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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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verbeugten sich ehrerbietig vor dem hohen Gast. »Herzlich willkommen auf der Frankfurter Fasten- und Frühjahrsmesse, verehrter Herr Freiherr«, grüßte ihn der Bürgermeister salbungsvoll. »Es ist uns eine große Ehre, Eure Durchlaucht in unserer freien Reichsstadt begrüßen zu dürfen.«
    »Ich komme gerne nach Frankfurt. Und ich sehe schon, die Stadt am Main hat wie immer viel zu bieten.« Der Bankier aus Augsburg warf schmunzelnd einen Blick auf die Hübscherinnen.
    »Wir freuen uns, Eurer Durchlaucht später bei den freien Töchtern unserer Stadt einen kleinen Willkommenstrunk anbieten zu dürfen«, entgegnete Reichmann katzbuckelnd. »Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Reise?«
    »Danke der Nachfrage. Ich habe die Nacht auf Burg Königstein zugebracht, wo Graf Eberhard so freundlich war, mir Gastfreundschaft zu gewähren. Und von Königstein nach Frankfurt ist es ja nur noch ein Katzensprung.«
    Der Bürgermeister wies auf einen der Pferdeschlitten. »Wenn Ihr bitte Platz nehmen möchtet, Exzellenz«, bat er im Tonfall eines Domestiken. Ehe er sich an der Seite des Ehrengastes auf den Schafsfellen niederließ, murmelte er anbiedernd: »Ich bin so frei – wenn es gestattet ist?«
    »Aber nur, wenn sich die Hurenkönigin an meine andere Seite setzt«, sagte Fugger lachend und warf Ursel einen anzüglichen Blick zu.
    Die Zimmerin, die keine Lust hatte, sich neben den Bankier auf die schmale Sitzfläche zu zwängen und womöglich noch mit ihm auf Tuchfühlung gehen zu müssen, verzog unwillig das Gesicht. Mit Blick auf den kunstvollen Faltenwurf ihrer scharlachroten Atlasrobe erklärte sie: »Das wird mir zu eng, Herr Freiherr, dann verdrücke ich mir nur mein Kleid!«
    Sie ignorierte das empörte Schnauben des Bürgermeisters, hob graziös den Saum ihres Gewandes und ließ sich mit gelassener Miene auf dem gegenüberliegenden Sitzplatz nieder.
    Als sie sich dem Mainzer Tor näherten, fasste sich die Hurenkönigin ein Herz und erklärte dem Bankier unumwunden: »Herr Freiherr, es tut mir leid, aber Ihr werdet Euch wohl oder übel mit einer anderen vergnügen müssen. Als Hure stehe ich nicht mehr zur Verfügung. Schon seit vierzehn Jahren bin ich nur noch Frauenhauswirtin.«
    Fugger verzog enttäuscht die Mundwinkel. »Das ist aber schade!«, rief er aus. »Vielleicht könnt Ihr ja bei mir eine Ausnahme machen?«
    »Das wird sich doch bestimmt einrichten lassen!«, entgegnete der Bürgermeister anstelle der Hurenkönigin und bedachte die Zimmerin mit einem tadelnden Blick.
    Doch Ursel schüttelte den Kopf und sagte entschieden: »Nein, das wird nicht möglich sein.« Als sie Fuggers beleidigte Miene gewahrte, bemerkte sie besänftigend: »Ihr solltet deswegen aber nicht böse sein, lieber Freiherr. Im Gegenteil, Ihr werdet das Vergnügen haben, Euch stattdessen mit sehr viel jüngeren und hübscheren Damen zu vergnügen.«
    Gleich nachdem sich die Standespersonen in der Schankstube des Frauenhauses an der festlich gedeckten Tafel niedergelassen hatten, gab die Hurenkönigin Irene den Wink, sich neben den Ehrengast zu setzen – denn in der Tischordnung war vorgesehen, dass jedem der Herren eine Hübscherin beigeordnet wurde. Ehe sie selbst auf dem Stuhl zwischen dem Bankier und dem Bürgermeister an der Stirnseite des Tisches Platz nahm, machte sie Fugger mit seiner neuen Tischnachbarin bekannt: »Darf ich vorstellen, Eure Durchlaucht: die Hübscherin Irene aus Ulm. Ich dachte, es wäre Euch vielleicht angenehm, eine Landsmännin an Eurer Seite zu wissen.«
    Irene schenkte dem Bankier ein liebreizendes Lächeln und gurrte: »Sehr erfreut, Eure Durchlaucht!«
    Fugger verschlang die junge Ulmerin förmlich mit Blicken. »Ganz meinerseits, mein schönes Kind«, erwiderte er.
    Während des opulenten Festmahls, bei dem auch der Wein in Strömen floss, hatte Jakob Fugger nur noch Augen für Irene. Es dauerte nicht lange, da saß die Ulmerin schon auf seinem Schoß und betörte ihn derart, dass er es vorzog, sich mit ihr zurückzuziehen.
    Die Hurenkönigin, die ihnen lächelnd hinterherblickte, wandte sich an den Bürgermeister.
    »Seht Ihr, Herr Bürgermeister, wie schnell er sich getröstet hat«, sagte sie triumphierend.
    »Zum Glück«, entgegnete Reichmann erleichtert. »Es hätte aber auch anders kommen können, und dann hättet Ihr mit Eurer Sturheit unseren hohen Gast verärgert.«
    Als der Freiherr nach einer guten Stunde Arm in Arm mit Irene in die Schankstube zurückkehrte, war er in bester Stimmung –

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