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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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bescherte. Er hätte vor Zorn die Wände hochgehen können. So ein eingebildeter Lackel, was glaubt der denn, wer er ist, fluchte er vor sich hin und bereute es zutiefst, dass er vor dem reichen Augsburger so zu Kreuze gekrochen war. Als er in die Limpurgergasse bog, beschloss er voller Ingrimm, zu Hause noch einen ordentlichen Schoppen zu sich zu nehmen. Da vernahm er plötzlich Schritte hinter sich und drehte sich erstaunt um.
    »Du?«, konnte er gerade noch von sich geben, da bohrte sich schon die Dolchspitze in seine Brust, und der stechende Schmerz nahm ihm den Atem. Langsam sank er zu Boden, und in seinen Augen spiegelte sich neben namenlosem Entsetzen auch eine große Fassungslosigkeit.

    Ursel wusste nicht so recht, wie ihr geschah. Noch nie zuvor hatte sie sich mit einer Frau eingelassen. Natürlich war ihr nicht unbekannt, dass Frauen einander lieben und begehren konnten – suchten doch zuweilen auch Frauen, wenn auch tief verschleiert, das Frauenhaus auf, um bei einer Hübscherin ihre Lust zu stillen. Doch ihr selber waren derartige Gefühle fremd. Bislang zumindest.
    Alma küsste und streichelte sie am ganzen Körper, und Ursel ergab sich ihrer atemberaubenden Zärtlichkeit, die gepaart war mit der ungezähmten Wildheit einer Löwin. Mit Alma erlebte sie eine ungeahnte tiefe Lust, die sie derart erschütterte, dass sie weinen musste.
    Überglücklich drückte Alma sie an ihr Herz und hauchte atemlos: »Ich liebe dich!«
    Doch als Antwort murmelte Ursel nur: »Es war unglaublich schön mit dir …« Zu Liebesschwüren war sie nicht in der Lage.
    Alma lächelte versonnen. »Das war ein Geschenk der Großen Mutter. Ich glaube, jetzt ist es an der Zeit, dass ich dich in die Geheimnisse der Venusschwestern einführe«, erklärte sie.
    »Hast du das nicht gerade getan?«, erwiderte die Hurenkönigin mit laszivem Augenaufschlag.
    Alma lachte auf und gab Ursel einen Kuss. »Schon«, sagte sie verschmitzt. »Aber das war gewissermaßen nur das Vorspiel …«
    Die Hurenkönigin seufzte auf. »Wenn das nur das Vorspiel war, dann möchte ich wissen, wie der Hauptakt aussieht.«
    »Es wird dir gefallen«, raunte Alma ihr zu. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich eine Weile, ehe sie über der Hurenkönigin die Segensworte der Großen Göttin sprach: »Ich bin die Liebe im Herzen eines jeden Menschen, und ich schenke das Wissen des ewigen Geistes. Jenseits des Todes gebe ich Frieden und Freiheit und vereine euch wieder mit denen, die vor euch gegangen sind. Denn seht, ich bin die Mutter aller Dinge, und meine Liebe ergießt sich über die Erde. Ich bin bei euch gewesen von Anbeginn, und ich bin es, zu der ihr am Ende eurer Wünsche gelangt.«
    Ursel war bewegt. »So etwas Schönes habe ich noch nie gehört«, murmelte sie. »An die Göttin der Liebe zu glauben, muss wunderbar sein.«
    Alma lächelte. »Die Venusschwestern glauben nicht an die Göttin. Sie verbinden sich mit ihr – durch die Sterne, den Mond, die Erde und das Meer, durch die Bäume, die Pflanzen und die Tiere, durch die Menschen und durch uns selbst. Sie ist in uns allen. Sie ist überall.«
    Über Ursels Gesicht glitt ebenfalls ein Lächeln. »Ich spüre sie«, flüsterte sie und presste sich die Hand aufs Herz. »Tief in mir drinnen.«
    »Das ist das große Mysterium der Göttin.« Almas Stimme bebte. »Wenn ihr mich nicht in euch selber findet, werdet ihr mich nirgends finden – so lauten ihre Worte.« Sie zog Ursel an sich. »Mir wurde die große Ehre zuteil, die Vorsteherin der Venusschwestern zu sein. Unser Orden trifft sich jedes Jahr zur Sommersonnenwende in einem der Göttin geheiligten Hain nahe der Stadt Ulm, wo über viele Jahrhunderte hinweg die Kriegerinnen der Amazonen regierten. Die Ordensgründung reicht zurück bis in dieses Goldene Zeitalter«, berichtete sie stolz. »Bei unserem nächsten Ordenstreffen würde ich dich den Venusschwestern gerne als neues Ordensmitglied vorstellen. Wir haben Mitglieder aus dem gesamten Abendland, aber nur besonders mutigen und kämpferischen Frauen wird die Mitgliedschaft gewährt. Deshalb war es auch mein Herzenswunsch, dich für unseren Orden zu gewinnen, als ich davon hörte, wie unerschrocken du die Hurenmörder zur Strecke gebracht hast.«
    »Es wäre mir eine große Freude und Ehre, dem Orden der Venusschwestern anzugehören«, erklärte die Hurenkönigin gerührt.
    »Die Mutter alles Irdischen hat viele Namen«, sagte Alma ernst. »Und ebenso viele Gesichter. Sie ist die nährende

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