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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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von Seen aus schwarzem Eis und ganzen Armeen schwarz pulsierender Phagen geschützt wurden.
    »Scheiße«, flüsterte ich ganz allgemein.
    BB folgte dem gelben Band hinab, hinein, durch. Ich spürte eine Verbindung, als hätte uns jemand plötzlich eine große Masse zum Transportieren gegeben.
    »Hab ihn!« schrie BB, und plötzlich hörte ich ein Geräusch, das lauter und gewaltiger war als der Mahlstrom des Lärms, der uns einhüllte und verschlang. Es handelte sich weder um ein Horn noch um eine Sirene, aber der Ton von Warnung und Aggression hatte von beidem etwas.
    Wir stiegen aus all dem heraus. Ich konnte eine vage graue Wand durch das gleißende Chaos erkennen und wußte irgendwie, das war die Peripherie, und das Vakuum schrumpfte, bildete aber immer noch einen Bruch in der Wand wie ein schwarzer Fleck, der sich zusammenzog. Wir kletterten hinaus.
    Aber nicht schnell genug.
    Die Phagen griffen uns von fünf Seiten an. In den zwölf Jahren, seit ich Privatdetektivin bin, wurde ich einmal angeschossen und bekam zwei Messerstiche ab. Mehr als diese eine Rippe waren gebrochen. Aber dies tat mehr weh als das alles zusammen. BB kämpfte und stieg gleichzeitig höher.
    Mein Beitrag zu dem Notstand war, daß ich schrie. Ich spürte kalte Klauen auf uns, die uns nach unten zogen, zurück in Helligkeit und Lärm des Chaos. BB benützte ein Programm, eine Zauberformel, um sie abzuwehren. Aber es reichte nicht. Ich spürte, wie die Schläge landeten – nicht hauptsächlich auf mir, sondern auf dem Matrixanalogon, das BB war.
    Wir sanken zurück. Unentrinnbare Kräfte hatten uns im Schlepptau. Plötzlich spürte ich Johnnys Gegenwart, und es war, als hätte uns eine riesige, starke Hand emporgewirbelt und durch die Wand der Peripherie gestoßen – einen Sekundenbruchteil bevor der Fleck unsere Lebenslinie zur Existenz abschnitt und das Verteidigungsfeld zuschnappte wie Zähne aus Stahl.
    Wir rasten mit unvorstellbarer Geschwindigkeit über verstopfte Datenwege und passierten Kuriere der Dateiebene und andere Operatoranaloge wie ein EMV, das Ochsenkarren überholt. Dann näherten wir uns einem Tor zur Langsamen Zeit und hüpften in einer Art vierdimensionalem Springwettbewerb über aufgeregte Operationsanaloge hinweg.
    Ich spürte die unvermeidliche Übelkeit des Übergangs, als wir aus der Matrix kamen. Licht brannte auf meinen Netzhäuten. Richtiges Licht. Dann kamen die Schmerzen, und ich hing stöhnend über der Konsole.
    »Komm, Brawne!« Es war Johnny – oder jemand wie Johnny –, der mir auf die Füße half und mich zur Tür führte.
    »BB«, stöhnte ich.
    »Nein.«
    Ich machte die schmerzenden Augen gerade so lange auf, daß ich BB Surbringer über seiner Konsole liegen sah. Sein Stetson war heruntergefallen und auf den Boden gerollt. BBs Kopf war explodiert. Hirnmasse und Blut waren über die Konsole verspritzt. Sein Mund stand offen, zäher weißer Schaum quoll immer noch daraus hervor. Es sah aus, als wären seine Augen geschmolzen.
    Johnny nahm mich, hob mich halb hoch. »Wir müssen gehen«, flüsterte er. »Jemand wird jeden Augenblick hier sein.«
    Ich schloß die Augen und ließ mich von ihm wegbringen.
     
    Ich erwachte in düster rotem Licht durch das Tropfen von Wasser. Ich roch Abwasser, Mehltau und den Ozongestank nicht isolierter Faseroptikkabel. Ich machte ein Auge auf.
    Wir befanden uns in einem niederen Raum, der mehr einer Höhle als einer Behausung glich; Kabel wanden sich von der rissigen Decke, Pfützen bedeckten den verdreckten Kachelboden. Das rote Licht kam von irgendwo hinter der Höhle – möglicherweise aus einem Wartungsschacht oder einem Automechtunnel. Ich stöhnte leise. Johnny war da, er kam von dem behelfsmäßigen Bett aus Decken an meiner Seite. Sein Gesicht war dunkel von Schmutz und Öl, und er hatte mindestens eine frische Schnittwunde.
    »Wo sind wir?«
    Er berührte meine Wange. Sein anderer Arm faßte um meine Schultern und richtete mich in einer sitzenden Haltung auf. Der gräßliche Ausblick kippte und wirbelte durcheinander, und einen Augenblick lang dachte ich, ich müßte mich übergeben. Johnny half mir, Wasser aus einem Plastikbecher zu trinken.
    »Dregs Stock«, sagte Johnny.
    Ich hatte es erraten, noch ehe es mir richtig zu Bewußtsein gekommen war. Dregs Stock ist die tiefste Grube auf Lusus, ein Niemandsland von Mechtunnels und illegalen Unterkünften, die von der Hälfte aller Gesetzlosen und Verstoßenen des Netzes bewohnt werden. In Dregs Stock hatte man

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