Die Hure und der Krieger
und wie du dich durchschlägst.“ „Und dennoch hast du nach ihrem Tod nichts getan, ja nicht einmal von dir hören lassen“, entgegnete Keeley verbittert.
Rionna seufzte und verzog unglücklich das Gesicht. „Die Leute, die zu dir gekommen sind und dich um Hilfe gebeten und dafür mit Münze oder Wild bezahlt haben - die habe ich geschickt. Ich habe keine andere Möglichkeit gesehen, um sicherzustellen, dass du versorgt warst und alles hattest, was du brauchtest.“
Keeley rief den Kummer in sich wach, den sie durchlitten hatte, und ballte die Hände zu Fäusten, um nicht weich zu werden. „Was ich gebraucht hätte, waren deine Liebe und deine Unterstützung, die Unterstützung meines Clans. Kannst du auch nur annähernd nachvollziehen, wie es ist, verstoßen zu werden? In dem Wissen, nie zurückkehren zu dürfen? Wie es ist, für all jene gestorben zu sein, unter denen ich geboren wurde und aufgewachsen bin?“ Zaghaft ergriff Rionna ihre Hand, als habe sie Angst, dass Keeley zurückzucken würde.
„Ich konnte dich nicht wieder auf die Burg holen, Keeley.“
Ruckartig hob sie den Kopf und starrte ihre Cousine verstört an. „Warum nicht?“
Rionna schaute beschämt drein und wandte den Blick ab. In ihren goldenen Augen schimmerten Tränen.
„Er war wie besessen von dir, Keeley. Er hätte dich niemals in Ruhe gelassen. Dafür zu sorgen, dass du dich von ihm fernhältst, war der einzige Weg, dich zu schützen. In seiner Nähe wärst du nie sicher gewesen.“
Keeleys Herz tat einen Satz, als ihr aufging, dass Rionna die Wahrheit sagte. Die Erkenntnis traf sie wie ein Fausthieb. Sie hatte die Begierde in Laird McDonalds Augen gesehen und gespürt, wie verzweifelt er sie wollte. Seine Lust war in all den Jahren nicht schwächer geworden. Im Gegenteil, es schien, als habe er nur auf eine weitere Gelegenheit gewartet.
„Oh, Rionna“, hauchte sie.
„Unter anderem habe ich deshalb eingewilligt, Alaric McCabe zu heiraten“, fuhr Rionna fort. „Denn wenn mein Vater nicht länger Laird ist, könnte ich dich nach Hause holen. Die McCabes sind ehrenwerte Menschen. Alaric würde niemals zulassen, dass mein Vater dir etwas antut. Wir könnten wieder Schwestern sein.“ Keeley brannten die Augen, und lange unterdrückte Trauer ließ ihr die Kehle eng werden, während ihr Herz sich nach der unwiederbringlichen Unschuld zweier Mädchen sehnte.
„Ich habe dich nie vergessen, Keeley. Nicht ein Tag ist vergangen, an dem ich mir keine Sorgen um dich gemacht habe. Ich habe dich stets wie eine Schwester geliebt, und mir ist bewusst, dass du allen Grund hast, wütend zu sein. Dennoch würde ich es dir nicht verübeln, wenn du mir nie vergeben könntest. Aber ich habe das einzig Mögliche getan, um dich vor Unheil zu bewahren.“
Keeley beugte sich vor und schloss Rionna in die Arme. So saßen sie eine ganze Weile da, und kämpften schniefend gegen die Tränen an. Keeley wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte ihren Schmerz so lange gehegt, und nun erkannte sie, dass Rionna ebenso gelitten hatte wie sie.
„Als man mir zutrug, du seiest aus deiner Kate verschwunden, habe ich mir Gedanken gemacht.“ Rionna löste sich von ihr. „Wie kommt es, dass du bei den McCabes bist?“
Mit einem Mal fühlte sich Keeley schuldig. Sie konnte Rionna unmöglich erzählen, was geschehen war. Dass sie eine Liebschaft mit Alaric eingegangen war. Unmöglich konnte sie Rionna wehtun, indem sie ihr eröffnete, dass ihr zukünftiger Gemahl eine andere liebte. Daher legte sie sich rasch eine Lüge zurecht und sprach sie ohne Skrupel aus.
„Laird McCabe brauchte eine Heilerin, da die Niederkunft seiner Frau kurz bevorstand. Dass er mich holte, ist einem zufälligen Zusammentreffen zu verdanken. Er bot mir Heim und Schutz, und diese Gelegenheit habe ich nicht ungenutzt verstreichen lassen.“ Rionna musterte sie beklommen. „Bist du glücklich hier? Behandelt man dich gut?“
Keeley lächelte und nahm Rionnas Hand. „Aye, das bin ich. Die McCabes sind nun meine Familie.“
„Ich bin froh, dass du meiner Hochzeit mit Alaric beiwohnen kannst. Niemanden hätte ich dabei lieber an meiner Seite als dich.“ Es kostete Keeley alle Selbstbeherrschung, Rionnas Worte unbewegt hinzunehmen.
Von Gefühlen überwältigt, zog Rionna sie abermals in die Arme und drückte sie. „Ich will dich nicht noch einmal verlieren, Keeley. Versprich mir, dass du mich besuchst und mir bei der Geburt meines ersten Kindes hilfst. Ich will nie wieder so
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