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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Mein Haar und der Bart waren gewachsen, bis sie teilweise die Fetzen bedeckten, in die ich gekleidet war. Ich kam meistens nachts heraus, schlich wie ein verstohlener Schatten durch die Ruinen und sah manchmal zu einem erleuchteten Fenster des Palastes empor wie David Hume, der in sein eigenes Fenster blickte und ernsthaft erwog, ob er nicht zu Hause sei. Ich brachte den Nahrungsmittelsynthetisator nie von der Speisekuppel in mein Gemach, sondern zog es statt dessen vor, in der hallenden Stille unter der gesplitterten duomo zu essen wie ein lethargischer Eloi, der sich selbst für den unausweichlichen Morlock mästete.
    Das Shrike bekam ich nie zu Gesicht. In vielen Nächten erwachte ich kurz vor Anbruch der Dämmerung aus dem Schlaf, weil ich ein Geräusch hörte – das Kratzen von Metall auf Stein, Knirschen von Sand unter einem Fuß –, aber wenngleich ich häufig sicher war, daß ich beobachtet wurde, sah ich den Beobachter nie.
    Manchmal unternahm ich den kurzen Ausflug zu den Zeitgräbern, meistens nachts, und mied den sanften, beunruhigenden Sog der antientropischen Zeitgezeiten, während ich unter den Flügeln der Sphinx durch komplexe Schatten schritt oder durch den smaragdfarbenen Wall des Jadegrabs die Sterne betrachtete. Als ich von einem dieser nächtlichen Ausflüge nach Hause kam, fand ich einen Eindringling in meinem Arbeitszimmer.
    »Eindrucksvoll, M-M-Martin«, sagte König Billy und klopfte auf einen von mehreren Manuskriptstapeln, die im Zimmer verteilt waren. Der gescheiterte Monarch, der in einem übergroßen Ohrensessel an dem langen Tisch saß, sah älter und geschmolzener denn je aus. Es war offensichtlich, daß er mehrere Stunden lang gelesen hatte. »Glauben S-s-sie w-w-wirklich, daß die Me-Me-Menschheit so ein E-E-Ende verdient hat?« fragte er leise. Es war zwölf Jahre her, seit ich das Stottern zum letzten Mal gehört hatte.
    Ich ging von der Tür weg, antwortete aber nicht. Billy war mir über zwanzig Standardjahre lang ein Freund und Gönner gewesen, aber in diesem Augenblick hätte ich ihn umbringen können. Der Gedanke, daß jemand meine Hyperionischen Gesänge ohne meine Zustimmung gelesen hatte, machte mich wütend.
    »Da-Da-Datieren Sie Ihre Ge-Ge-Gesänge?« sagte König Billy und blätterte den neuesten Manuskriptstapel durch.
    »Wie sind Sie hierher gekommen?« fauchte ich. Es war keine müßige Frage. In den zurückliegenden Jahren hatten Gleiter, Landungsboote und Helikopter nicht viel Glück gehabt, wenn sie zum Gebiet der Zeitgräber geflogen waren. Die Maschinen trafen ohne Passagiere ein. Das hatte Wunder gewirkt, den Shrikemythos anzukurbeln.
    Der kleine Mann im zerknitterten Cape zuckte die Achseln. Seine Uniform sollte eindrucksvoll und königlich aussehen, aber er wirkte darin nur wie ein übergewichtiger Harlekin. »Ich bin der letzten Pilgergruppe gefolgt«, sagte er. »Und dann ka-ka-kam ich von der Chronos Keep herunter, um Sie zu besuchen. Ich habe gesehen, daß Sie seit vielen Monaten nichts mehr geschrieben haben, M-M-Martin. Können Sie mir das erklären?«
    Ich verharrte in erbostem Schweigen, kam aber weiter auf ihn zu.
    »Vielleicht kann ich es erklären«, sagte König Billy. Er betrachtete die letzte vollendete Seite der Hyperionischen Gesänge, als könnte er dort die Antwort auf ein Rätsel finden, das ihn schon lange beschäftigte. »Die letzten Verse wurden letztes Jahr in der Woche geschrieben, als J. T. Telio verschwunden ist.«
    »Und?« Ich war inzwischen zum gegenüberliegenden Ende des Tischs gekommen. Ich heuchelte beiläufiges Verhalten, als ich einen kleinen Manuskriptstapel zu mir und damit aus Billys Reichweite zog.
    »Das w-w-w-w-war ... laut Unterlagen der SST ... der To-To-Todestag des letzten Di-Di-Dichters in der Stadt«, sagte er. »Außer Ihnen, Martin.«
    Ich zuckte die Achseln und kam um den Tisch. Ich mußte zu Billy, ohne daß mir das Manuskript in die Quere kam.
    »Wissen Sie, Sie ha-ha-haben das Manuskript noch nicht beendet«, sagte er mit seiner tiefen, traurigen Stimme. »Es be-be-besteht immer noch eine Chance, da-da-daß die Menschheit den Sturz überlebt.«
    »Nein«, sagte ich und schlich näher.
    »Aber Sie können es nicht schreiben, richtig, Martin? Sie können dieses Ge-Ge-Gedicht nicht v-v-v-verfassen, wenn Ihre Muse k-k-kein Blut vergießt, oder?«
    »Dummes Zeug«, sagte ich.
    »Vielleicht. Aber ein faszinierender Zufall. Haben Sie sich je gefragt, warum Sie verschont worden sind, Martin?«
    Ich zuckte wieder

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