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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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»Sieben. Hast du Platz für uns?«
    Leweski drehte sich mit ausgebreiteten Armen und nach oben gekehrten Handflächen im Halbkreis um. »So ist es überall. Kein Platz mehr. Kein Essen. Kein Wein.« Er blinzelte Martin Silenus zu. »Kein Bier. Wir sind zu einem großen Hotel ohne Betten geworden. Die Drecksäcke von der SST wohnen hier, ohne zu bezahlen, saufen ihr eigenes Gesöff vom Land und warten auf das Ende der Welt. Das, glaube ich, ziemlich bald kommen wird.«
    Die Gruppe stand im ehemaligen Entresol. Ihr aufgestapeltes Gepäck bildete eine fröhliche Eintracht mit dem Wirrwarr anderer Ausrüstung, die schon dort verteilt lag. Kleine Gruppen von Männern bahnten sich einen Weg durch das Gewimmel und warfen den Neuankömmlingen abschätzende Blicke zu – besonders Brawne Lamia. Sie erwiderte ihr Gaffen ungerührt mit kalten Blicken.
    Stan Leweski betrachtete den Konsul einen Augenblick lang. »Ich habe einen Balkontisch. Fünf von diesen Todeskommandos der SST sitzen seit einer Woche dort und erzählen allen und jedem, wie sie die Legionen der Ousters mit bloßen Händen auslöschen werden. Wenn ihr den Tisch haben wollt, werfe ich die Blutsauger raus.«
    »Ja«, sagte der Konsul.
    Leweski hatte sich bereits abgewandt, als Lamia ihn mit einer Hand auf seinem Arm aufhielt. »Können Sie Hilfe gebrauchen?« fragte sie.
    Stan Leweski grinste und zuckte die Achseln. »Ich brauche sie nicht, aber sie könnte mir nützen. Kommen Sie!«
    Sie verschwanden in der Menge.
     
    Der Balkon auf dem dritten Stock bot gerade ausreichend Platz für einen gesplitterten Tisch und sechs Stühle. Trotz des irrsinnigen Gedränges auf den Hauptetagen hatte ihnen niemand den Platz streitig gemacht, nachdem Leweski und Lamia die protestierenden Todeskommandos über das Geländer in den neun Meter tiefer gelegenen Fluß geworfen hatten. Irgendwie war es Leweski gelungen, eine Kanne Bier und einen Korb Brot mit kaltem Rindfleisch hochzuschicken.
    Die Gruppe aß schweigend und litt eindeutig an mehr als dem üblichen Hunger nach der Fuge, Müdigkeit und Depressionen. Die Dunkelheit auf dem Balkon wurde nur von trübem, reflektiertem Licht unten im Cicero's und den Laternen auf vorüberziehenden Flußbarken erhellt. Die meisten Häuser entlang des Hoolie waren dunkel, aber andere Lichter der Stadt wurden von den tiefhängenden Wolken gespiegelt. Der Konsul konnte die Ruinen des Shrike-Tempels einen halben Kilometer flußaufwärts sehen.
    »Nun«, sagte Pater Hoyt, der sich anscheinend von seiner starken Dosis Ultramorph erholt hatte und die komplizierte Gratwanderung zwischen Schmerz und Betäubung bewerkstelligte, »was machen wir jetzt?«
    Als niemand antwortete, machte der Konsul die Augen zu. Er weigerte sich, die Rolle des Anführers zu übernehmen. Hier, auf dem Balkon im Cicero's, war es nur allzu leicht, in den Rhythmus eines früheren Lebens zu verfallen; er würde trinken bis in die frühen Morgenstunden, die Meteorschauer vor der Dämmerung bewundern, wenn sich die Wolken verzogen, dann nach Hause in sein leeres Apartment in der Nähe des Markts stolpern, vier Stunden später geduscht, rasiert und scheinbar menschlich ins Konsulat gehen, abgesehen von den blutunterlaufenen Augen und den wahnsinnigen Kopfschmerzen. Er würde sich darauf verlassen, daß Theo – der stille, kompetente Theo – ihn durch den Vormittag bringen würde. Darauf verlassen, daß das Glück ihn durch den Tag bringen würde. Darauf verlassen, daß das Trinken im Cicero's ihn durch die Nacht bringen würde. Darauf verlassen, daß sein unbedeutender Posten ihn durchs Leben bringen würde.
    »Sind Sie jetzt alle bereit, zu der Pilgerfahrt aufzubrechen?«
    Der Konsul riß die Augen auf. Eine Gestalt mit Kapuze stand unter der Tür, und der Konsul dachte einen Augenblick, es wäre Het Masteen, aber dann fiel ihm auf, daß dieser Mann viel kleiner war und seine Sprechweise nicht die verschluckten Konsonanten der Tempelritter aufwies.
    »Wenn Sie bereit sind, müssen wir gehen«, sagte die dunkle Gestalt.
    »Wer sind Sie?« fragte Brawne Lamia.
    »Kommen Sie rasch«, lautete die Antwort des Schattens.
    Fedmahn Kassad stand auf, blieb geduckt, damit er nicht mit dem Kopf an die Decke stieß, packte die Gestalt und schnippte mit der linken Hand die Kapuze des Mannes zurück.
    »Ein Android!« sagte Lenar Hoyt und betrachtete die blaue Haut und die blau-in-blauen Augen des Mannes.
    Der Konsul war nicht so überrascht. Es war seit mehr als einem Jahrhundert in der

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