Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hurenkönigin (German Edition)

Die Hurenkönigin (German Edition)

Titel: Die Hurenkönigin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
Vom Netzwerk:
Unterzeichneten bedingen sich aus, dass die Gekündigte bis zu ihrem Ausscheiden am zweiten November im Jahre des Herrn 1511 ihrem Amt mit der notwendigen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit weiterhin nachzugehen und dafür Sorge zu tragen hat, dem Rat mit der Rekrutierung neuer Dirnen für die nunmehr ausgeschiedenen vier Frauen baldigen Ersatz zu schaffen. – Kund und zu wissen gegeben durch den vortrefflichen Herrn Bürgermeister Nikolaus Reichmann am 2. August im Jahre des Herrn 1511.«
    Der Herold nestelte einen zweiten Bogen hervor und reichte ihn der Zimmerin mit der Bemerkung: »Diese Abschrift ist für Euch.«
    Die Hurenkönigin war wie vom Donner gerührt und starrte regungslos vor sich hin. Erst als sich der Herold mit einem förmlichen Gruß aus dem Aufenthaltsraum entfernen wollte, kam wieder Leben in sie. Mit energischen Schritten ging sie auf den verdutzten Boten zu, baute sich stolz vor ihm auf und verkündete in eisigem Tonfall: »Ihr könnt Eurem Herrn Bürgermeister ausrichten, dass ich ihm den Bettel jetzt schon vor die Füße werfe!«
    Der Bote schluckte und murmelte verstört: »Der Magistrat hat aber bestimmt, dass Ihr noch bis November im Dienst zu bleiben habt …«
    Sie fuhr ihn an: »Der Magistrat hat mir gekündigt, daher hat er mir gar nichts mehr zu sagen! Ich entscheide, wann ich gehe oder bleibe!«
    »Zimmerin, macht Euch da mal keine Sorgen, das klären wir schon auf …«, suchte der Henker Ursel zu beschwichtigen.
    Diese machte eine abwehrende Handbewegung. »Die Sache mit Ingrid ist momentan wichtiger. Das mit der Kündigung steht auf einem ganz anderen Blatt«, erwiderte sie und rang sichtlich um Fassung. »Wir sollten uns jetzt jedenfalls nicht von unserem Vorhaben abbringen lassen, den Bürgermeister über alles in Kenntnis zu setzen.« Sie wandte sich an ihren Geliebten: »Bernhard, hast du die Schriftstücke alle beisammen?«
    Bernhard von Wanebach, dem der Schreck noch in den Gliedern steckte, nickte bekümmert, während er fahrig die Dokumente ordnete.
    »Worauf warten wir dann noch?« Die Hurenkönigin hatte sich erhoben und blickte Bernhard und den Henker ungeduldig an.
    Auf dem Weg zum Römerrathaus schnitt Ursel den beiden Männern jedes Mal das Wort ab, wenn sie die Kündigung ansprachen. »Ich will nichts mehr davon hören!«
    »Es tut mir leid, Zimmerin, aber das habt Ihr Euch selber zuzuschreiben«, erklärte der Bürgermeister, als die Hurenkönigin in Begleitung von Bernhard von Wanebach und dem Henker in sein Amtszimmer trat, und senkte betreten den Blick.
    »Deswegen sind wir nicht hier«, unterbrach ihn die Zimmerin schroff. Ohne weitere Umschweife unterrichtete sie den Schultheiß davon, dass Schwester Theodora sowohl den Schmähbrief an der Tür des Frauenhauses als auch die anonyme Botschaft an Bernhard von Wanebach verfasst hatte. Anschließend erklärte sie ihm, ihre Stellvertreterin Ingrid, die das alles aufgedeckt habe, halte sich seit nunmehr fünf Tagen im Kloster der Sankt-Spiritus-Schwestern auf, um mehr über die Nonne herauszufinden.
    »Und als ich Schwester Theodora vorhin auf Ingrid angesprochen habe, hat sie mir weismachen wollen, sie habe sich entschlossen, bei den Nonnen zu bleiben und eine Büßerin zu werden. Das würde Ingrid niemals tun, da bin ich mir sicher. Deswegen mache ich mir auch solche Sorgen um sie«, betonte die Zimmerin nachdrücklich.
    Der Bürgermeister hatte ihr schweigend zugehört und begutachtete die Schriftstücke, die ihm Bernhard von Wanebach vorlegte. Nachdem er zugeben musste, dass sie eindeutig dieselbe Handschrift trugen, murmelte er: »Wenig schön, das … Und ich muss sagen, das hätte ich Schwester Theodora gar nicht zugetraut. Da ist sie wohl in ihrem frommen Eifer, die Huren auf den Pfad der Tugend zu führen, etwas zu weit gegangen. Ich werde ihr dafür einen Verweis aussprechen, liebe Zimmerin, aber Eure Kündigung zurücknehmen, das kann ich leider nicht.«
    »Das ist auch nicht nötig«, sagte die Hurenkönigin schneidend. »Und es ist gleichfalls nicht nötig, darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Was indessen Schwester Theodora anbetrifft, so möchte ich Euch darüber in Kenntnis setzen, dass die Art und Weise, wie sie sich bei den Untersuchungen gebärdet, untragbar ist! Und ich verwehre mich ganz entschieden dagegen, dass diese Furie weiter auf meine Gildeschwestern losgelassen wird! Habt Ihr mich verstanden?« Die Zimmerin stemmte beide Arme auf Reichmanns Schreibtisch und bedachte den

Weitere Kostenlose Bücher