsternis zum See hinuntergingen. Sie tauchten in den kleinen Hain ein, der kurz vor dem See endete. Mehrere Findlinge ragten an dieser Stelle des Ufers ins Wasser hinein.
„Danke, Caelen.“ Alaric trat vor.
„Ich warte zwischen den Bäumen.“ Caelen zog sich zurück. Bang wandte sie sich Alaric zu. Ihr war, als sei es eine Ewigkeit her, dass sie sich zuletzt gesehen, dass sie sich berührt oder geküsst hatten.
Alaric fasste sie bei den Händen. „Ich musste dich heute Nacht sehen. Ein letztes Mal, bevor ich morgen mein Ehegelübde ablege. Dieses nämlich werde ich nicht brechen. Ich werde weder meine Frau noch meinen Clan hintergehen.“
Keeley spürte Tränen in den Augen, als sie den Mann betrachtete, den sie mehr liebte als ihr Leben. „Aye, das weiß ich.“
Er führte sich ihre Hände an die bebenden Lippen. „Du sollst wissen, dass ich dich liebe, Keeley McCabe. Ich werde dich immer lieben. Ich will, dass du glücklich wirst. Ich will, dass du einen Mann findest, der dich so sehr liebt, wie ich dich liebe, und der dir die Familie schenkt, die du verdient hast.“
Die Tränen brachen sich Bahn und rannen ihr über die Wangen. „Auch ich will, dass Ihr glücklich werdet, Alaric. Rionna ist eine gute Frau und wird Euch eine gute Gemahlin sein. Versucht, sie zu lieben. Sie verdient es, geliebt zu werden.“
Er schloss sie in die Arme und hielt sie fest, sein Kinn ruhte auf ihrem Scheitel. „Ich tue alles, worum du mich bittest, Keeley.“ „Dann seid glücklich“, hauchte sie. „Behaltet mich in liebevoller Erinnerung. Ich werde unsere gemeinsame Zeit nie vergessen und sie auf immer im Herzen verwahren. Ihr seid ein wunderbarer Mann und ein stolzer Krieger. Der McDonald-Clan wird umso größer sein, wenn Ihr erst Laird seid.“
Widerstrebend löste er sich von ihr, und sie wusste, dass.es an der Zeit war, ihn gehen zu lassen. Die Brust war ihr so eng, dass jeder Atemzug eine Qual war. Sie wappnete sich, entschlossen, stark zu sein und den Abschied mit Würde und Anmut zu meistern. Er verdiente es. Das Letzte, was er am Vorabend seiner Hochzeit brauchte, war eine in Tränen aufgelöste ehemalige Geliebte.
Sie strich ihm mit den Fingern über den kräftigen Kiefer, zeichnete die geschwungenen Linien seiner Wangenknochen nach.
„Ich wünsche Euch ein langes Leben und Glück, Liebster.“
Er ergriff eine ihrer Hände und hauchte einen Kuss auf die Innenfläche. Als sie ihm die Hand entzog, war diese nass von seinen Tränen. Dass ihr Krieger beweinte, was nicht sein konnte, war mehr, als sie ertrug.
Hastig drehte sie sich um und strebte auf das Wäldchen zu. „Caelen“, rief sie leise.
„Ich bin hier.“ Er trat aus dem Schatten.
„Bitte bring mich zurück“, sagte sie so beherrscht, wie sie vermochte.
Er fasste sie am Arm und führte sie zurück zur Burg. Mit jedem Schritt wuchs der Schmerz in ihr, bis sie meinte, er werde sie zerreißen.
Schweigend betraten sie den Wohnturm. Caelen
Weitere Kostenlose Bücher