Die Hure von Rom - Walz, E: Hure von Rom
päpstlichen Beichten und vatikanischen Intrigen, voller Verlusten und Katastrophen. Und nun das: Ein Rosenkranz lag rechts statt links.
»Sicher«, sagte er unter Aufbietung aller Geduld, »ich werde mein Möglichstes tun.«
»Danke«, sagte Carlotta. »Ich weiß, Ihr habt viel um die Ohren.«
»Ja.« Er blickte zu Boden, wo sich im Licht von Carlottas Fackel das kaum verwaschene Blut von Sebastiano dunkel abhob.
»Ja, es ist noch viel zu tun.« Und er musste endlich damit anfangen.
»Ich wünschte«, sagte sie mit Blick auf dieselben Flecken, »ich könnte Euch dabei helfen.«
Nachdenklich sah er sie an. Er wollte heute Abend nicht allein sein mit seinem Zorn, er wollte nicht an Antonia denken. »Vielleicht könnt Ihr das tatsächlich.«
Sie waren in Maddalenas Villa, es war schon tief in der Nacht. Seit dem Tag nach Maddalenas Ermordung war Sandro nicht mehr dort gewesen. Die Bewachung, die er angeordnet hatte, war aufrechterhalten worden, aber das war nur eine Vorsichtsmaßnahme gewesen. Für ihn hatte Maddalenas Villa alle Geheimnisse preisgegeben, die es wert waren, entdeckt zu werden. Seit heute jedoch war er sich da nicht mehr sicher. Was ihn stutzig machte, ihm aber bisher nicht aufgefallen war, war die Tatsache, dass er bei der ersten Durchsuchung der Villa vor drei Tagen überhaupt keinen Schmuck und nur sehr wenig Geld gefunden hatte, und zwar genau einen Dukaten und zwölf Denare. Es war jedoch nicht anzunehmen, dass eine Frau wie Maddalena keine Schmuckkassette und derart wenig Geld im Hause hatte. Immerhin war sie die Königin der Konkubinen, die Hure von Rom.
Der erste Gedanke dazu war ihm gekommen, als Ranuccio die fünftausend Denare erwähnte. Angenommen, Maddalena hätte sie tatsächlich bei sich gehabt, wo würde sie sie deponiert haben? Und auch wenn man davon ausging, dass Ranuccio diese Geschichte nur erfunden hatte, um etwas anderes zu verheimlichen: Es gab viele weitere ungeklärte Beträge wie beispielsweise die Barauszahlung der Apostolischen Kammer in Höhe von viertausend Dukaten, und ferner die erheblichen Gelder, von denen auf der Kundenliste die Rede war. Sandro hatte keine Wechsel gefunden, keinerlei Hinweise auf ein bestehendes
Konto. Doch große Beträge ließ man nicht einfach herumliegen oder verstaute sie in einem leicht zu öffnenden Sekretär. Also blieb, wenn man den Gedanken zu Ende spann, nur eine Variante übrig.
Maddalena hatte ein geheimes Depot in der Villa, wo sie Gelder vorübergehend oder längerfristig aufbewahrte. Das war nicht ungewöhnlich. Sandro erinnerte sich an das Geheimfach seines Vaters im Palazzo Carissimi, ein simples, hässliches Loch im Boden des Kellers, das wegen der erhöhten Lage des Palazzos absolut wassersicher war. Wäre es nicht ein Witz, dachte er, wenn er neulich, als er in Maddalenas Weinkeller gewesen war, direkt auf einem Vermögen gestanden wäre?
Carlotta pflichtete ihm bei, dass es ein Geheimfach geben müsse, gab aber zu bedenken, dass es vielleicht leer sein könne, weil das Geld gestohlen worden war. Sie teilten sich auf. Sie übernahm auf eigenen Wunsch die Privaträume Maddalenas, während er den Dienstbotentrakt und den Keller durchsuchte. Eine Wette, von Carlotta vorgeschlagen, nahm er an: Der »Gewinner« zahlte dem »Verlierer« drei Dukaten.
Natürlich würde er das Geld nicht annehmen, sagte er sich, als er in den Weinkeller hinabstieg. Und falls sie es ihm aufdrängte, würde er davon Gemüse, Fleisch, Eier und Salzfisch kaufen und ihr alles vorbeibringen.
Als ihm der Geruch von Wein in die Nase stieg, konnte er nicht widerstehen, sich etwas davon abzufüllen, und da es keine Becher gab, trank er aus dem Krug. Er räumte die Scherben des Bechers beiseite, den er vor einigen Tagen zerbrochen hatte, und klopfte mit den Fäusten den gepflasterten Kellerboden ab. Es war nur eine Frage der Zeit, wann er auf einen Hohlraum stoßen würde.
Doch stattdessen hörte er zunächst quietschende, knarrende Geräusche, die von oben aus Carlottas Revier kamen. Es dauerte
vielleicht vier, fünf Atemzüge lang, bis sie rief: »Bruder Sandro? Ich habe etwas gefunden.«
Sie hatte etwas gefunden? Und das in dieser kurzen Zeit?
»Seid Ihr sicher?«, rief er.
»Wenn Ihr nicht gleich hochkommt, das verspreche ich Euch, nehme ich heute Abend mehr als drei Dukaten ein. Wesentlich mehr.«
Er trank noch einen Schluck aus dem Krug, dann eilte er nach oben.
»Hier herüber.« Carlottas Stimme kam aus Maddalenas Schlafraum.
Als er
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