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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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durch die Megadatensphäre von einhundertsechzig Netzwelten; um seine Neugier zu befriedigen, musste man lediglich eine Universalkarte über einen Terminexdiskey ziehen und durch den Farcaster treten. Sie hatten versucht, unangemeldet zu kommen und anonym zu reisen, aber sie waren keine Spione, daher waren ihre Bemühungen erbärmlich. Binnen vierundzwanzig Standardstunden nach ihrem Wiedereintritt ins Netz wurden sie belagert. Forschungsinstitute und große Med-Center boten problemlose Abschirmungen für eine Reise, aber die Freunde und Familienangehörigen mussten leiden. Rachel brachte SCHLAGZEILEN.
    »Vielleicht könnten wir Tetha und Richard wieder einladen …«, schlug Sarai vor.
    »Ich habe eine bessere Idee«, sagte Sol. »Geh selbst, Mutter. Du möchtest deine Schwester besuchen, aber du möchtest auch die Heimat sehen, hören, riechen … Möchtest einen Sonnenuntergang sehen, wo es keine Leguane gibt … Auf den Feldern spazieren gehen. Geh!«
    »Gehen? Nur ich? Ich würde es nicht ertragen, fern von Rachel zu sein …«
    »Unsinn«, sagte Sol. »Zweimal in zwanzig Jahren – fast vierzig, wenn wir die schönen Zeiten vorher mitrechnen … Wie auch immer, zweimal in zwanzig Jahren heißt nicht, dass du dein Kind vernachlässigst. Ein Wunder, dass sich diese Familie noch ertragen kann – wir sitzen schon viel zu lange zusammen.«
    Sarai sah nachdenklich auf die Tischplatte. »Aber würden die Reporter mich nicht finden?«

    »Ich wette nicht«, sagte Sol. »Sie scheinen sich auf Rachel versteift zu haben. Wenn sie dich jagen, komm heim! Aber ich wette, du hast eine Woche Zeit und kannst alle besuchen, ehe die Reporter dich aufspüren.«
    »Eine Woche«, stöhnte Sarai. »Ich kann nicht …«
    »Selbstverständlich kannst du. Du musst. Ich habe dann ein paar Tage Zeit, die ich mit Rachel verbringen kann, und wenn du erfrischt nach Hause kommst, nehme ich mir ein paar Tage frei und arbeite egoistisch an meinem Buch.«
    »Über Kierkegaard?«
    »Nein. An etwas Neuem mit dem Titel Das Abraham-Problem .«
    »Komischer Titel«, sagte Sarai.
    »Es ist ein komisches Problem«, sagte Sol. »Und jetzt geh packen! Wir fliegen dich morgen nach Neu-Jerusalem, damit du ’casten kannst, ehe der Sabbat anfängt.«
    »Ich denke darüber nach«, sagte sie wenig überzeugt.
    »Du packst «, sagte Sol und nahm sie wieder in die Arme. Als er die Umarmung löste, hatte er sie gedreht, sodass sie nicht mehr zum Fenster, sondern zur Diele und der Schlafzimmertür stand. »Geh! Und wenn du von zu Hause wiederkommst, habe ich mir etwas überlegt, das wir tun können.«
    »Versprochen?«
    Sol sah sie an. »Ich schwöre, mir wird etwas einfallen, bevor die Zeit alles vernichtet. Ich schwöre als Rachels Vater, dass ich eine Lösung finden werde.«
    Sarai nickte entspannter, als er sie seit vielen Monaten gesehen hatte. »Ich gehe packen«, sagte sie.
     
    Als er und das Kind am nächsten Tag von Neu-Jerusalem zur ückkehrten, sprengte Sol den kargen Rasen, während das Kind drinnen spielte. Als er hineinkam, verlieh das rosa Leuchten des Sonnenuntergangs den Wänden etwas Warmes und
Stilles und Rachel war nicht in ihrem Zimmer oder sonst einem ihrer üblichen Plätze. »Rachel?«
    Als er keine Antwort bekam, sah er wieder im Garten und auf der verlassenen Straße nach.
    »Rachel!« Sol lief ins Haus, um die Nachbarn anzurufen, als er ein ganz leises Geräusch aus dem großen Schrank hörte, in dem Sarai Sachen verstaut hatte. Sol machte leise die Tür auf.
    Rachel saß zwischen den hängenden Kleidern und hatte Sarais Kieferkästchen offen zwischen den Beinen. Auf dem Boden lagen Fotos und Holochips von Rachel als Schülerin an der High School, Rachel am Tag, als sie zum College aufbrach, Rachel vor einem Steinbruch auf Hyperion. Rachels Forschungskomlog lag flüsternd im Schoß der Vierjährigen. Sols Herz setzte für einen Schlag aus, als er die selbstbewusste Stimme der jungen Frau hörte.
    »Daddy«, sagte das Kind auf dem Boden, dessen Stimme ein piepsiges, ängstliches Echo der Stimme des Komlogs war, »du hast mir nie gesagt, dass ich eine Schwester gehabt habe.«
    »Du hast auch keine gehabt, Kleines.«
    Rachel runzelte die Stirn. »Ist das Mommy, als sie … nicht so groß war? Hm, das kann nicht sein. Ihr Name ist auch Rachel, sagt sie. Wie kann …«
    »Schon gut«, sagte er, »ich werde es dir erklären …« Sol stellte fest, dass das Telefon im Wohnzimmer klingelte, schon die ganze Zeit. »Augenblick,

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